Zum Medienartikel '80 Jahre Fernsehen' 21. August 1931Bild: Der Einsatz der braunschen Röhre als das Schlüsselereignis für das elektronische Fernsehen des Erfinders Manfred von Ardenne Lesen Sie von ZWEI Ereignissen:
Der österreichische Journalist, Herr Michael Leitner der Reaktion Futurezone nahm sich Manfred von Ardennes elektronischen Bildwiedergeber mit Flying Spot Scanner (Bildabtaster) zum Anlaß und holte zum Rundumschlag über das Thema Fernsehen aus. 80 Jahre Fernsehen von 21.8.2011 bei Futurezone.at Im Vorfeld wurde ich in meiner Funktion als Fernsehhistoriker ersucht zu fachspezifischen Fragen des Autors Michael Leitner Stellung zu nehmen dem ich gerne nachkam. Meine Zusammenfassung hiezu finden Sie nachstehend. Dafür, das 80 Jahre technische Entwicklung, diese zudem weltweit betrachtet, komprimiert auf wenige Zeilen das Ziel gewesen sein dürfte, gelang der Artikel recht gut. Als Fachpublikum wissen wir natürlich, dass bis in die 1980er Jahre die Kultur und die technischen Voraussetzungen in jedem Land wesentlich spezifischer waren als wir dies heute ausmachen könnten und deshalb eine stärkere Differenzierung der Betrachtung nötig ist. Über Manfred von Ardenne als Künstler der mehr als erfolgreichen Selbstvermarktung habe ich mich bereits anderweitig ausgelassen. Der Flying Spot Scanner als brauchbare Quelle für elektronische Bilderzeugung war und ist "lediglich" im Zusammenspiel mit Filmvorlagen tauglich. Die Livebildabtastung haben uns erst Herr Vladimir Zworykin RCA bzw. Philo Farnsworth beide aus den USA stammend (bzw. emigriert) gebracht. (Weitere Namen erheben selbigen Anspruch) Das „Interview“ zum Nachlesen:1.) Herr Scheida, was war der, Ihrer Meinung nach, entscheidende Moment, an dem klar wurde, dass sich das Fernsehen als Massenmedium durchsetzen würde?In den USA wie auch Europa, letzteres kriegsbedingt um gut fünf Jahre verzögert waren es eine Summe an Ereignissen (Events) die das Fernsehen hin zum Massenmedium führten. Pauschal kann man sagen, dass sich wohl keiner der Macht der bewegten Bilder entziehen konnte, ab dem Zeitpunkt wo für den Einzelnen zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen ein Zugang zum Medium möglich wurde. Für Europa darf man zweifellos die Krönungsfeierlichkeiten von Queen Elisabeth II am 2. Juni 1953 als Schlüsselereignis sehen. Dies deshalb, da durch damals immensen technischen Aufwand zumindest die Länder Westeuropas die schon Fernsehen hatten, dazu zählten das Vorreiterland England, Frankreich, Deutschland, Italien und Belgien aber auch zeitverzögert die USA & Kanada, erstmals vereint vor dem Bildschirm saß. Es folgten Sportereignisse wie etwa die Fußballweltmeisterschaft 1954 die dem Medium eine große Akzeptanz im Sinne eines „Dabei seins“ verschafften. Österreich folgte bekanntlich erst im August 1955 mit seinem öffentlichen Fernsehdienst, war aber ebenso gleich an die Eurovision für den Programmaustausch angeschlossen. 2.) Das Fernsehen erfreut sich auch 80 Jahre später immer noch starker Beliebtheit und rangiert in der Mediennutzung hinter dem Radio auf Platz zwei. Wieso ist das Ihrer Meinung nach so? Und könnte das Internet, das in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum hingelegt hat, das Fernsehen gefährden?Sagen wir rund 60 Jahre, da die Voraussetzungen der 1930er Jahre noch kein Breitenmedium aufbieten konnten und dann der Krieg das Zivilfernsehen diesseits wie auch jenseits des Atlantiks unterbrach. Hier muss man zwei Dinge voneinander unterscheiden: Das eine ist der Inhalt.Fernsehen ist nach wie vor das Medium, das uns ein Fenster in die Welt bietet. Dieses zudem von den Fernsehanstalten in verschiedenster Weise moderiert. Und hier unterscheidet es sich vom Internet, das ob seiner Fülle an Information, vom Nutzer permanent eine (anstrengende) Aktivität abverlangt sich den Content den er jetzt und in nächster Zeit betrachten möchte auch zuvor auswählen zu müssen. Ob dem Fernsehen dabei die reine Aufgabe der Programmgestaltung geliefert an sein Publikum bleiben wird? Wer weiß? Das andere ist die Technik:Hier hat sich gezeigt, das es dem Zuseher letztlich gleichgültig ist ob er sein Signal als IP erhält oder ob es Analog oder nach DVB-T etc. übertragen wird. Die ständig steigende Verfügbarkeit von Bandbreite pro User und mobile Anwendungen lassen jedoch das Internet, allgemeiner gesagt generell IP Streams zum Übertragungsstandard werden. 3.) Wie wird sich der Fernseher Ihrer Ansicht nach weiterentwickeln?Könnte eine Kombination aus Fernsehen und Internet (Smart TV) die Lösung darstellen? Die Zeit lässt sich natürlich nicht zurückdrehen, und so zeigen uns die aktuellen Modelle an Flatscreens langsam aber sicher die Verschmelzung beider Medien. Mit dem Vorteil, sich auch bei passiver Unterhaltung durch althergebrachte Sender auf Wunsch Zusatzinfos zum Thema oder als Werbepausenfüller herunterzuladen. Den Teletext/Videotext könnte man als einen bescheidenen Vorläufer hiezu sehen. Aber auch selbst, sei es durch Video on Demand oder vom eigenen Heimserver bedienen zu lassen. 4.) Als Fernsehhistoriker: Haben Sie ein Lieblingsmodell (Fernsehgerät)?Die Frage ist nicht zu leicht zu beantworten, da jede Entwicklungsepoche seine besonderen Reize hat. Hinzu kommen länder- und kulturbedingte Unterschiede bei den Bauformen außen wie innen die es zu studieren gilt. Sprechen wir vom Design, so sind in erster Linie italienische und französische Geräte zu nennen. Auch der frühe „Japan Barock“, insbesondere der dort verkauften Inlandsgeräte hat seinen ganz eigenen Reiz, den wir etwas abgeschwächt auch bei uns kaufen konnten. Bei der Technik selbst sind es jeweils die einzelnen Entwicklungsstufen, dazu gehören etwa
Von mir erwähnte ausgewählte Gerätebeispiele finden Sie u.a. auf meinen Seiten wie:Japan: National-Panasonic Orbiter TR005 Frankreich: Der Sonora TV3 oder der Teleavia Panoramic 111
Italien: Deutschland: Herausragend sind da wahrscheinlich der Kuba Komet by HiFi-Archiv.info später noch der eine oder andere Nordmende Spectra-Color Farbfernseher ©8/2011 by W. Scheida / Medienhistoriker, mit einer Parallelveröffentlichung auf Radiomuseum.org TEIL 280 Jahre Fernsehen 1935 bis 2015 in Deutschland -erfahren Sie was es mit den unterschiedlichen Daten auf sich hat. 80 Jahre Fernsehen in Deutschland; Ein Blick hinter dieses Ereignis:(Achtung: Hier ist NICHT die Rede von den unzähligen Jahrestagen zu allerlei Fernsehversuchen und Experimenten die es gegeben hat) Mit dem 22. März 1935 jährt sich zum 80. Mal der offizielle Tag der Einführung des Fernsehens in Deutschland. Ein Ereignis, dass der Fernsehhistoriker aber aufgrund der begleitenden Umstände und der allzu leicht geäußerten Verallgemeinerung zum Thema so nicht alleine stehen lassen kann.
Bild: Am Abend des 22. März 1935 bei der Eröffnungsveranstaltung zur Einführung des Öffentlichen Deutschen Fernsehfunks im Berliner Rundfunkhaus in der Masurenallee.
Wir möchten daher das Umfeld etwas präzisieren um zu verstehen was tatsächlich geschehen war: Das Umfeld:Viele führende Europäische Nationen jener Zeit arbeiteten auch am Fernsehen, jedoch in jeweils unterschiedlichen Stadien der Entwicklung. Mit der Zeit jedoch präzisierten sich diese Versuche, insbesondere in England und Deutschland, als Anfang der 1930 Jahre langsam aber stetig die Voraussetzungen für ein vollelektronisches Fernsehsystem, (Im Gegensatz zum bisherigen mechanischen Fernsehen) nicht zuletzt durch die Entwicklung einer brauchbaren Bildaufnahmeröhre (Emiscope/EMI/England, Ikonoskop/RCA/USA, Sondenröhre/Farnsworth/USA) in der Fernsehkamera nach und nach geschaffen wurden. Dazu wurden in England Versuche mit dem (progressiven) 240 Zeilen System des Erfinders John Logie Baird im Vergleich zum EMI 405 Zeilen System durchgeführt, mit dem Resultat, das sich die BBC für das zukunftsweisendere weil weiterentwickelbare (u.a. hinsichtlich einer höheren Bildauflösung) elektronische 405 Zeilen (mit Zeilensprungverfahren arbeitendes) System entschieden hatte. „Im Genick“ saß die Ankündigung des britischen General-Postmeisters, wonach im Herbst 1935 regelmäßige Fernsehsendungen bei der BBC beginnen würden. Ebenso würde in Tokyo ein japanischer Fernsehsender in kürze seinen Betrieb aufnehmen. Einen US Fernsehbetrieb hingegen fürchtete man nicht, da dieser Werbefinanziert noch keine Grundlage für eine Masseneinführung haben würde, so Oberingenieur Dr. Hoffmann {4}. Der „Ehrgeiz“ des Systems ließ es jedoch nicht zu, das England als erste Nation einen öffentlichen Fernsehpublikumsbetrieb einführen würde weshalb kurzerhand von Reichssendeleiter Direktor Eugen Hadamovsky der Termin für eine (spätere ohnehin obligatorische) Einführung des Fernsehens mit dem 22. März 1935 vorgezogen wurde und den Briten damit die Show gestohlen wurde um die wirtschaftlich-technische Überlegenheit des eigenen Systems zu demonstrieren. „Der 22. März dieses Jahres wird ein für die Entwicklung des deutschen Rundfunks und für das gesamte Fernsehen bedeutungsvoller, geschichtlicher Erinnerungstag bleiben. Am Abend dieses Tages wurde der regelmäßige Programmbetrieb des deutschen Rundfunks und damit der erste über Versuchssendungen hinausgehende regelmäßige Fernsehbetrieb der Welt eröffnet“{4} „Wir müssen feststellen, dass wir in Deutschland schon jetzt einen Fernsehdienst eröffnen können, der praktisch vorwegnimmt, was im Herbst in England geplant ist.“ So der stellvertretende Chefingenieur der RRG Dipl. Ing. Hoffmann {3}. Großbritannien eröffnete seinen öffentlichen Fernsehdienst offiziell jedoch „erst“ am 2. November 1936, also ganze 20 Monate später. Die Deutsche Reichspost war über den voreiligen Startschuss zum Fernsehen, wohl im Wissen der System Unausgereiftheit nicht erfreut, und sandte lediglich einen Vertreter, Herrn Oberpostrat Dr. Banneitz der ebenso eine Rede hielt.
Die hierarchische Zuordnung des Fernsehens im Deutschland der 1930er Jahre:
Was wir also heute aus zeitgenössischer offizieller Feder über das damalige Fernsehen lesen können durchlief alles die Zensurabteilungen, wobei so mancher Schreiber ernsthaft kritisches vermutlich schon im vorauseilenden Gehorsam selbst zensurierte. Wir sind zur Vervollständigung des Bildes daher auf Zeitzeugenberichte der Nachkriegszeit angewiesen zu denen Stellvertretend Walter Bruch und Manfred von Ardenne u.a. gehören, deren Aussagen wiederum selbst nicht völlig frei von gezielt geplanter Selbstinszenierung sind {9}.
Das technische Umfeld:
Bild: Fotoaufnahme zur Veranschaulichung der 180 Zeilen Bildqualität an der Braunschen Röhre
Das Programm:
Um was für eine Art Fernsehen handelte es sich damals jedoch in der Praxis?Was gab es tatsächlich am Abend um 8:30 des 22. März 1935 im Berliner Funkhaus in der Masurenallee im Fernsehen zu sehen? Zu sehen waren stark flimmernde (25 Hertz) 180 Zeilen Fernsehbilder die durch die damals verwendete deutsche Reichspost Norm vorgegeben waren. Übertragen wurde die auf Film voraufgezeichnete Ansprache des Chefingenieurs und Direktors der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft Dr. Hubmann der derweilen in München war. Angekündigt wurden deutsche Technik die nun auch auf diesem Gebiete bahnbrechend sei {9} sowie die Ankündigung von Sendungen am Montag, Mittwoch und Sonnabend von 20:30 – 22:00. Der Zeitzeuge und spätere Erfinder des Pal-Farbfernsehsystems schreibt in seiner Erinnerung {8}: „Fernseheröffnung à la Potemkin“:In Ermangelung einer entsprechenden Infrastruktur wurden diese Bilder zudem nur von einem mechanisch arbeitenden Filmabtaster an die sechs von drei Fernsehgeräteherstellern gelieferten im Saal aufgestellten Fernsehgeräte mit postkartengroßen Bildschirmen zur Wiedergabe geleitet auf denen ein Publikum von etwa 30 Personen, der Technik und Industrie, aus Presse und Behördenvertretern teilhaben konnten. Hinzu kamen eine Gruppe von Pressevertretern und Funkhausangestellten die sich um einen Fernsehempfänger im Foyer des Funkhauses gruppierten {4}.
Bild: Der 1935er 180 Zeilen Volksfernseher FE A (ohne kaufkräftiges Volk) von Loewe Zuzüglich zu den Laborempfängern der einschlägigen Industrie, wie u.a. der Fernseh GmbH; Telefunken und Lorenz werden noch fünf Empfänger bei Prominenten und einige bei der Post gestanden haben {4}. Insgesamt rund 20 Fernsehempfänger von denen 8 – 10 bei den Vorführungen im Funkhaus eingesetzt waren. Gemäß der Ansprache von Hadamovsky, der zudem die Bedeutung des Ereignisses für den Nationalsozialistischen Rundfunk würdigte, waren im Umkreis von 100 km des Berliner Witzlebener Funkturmes die Aussendungen von einer (als gering bezeichneten) Anzahl an Volksgenossen im Besitz eines Fernsehempfangsgerätes zu verfolgen. Es folgte eine „Vollzugsmeldung“ an den Propagandaminister und an den Führer verbunden mit der „heiligen Aufgabe“, die dass Fernsehen nun so wie der Hörrundfunk auch in politischer Hinsicht zu erfüllen hätte. Auch wurde auf die enge Beziehung zwischen der Film und Fernsehindustrie und damit verbundener Befürchtungen eingegangen. Ebenso wurde die Wiedergabemöglichkeit von Fernsehübertragungen auf Großformatleinwänden angeführt. Es würden sich ferner die „Menschen in Massen“ um die Lichtspieltheater scharren so wie es gegenwärtig um die aufgestellten Lautsprecher der Fall sein würde. (Der Plan des Dritten Reichs, die Bevölkerung vollständig über öffentliche Lautsprecher, Kabel- oder Funkgespeist zu erreichen scheiterte. Darüber war Hitler auch auf Propagandaminister Dr. Goebbels verärgert. Dieses System konnte erst später im Ostblock breitenwirksam umgesetzt werden.) Es wurde zudem eingeräumt, dass bis das Fernsehen Gemeingut des deutschen Volkes sein würde noch viel Arbeit zu leisten sei und Schwierigkeiten zu überwinden seien. Es folgt eine Forderung an die Industrie „ohne Rücksicht“ auf die (Entwicklungs-)Kosten für den Laien bedienbare Fernsehgeräte zu entwickeln und sich am Beispiel des Volksempfängers und einer Bündelung der Kräfte orientieren. Mit anderen Worten: Zum Zeitpunkt der Eröffnung gab es solche Geräte noch nicht. Es wurden sogar Bastler und Amateure aufgerufen sich in Gemeinschaftsarbeit und mit aktueller Information aus Fachzeitschriften versehen sich an dieser Arbeit zu beteiligen. Wie wir wissen, gab es tatsächlich Wettbewerbe um zumindest den UKW Fernsehtonempfang einer breiteren Schicht zugänglich zu machen. Eine überlieferte Geschichte im Detail kennen wir von einem frühen Fernseh- DXer aus dem Sudetenland, Herrn Matthias Färber aus Tetschen-Bodenbach. In der Funkschau 1 von 1935 wird unter dem Titel "Preisausschreiben für die Schaffung eines Kofferempfängers" auch der Empfang der Ultrakurzwellen (Fernsehton) im Modell RGV gefordert. Keine elektronische Fernsehaufnahmekamera stand bereit. Ganz zu schweigen von einem ÖFFENTLICHEN Publikum, das die Möglichkeit zum Kauf eines privaten Fernsehgerätes und damit einer Teilnahme am Fernsehdienst gehabt hätte. Somit hatte das Deutsche Fernsehen sein für eine etwas breitere Öffentlichkeit wirksames Debüt nach meiner Ansicht erst Monate später zur Olympiade ab 1. August 1936 in Berlin, als die Spiele mit drei elektronischen Kameras, dazu gehörte insbesondere die später als „Olympiakanone“ bekannt gewordene Telefunken Fernsehkamera im Olympiastadion unter der Ehrentribüne, bedient vom späteren Erfinder der PAL Farbfernsehtechnik Ing. Walter Bruch, im Berliner Fernsehkabelnetz & Potsdam an die 27 Fernsehstuben übertragen wurden und so geschätzt einige 10.000 Personen zu „Kurzzeit“ Fernsehteilnehmern wurden. {7} schreibt von vielleicht 50 (!) privaten Fernsehgeräten und 1.000 (jeweils gleichzeitigen) Zusehern in den Stuben um 1936. Der Ausbau der Fernsehstuben und deren Nutzbarkeit für eine beschränkte Öffentlichkeit begannen jedoch bereits relativ kurz nach dem 22. März 1935. Am 9. April 1935 eröffnete die Reichspost eine Fernsehstube im Reichspostmuseum in der Berliner Innenstadt in der erstmals „Jedermann“ Fernsehen konnte {4}. „Am 15. Mai schenkte die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft Groß-Berlin vier öffentliche Fernsehstuben„ {6}. Hinzu kam, dass die Deutsche Reichspost die ersten Telefonie-Fernsehsprechzellen in Betrieb nahm. Ob zu diesem Zeitpunkt die Öffentlichkeit eine präzise Vorstellung davon hatte was Fernsehen eigentlich ist sei einmal dahingestellt. Bereits am 29. Mai 1935 warnte der Leiter der Fachgruppe Rundfunkindustrie, Dr. Paul Goertz, gleichzeitig Chef der Firmen Blaupunkt und Fernseh AG vor den wirtschaftlichen Problemen und machte darauf aufmerksam, dass die 180 Zeilen Norm noch nicht endgültig sein könne! {4} Telefunken folgte mit der Juni Ausgabe seiner Hauszeitschrift und zitierte Hadamovsky, wonach der einzige Volksfernseher den er kenne der Feldfernstecher sei… {4}.
Bild: Große Worte – Fakten wurden geschaffen - Fernsehen als Tatsache - Es gäbe Fernseher ab jetzt auch zu kaufen (Gut im Bild die Szene einer alleine vor dem Fernseher sitzenden Person in realer Vorahnung auf das Nutzerverhalten späterer Jahrzehnte…) ©Funkschau 1935, Die aktuellen Ausgaben findne Sie unter Funkschau.de
Rechtzeitig vor der Großen Deutschen Funk-Ausstellung Berlin vom 16.08 - 25.08.1935 erfolgte noch die Namenstaufe des Berliner Fernsehsenders Witzleben (Messeturm-Funkturm) auf den Fernsehsender Paul Nipkow, zum Anlass des 75. Geburtstages des Erfinders der gleichnamigen Abtastscheibe für das mechanische Fernsehen.
Bild: Senderkennung des Fernsehsenders Paul Nipkow Berlin
Dieser bekam zudem einen Telefunken FE III geschenkt (Bereits am 29. Mai 1935 lt. Urkunde) und war damit der erste private Besitzer fernab der Minister oder Parteibonzen der einen Fernseher besaß. (Ein Arbeitsloser hatte zuvor über ein Los einen Fernseher gewonnen den er sich jedoch im Wert {ca. 650 RM} auszahlen ließ).
Bild: Schenkungsurkunde eines Telefunken FE III an Paul Nipkow
Bild: Paul Nipkow zu Hause mit seinem Telefunken FE III Fernseher, abgebildet als Testimonial wie man heute sagen würde. ©Funkschau 1/1936, die aktuellen Funkschau Ausgaben finden Sie unter Funkschau.de.
Der theoretische ernsthafte Beginn eines modernen Publikumsfernsehens:Die Anfänge einer Senderinfrastruktur, eines regelmäßigen Programmbetriebes, einer ernsthaften hochauflösenden technischen Bildqualität und der realen Möglichkeit Fernsehgeräte wie z.B. den Deutschen Volksfernseher E1 auch tatsächlich zu kaufen hatte die Deutsche Öffentlichkeit erst mit dem Spätsommer 1939 ab der 16. Großen Deutsche Funk- und Fernseh-Ausstellung in Berlin vom 28. Juli - 6. August 1939. Was dann aber wenige Wochen später folgte war bekanntlich nicht mehr Fernsehgeschichte sondern Weltgeschichte…
Bild: Auszug aus dem Fernsehprogramm „Fernsehsender Paul Nipkow“ Berlin vom 29. Jänner bis 4. Februar 1939 aus „Mein Funk, vormals Reichsfunk“ (Am Sonntag war Funkstille!).
Der tatsächliche Beginn eines modernen Publikumsfernsehens:Den tatsächlichen Starttermin für ein hochauflösendes Fernsehen mit Programmbetrieb und (etwas später) kaufbaren Endgeräten und einer Sendeinfrastruktur gab es in Deutschland erst viel später und dann erneut geschichtsbedingt gleich zwei Mal:
Der Start des Fernsehens in Europa „wie wir es kennen“:Den Anspruch, in Europa den erste realen Publikumsbetrieb mit einem 405 Zeilen hochauflösenden Fernsehprogrammdienst eingeführt zu haben darf sich daher die BBC mit ihrem VHF Kanal 1 auf 45 MHz im Großraum London, ausgestrahlt von Sender Alexander Palace mit dem 2. November 1936 rühmen, der mit einer kriegsbedingten Unterbrechung bis dato wenngleich der technischen Evolution unterlegen weitergeführt wurde. Wenn auch die Zahl der Fernsehteilnehmer 1936 nicht zuletzt auch aus wirtschaftlichen Gründen überschaubar gewesen sein wird so waren die Geräte dennoch frei am Markt zu kaufen. Wiewohl die gewählte Fernsehnorm 10 Jahre später, 1946 bereits überholt war, beließ man es dabei aufgrund der bereits vorhandenen Fernsehgeräte bei den Zusehern!
Kurzfazit zum Datum des Ereignisses am 22. März 1935 aus HEUTIGER Sicht:Für Deutschland steht, von den politischen Motivationen der Zeitepoche abgesehen, die Vision und deren tatkräftige Inszenierung eines Fernsehdienstes, wenngleich die Qualität der gewählten bzw. verfügbaren Norm noch nicht als ausgreift gelten musste. Hier wäre ein Abwarten auf eine Entwicklungsstufe mit einer Auflösung von >300 Zeilen und weitgehend flimmerfreier Technik dienlicher gewesen, da man innerhalb eines normalen Gerätelebensdauerzykluses bei einem teuren Investitionsgegenstand nicht beliebig oft die Fernsehnorm und alle daran ausgerichteten Gerätschaften erneuern kann. Geschehen ist dies erst im August 1938 mit der Einführung der 441 Zeilen Norm. Somit ist bezogen auf eine verfrühte falsche Wahl der Norm kein wirtschaftlich relevanter „Schaden“ am privaten Volkseigentum entstanden. Vergleiche mit etwa mit Frankreich die im laufenden Betrieb den Standard gewechselt haben. Auch ist hinter den Kulissen mit dem Ausbau eines landesweiten Fernsehkabelnetzes – Fernkabel – Breitbandkabelein enormer technischer und wirtschaftlicher Aufwand getrieben worden. Der „Führer“ selbst soll sich nie zum Fernsehen geäußert haben. *Anlaß zu dieser Aussage soll die Übertragung seines ins komische verfremdeten Gesichts gewesen sein, bedingt durch die Anwendung der Liniensteuerungsmethode - Helligkeitssteuerung über Änderung der Rastergeschwindigkeit im Rahmen einer Vorführung von Manfred von Ardenne bei der Funkausstellung. Diese später beim zivilen Fernsehen tatsächlich nicht zur Anwendung gekommene Detailtechnik war scheinbar wirklich noch nicht reif.
Quellen (Auszugsweise):
zu https://www.scheida.at/scheida/televisionen.htm gehörend Update: Updated: 22.12.23 |