Anmerkung: Dies ist ein Doppel-Beitrag
Einmal zum PHILIPS Gegensprechzusatz AF A7.800
sowie zum
in dem dieser Zusatz hier stellvertretend einst eingebaut wurde.
Bild: "Das schönste und beste Gerät" lobte die zeitgenössische Presse den neuen PHILIPS Super-Adagio BA531A [1] 1952.
"Anders als alle Anderen" bauähnlichen Geräte dieser Saisonen aus den Anfängen der 1950er Jahre, besitzt dieser einen weiteren Umschalter für die Kurzwellenlupe in der Mitte!
Sehr lange ist es schon her, als mich noch als Kind meine Tante zu einer Art „Tag der offenen Türe“ in die Wiener Technikerschmiede, der HTL Schellinggasse in Wien 1 mitnahm, und in einem der Labors von einem Professor für die Gäste die Grundlagen der Schallübertragung anschaulich referiert wurden.
So lag da am Tisch ein Einbaulautsprecher, wie ich ihn schon von meinen bisherigen Basteleien kannte, und der an einem mir damals noch unbekannten Gerät, einem Oszilloskop, anschlossen war.
Und dort die menschliche Schallinformation folglich als elektrische Größe am Anzeigeschirm gar lustig zitterte.
Bild: Heute ein "alter Hut" von mir nachgestellte Szene mit einem HENRY Lautsprecher mit meinem KENWOOD CS-1021 Oszilloskop. Für mich damals als Kind ein begeisternder Anblick von der Sprache am Oszilloskop Bildschirm. Noch erschien es mir aber als unerreichbar je diese Technik verstehen zu können. Die dabei nur geringen erreichbaren "Mikrofon"-Pegel und der hohe erforderliche Verstärkungsfaktor sprechen dabei ohnehin für sich.
Zu Hause angekommen folgte die Enttäuschung, wonach ich einen einfachen 5 Ohm Lautsprecher offensichtlich nicht so ohne weiteres als Mikrofon verwenden könne.
Der technische Hintergrund dazu, in Sachen Impedanz Anpassung ist dem fachlich geschulten Leser natürlich geläufig.
Die PHILIPS Ingenieure der 1950er Jahre jedoch hatten einen brauchbaren, zudem kostengünstigen praktischen Einsatz für diese Grundanordnung in Form eines Lautsprechers als Mikrofon, als eine „nette Ergänzung“ in Form des >Gegensprechzusatz AF A7.800< so die Bezeichnung der Österreich Ausführung gefunden:
Auf dem ersten Blick ein typischer PHILIPS Radio noch ohne UKW aus dem Anfang der 1950er Jahre, würden wir denken.
Als „Das schönste und technisch beste Gerät“ wurde der öS 1.735,- Schilling teure Sieben-Kreis Super einst propagiert [1].
per mittig angebrachtem Umschalter eine Kurzwellenlupe
So heißt es in [1]: Die Kurzwellenlupe besteht aus einem geschlitzten Messingring, der mittels einer Kurvenscheibe aus Preßstoff mehr oder weniger über die Kurzwellenoszillatorspule geschoben werden kann. Dadurch wird eine Frequenzänderung von etwa 1,7% in jeder Stellung der Abstimmung erhalten.
Weiters eine fünfstufige Tonblende in Kombination mit einer hochfrequenten Bandbreitenregelung.
Einen 17 cm Ticonal Lautsprecher
Eine abstimmbare HF Vorstufe, mittels dreifach Drehkondensator
eine 458,5 kHz ZF sowie den Rimlock-Röhrensatz als Siebenkreis Super bei MW (Bei KW und LW sind es jedoch nur 6 Kreise)
Eine wirklich schön und homogen anzusehende Flutlichtskala
Das Gerät hat die mechanischen Ausmaße in 49 x 37 x 22 cm.
Bestückt wurde er wie damals üblich mit der ECH42, EAF42, EBC41, EL41, AZ41, und der (Oktal) EM34 Anzeigeröhre in der Typensuffix >A< Wechselstromausführung.
Es gab wie damals üblich noch eine /U Allstromausführung mit U-Röhren in Serienheizung geschaltet auf die wir hier nicht einzugehen brauchen.
Erst ein Blick auf die Rückwand wird bei dem einen oder anderen Sammler ein Déjà-vu Erlebnis hochkommen lassen, wonach er dies doch schon einmal wo gesehen hat.
Die Rede ist von der in der Rückwand vorgestanzten und vielfach auch vorgedruckten Stelle die für einen PHILIPS Gegensprechzusatz AF A 7.800 vorgesehen war. Soweit so gut.
Bild: Rückwand des PHILIPS Super Adagio BA531A/U mit dem Gegensprechzusatz AF A7.800 aus der Saison 1952/53
Erst dieser Tage aber sah ich als langjähriger zumindest virtueller Sammler erstmals so ein Gerät, dass diesen Zusatz auch tatsächlich, vermutlich relativ zeitnah zum einstigen Kauf nachgerüstet bekommen hatte.
Doch hier zuerst der Teil 1 zum eigentlichen Radio
Sein Äußeres:
Starke Gebrauchs- und wohl eher auch Lagerspuren sind durch Kratzer wie auch abgeschlagene Furnierstücke am Gehäuse kennzeichnend.
Hinzu kommt außen wie insbesonders innen eine starke Verschmutzung. Alles nichts Besonderes. Hier aber nur erwähnt um Ihnen als Leser ein möglichst vollständiges Bild des zu untersuchenden Objekts abzugeben.
Das gilt auch für die für diese Geräteklasse eigentlich typische, zwar nicht unangenehme, aber doch merkliche Geruchsaura als eine diffuse Mischung von Zigarettenrauch, Parfum und anderem konserviert in der innen haftenden Staubschicht.
Bild: "Another one bit's the dust" - Der vorgefundene Zustand beim Erhalt. Man sieht ihm die Jahre der Nichtpflege sowie den Staub "der Jahrzehnte" an. Hier der Blick auf das Chassis im Zustand meiner Erstöffnung.
In positiver Hinsicht betrachtet dürfte er soweit ersichtlich vollständig sein.
Die Abstimmung selbst scheint aber zu mechanisch zu stecken.
In die Netzzuleitung wurde ein Schnurschalter eingebaut. Ob dies auf einen defekten Netzschalter im Gerät hindeutet wird zu prüfen sein.
Im Holzgehäuse ist per Reisnagel ein Zellophanpapiersäckchen angebracht. Leider ist es schon leer. Üblicherweise waren damals auch bei anderen Herstellern in dieser Art Ersatzskalenlämpchen dort als Reserve hinterlegt.
Ebenso ist noch das Fragment einer Spagatschnur am Chassis vorhanden was auf ein früher daran angebrachtes, nun verlustig gegangenes Garantiekärtchen hindeuten mag.
Der als Original anzunehmende Lautsprecher mit der Type >PHILIPS-RADIO TICONAL A 229 FX< weist als Herstellerdatum >51.51<, also die 51. Kalenderwoche in 1951 aus.
Bild: Die "liegende" Gleichrichterröhre und der PHILIPS Datumcode am TICONAL Lautsprecher
Am Drehkondensator gibt es die >50.52< Stempelung was wohl die 50. Woche im Jahr 1952 ausweisen dürfte.
Bild: Gut zu erkennen, der Datumscode am zudem mechanisch vom Chassis leicht entkoppelt montierten dreifach Drehkondensator, der PHILIPS Tauchtrimmer zur Antennenkreisanpassung, das ZF Filter mit Frequenzstempel, die (teilweise Austausch) Röhrenbestückung von unterschiedlichen Herstellern, die Bowdenzug Frequenzabstimmung sowie eine der beiden Lämpchenanschlüsse für die Flutlichtskala.
Mein neu gebautes, nun endlich fertiges ROETEST V10 durfte sich voller Freude gleich einmal über den Rimlockröhrenfassungsadapter ein wenig einmessen.
Bild: Wer misst, misst mißt! Nicht weil ich es muß, sondern weil ich es nun endlich (wieder) kann: Dem realen Betrieb weitgehend herankommende Messungen am glühenden Objekt der Begierde mit dem ROETEST V10! Siehe hierfür den eigenen ROETEST Beitrag durch Anklicken des Bildes!
Noch vor dem Ersteinschalten und dem Ausprobieren des Radios erfasste ich die nachfolgenden Werte der Röhren nebst deren Kennlinien:
Mit dem Anklicken der Röhrentypen haben Sie den Link zu meinen erstellten ROETEST Meßprotokollen für den der es ganz genau wissen will!
Röhre | Hersteller | Funktion | Codierung | Wert in %; System 1/2/3 |
AZ41 | PHILIPS Miniwatt | Zweiweg-Gleichrichter | HD1; A612 Presssockel | 9/77 %; 2,9/26 mA |
EL41 | PHILIPS Miniwatt | NF Endstufe A Betrieb | 869; A 45.52, M4.10 | 76 %; 27,5 mA |
ECH42 | PHILIPS Miniwatt | Oszillator & Mischstufe | 781; A 51.52; PC.15 | 99/99 %; 3/6 mA |
EAF42 | TUNGSRAM | AM Demodulator & ZF Verstärker | 988, o1, | 21/59 %; 0,17/2,9 mA |
EBC41 | TUNGSRAM | HF & ZF Regelspan. Erzeug.; NF Treiber | 629; Quadrat im Pressteller | 239 (!)/300 (!)/73 %; 1,2/1,5/0,7 mA |
EM34 | PHILIPS Miniwatt | Abstimmanzeigeröhre | 081; L; A 43.52; Km.5, | 68 %; 1,9 mA |
Die TUNGSRAM Typen sind naturgemäß eher als ein zeitgenössischer Reparaturersatz in den Jahren seines augenscheinlich intensiv genutzten Radiolebens zu werten.
Hier die theoretische Auswertung der Röhrenmeßwerte noch VOR der realen Inbetriebnahme des Radios:
Es wird kaum die benötigte Anodengleichspannung erreicht werden, da das System 1 der AZ41 fast tot ist. Somit ist KEINE Funktion zu erwarten.
Der AM Demodulator bringt vermutlich kaum mehr ein ausreichend starkes NF Signal, da das A System der EAF42 nur mehr 21% liefert.
Die Abstimmanzeigeröhre EM34 liefert zwar einen ausreichenden Systemstrom, jedoch keinerlei Anzeigehelligkeit mehr. Der Schirm selbst ist aber "Tot".
Dieser Bericht FOLGT zu einem SPÄTEREN Zeitpunkt und wird gelegentlich hier nachgetragen!
Wie später u.a. auch von der EUMIG EUMIGETTE W bekannt geworden, ist auch hier die Gleichrichterröhre aus Platz- oder thermischen Gründen in horizontaler Montageart über dem Trafo angebracht worden.
Die gewählte Zwischenfrequenz ZF beträgt 458,5 kHz lt. dem Stempelabdruck an den ZF Abschirmbechern.
Dies stellt eine Abweichung der "runden" Zahlen wie etwa den bekannten 460 kHz für Europa dar, da die Empfangssituation im AM Bereich zum Zeitpunkt seiner Markeinführung durchaus herausfordernd war.
Mehr zum Thema siehe ebenfalls den Beitrag des Autors zum Thema der UKW Einführung in Österreich.
Der PHILIPS ist ein eigenständiges Radiomodell. Ein wie damals in Österreich übliches baugleiches Pendant unter dem Konzerneigenen Schwester-Markennamen HORNYPHON sucht man hier vergebens.
Wenngleich es abgewandelte Modelle wie den HORNYPHON Prinzess W452A, ohne der Funktion der Kurzwellenlupe genannt, um öS 1.535,- Schilling und somit um öS 200,- Schilling etwas günstiger gab, war das Gerät zudem einer der letzten Vertreter der reinen zudem hochwertigeren AM Heimtischgeräte die in Österreich hergestellt und vertrieben wurden.
Letztgenannter HORNY hat auch keine Vorstanzung für den Gegensprechzusatz, wiewohl der technische Einbau letztlich ident wie beim Super Adagio vonstatten gehen würde.
Ein Sammlerfreund wollte diesen Gegensprechzusatz zudem bei seinem optisch weitgehend identen, jedoch bereits mit UKW ausgestatteten HORNYPHON Lord 54 dort einbauen.
Da es sich jedoch um die /U, also nicht netzgetrennte Alltromausführung handelt, wird bis auf weiteres von diesem Vorhaben Abstand genommen.
Schon eine Gerätesaison später wurde es in Österreich ernst mit dem damals neuen UKW Rundfunk, denn es folgten fortan nur mehr AM/UKW Kombinationen in dieser Klasse. Ein Thema dem der Autor zudem einen eigenen Artikel gewidmed hat.
Wobei das >AF< für "Audio-Frequency" - oder auch "Audio-Frequenz" stehen könnte. Das zweite >A< in der Type wohl als Ländercode für AUSTRIA gilt und nur in der Österreich Version einen Typenbestandteil darstellt.
Die Nachrüstung im obig beschriebenen PHILIPS Super-Adagio selbst, an der Art der Lötstellen, sowie den mit Stoffband umwickelten Drähten und anderem erkennbar, dürfte zwar von einer sachkundigen Person ausgeführt worden sein.
Als eine schöne Meister- oder solide Gesellenarbeit jedoch kann ich sie so nicht gelten lassen. Wie auch immer.
Vermeintlich handelte es sich um als "Streng Vertraulich" deklarierte Serviceunterlagen seitens PHILIPS wiewohl es sich um einfache Technik handelte [2].
Maßgeblich an dem Zusatz ist ein an die Rückseite geführter Kippschalter mit drei Matrix Schaltstellungen für die Funktionen: Sprechen – Hören - Radio.
Sowie ein weiteres Bananensteckerbuchsenpaar für einen externen Lautsprecher.
Ebenso gibt es bereits eine vorgestanzte Öffnung um aus dem inneren kommend eine geschirmte Leitung an den obligatorischen Phono-Anschluß zu bringen.
Bild: Der PILIPS UKW BA543A Matinée 54 als Beispiel für die vielfach bereits vorgesehenen Ausstanzungen zum Teil mit, zum Teil ohne der Beschriftung für den Nachrüstsatz. Quelle: Bildspende Dank an Herrn Wolfgang B.
Die zugehörige Funktionsbeschreibung aus dem "Österreichischer Radio-Amateur" Heft 12 S. 531ff [1] klärt uns auf:
Zu dem (passiv arbeitenden) Einbausatz gehört eine externe passive Lautsprecherbox die z.B. in einem anderen Raum platziert wurde.
1. Der Zusatzlautsprecher alleine bespielt werden
2. Nur der eingebaute Lautsprecher bespielt werden
3. Der Betreiber des Radios konnte nun wahlweise diesen Lautsprecher mit der ebenso von ihm selbst gehörten Radiosendung als auch den Zweitlautsprecher beschicken.
1. Per Schalthebelwahl „Sprechen“ wiederum konnte er in den eingebauten Radiolautsprecher nun in Mikrofonnutzung arbeitend hineinsprechen und über die Radio-NF Verstärkerfunktion über den Zweitlautsprecher wiedergeben.
2. Mit der „Hören“ Stellung wiederum, war ein Hineinhören in den Raum möglich, wo der Zusatzlautsprecher als Mikrofon diente.
Bilder: Die AF A7800 Modulplatte ist "keine Raketentechnik" sondern lediglich ein Anpasstrafo mit Umschaltmatrix die zudem über die Jahrzehnte ein wenig korrodiert ist und mechanisch etwas steckt. Die Österreich Version zudem im Gegensatz zur Deutschland Ausführung einen offenen Übertrager besitzt.
Durch einen Schalter am Zusatzgerät kann der entfernt aufgestellte Lautsprecher entweder wie ein normaler Zweitlautsprecher (für den auch am Empfänger Anschlußbuchsen vorgesehen sind), das Programm in den zweiten Raum übertragen.
In zwei weiteren Stellungen des Schalters arbeiten der Lautsprecher im Gerät und der Zweitlautsprecher wechselweise als Mikrofon, so daß eine gegenseitige Verständigung möglich ist.
Der Anschluß des Zusatzgerätes ist sehr einfach. Es wird im Apparat mit der Sekundärseite des Ausgangstransformators und dem Lautsprecher, auf der Rückseite des Gerätes durch eine abgeschirmte Leitung mit den Grammophonbuchsen verbunden.
Das Zusatzgerät ist auch für andere Apparate brauchbar. Es ist nur darauf zu achten, dass es genügend weit vom Netztransformator eingebaut wird, damit die Einstreuung auf den im Gegensprechzusatz aufgebauten Eingangstransformator nicht störend in Erscheinung tritt.
• Im Original PHILIPS Prospektwerbetext heißt es dazu: „Die praktische Sprechverbindung zwischen verschiedenen Zimmern oder Etagen“ [3]
• Der „Chef“ eines Kleinunternehmens, der an seinem Schreibtisch den Radio zwecks „Nachrichten hören“ stehen hatte und seiner Sekretärin im Vorraum Anweisungen erteilte? Grundsätzlich möglich aber eher nicht wahrscheinlich. Semi – und vollprofessionelle Interkomsysteme, letztlich nicht zuletzt ebenso aus dem Hause PHILIPS kommend deckten in besserer zudem dann bidirektionaler Anwendungsfunktionalität diesen Bedarf ab.
• Überwachung der Kinder als frühes Babyphon
• [10] Beschreibt die Übermittlung von Aufträgen in die Küche wenn wir an eine Gastwirtschaft denken.
• Anweisungen eines Ehemannes an die Hausfrau in der Küche zu den Speisewünschen? Oder gar umgekehrt, Einsatz als Küchen Radio mit Weisungserteilung an den im Wohnzimmer Zeitung lesenden Ehemann? Letzteres sehen wir für die frühen 1950er Jahre sowohl aus wirtschaftlichen wie auch gesellschaftssozialen Gründen eher unwahrscheinlich.
Genau dieses Szenario beschreibt ein zeitgenössisches Werbeblatt der Firma EUROPAFUNK Radio-Elektro aus Wien VII, Burggasse 24 aus 1952 siehe links.
• Dialoge mit einem Besucher im Gebäude (Ärzte, Mechaniker, Hoteliers, etc.)
• Bleibt uns noch die „Haustorsprechanlage“, die nach ertönen einer herkömmlichen Glocke den Hausbesitzer motiviert den bereits in Betrieb befindlichen Radio zum aktiven Ansprechen des Besuchers nach seinem Begehr zu benutzen.
Dies bedingte mitunter einen eher wetterfesten zumindest geschützt platzierten Außenlautsprecher. Zudem mit einigem „Netzbrumm“ der Antwort aufgeschlagen, gerechnet werden konnte.
FOLGT
Bildszene aus Radiobasteln für Jungen Heinz Richter. Die Technik dazu ist beileibe keine „Raketentechnik“.
Im Wesentlichen besteht der Zusatz aus einem (D: geschirmten) Spezialübertrager und einer „Umschaltmatrix“ per Knebelschalter.
Als drittes Bauteil ist dem externen Lautsprecherausgang (=ext. Mikrofoneingang) ein 22 Ohm Widerstand parallelgeschaltet.
Dieser Übertrager wandelt den Ausgang des etwa 5 Ohm Lautsprechers in eine hochohmige Impedanz, die an den Phonoeingang zur NF Verstärkung geschalten wird.
Bild: Die Schaltung des AF7800. Quelle: PHILIPS NL Unterlagen [2]
Da diese Geräteanwendung wohl kaum ein Massen Phänomen in der Radiogeschichte darstellt, versuche ich mögliche Gründe für die eher geringe Verbreitung herauszuarbeiten.
1. Der Phono Eingang am Radiogerät war folglich für einen externen Plattenspieler blockiert. Bzw. es musste dann im Fall des Falles manuell umgesteckt oder sonstig umgeschaltet werden.
2. Die wohl eher bescheidene Tonqualität bzw. Verständlichkeit wie auch die Brummeinstreuungen bei längeren Kabelwegen
3. Das womöglich als umständlich und unbequem wahrgenommene Umschalten durch den Bediener sowohl zuerst vorne auf „Phono“ sowie per nach hinten Greifen am Radio für weitere Funktionen.
4. Das private Wohnen fand damals auf eher kleinerem Raum statt. Da genügte ein einfaches Rufen ohne Technik in der 40m² Küche-Zimmer-Kabinett Wohnung.
Dem PHILIPS Konzern entsprechend, gab es diesen Zusatz auch, ab 1952 beginnend bis 1955 in weiteren Europäischen Ländern.
Davon zeigt einmal die Mehrsprachigkeit im Textteil der Anleitung.
Dort jedoch als Interfoon, Interphone oder auch Heim-Rufgerät AF7800, ohne dem zusatzlichen >A< bezeichnet.
Bild: PHILIPS Heim-Rufgerät war die Bezeichung bei unseren Deutschen Nachbarn gemäß dem Transportkarton
Die mechanischen Einbau Maße betrugen: 130 x 60 x 45 mm
Markant ist neben dem etwas anderen „Knopf“ auch die Steckerkodierung für den Lautsprecherstecker wie auch die Phonostecker mit dem breiten mittleren rechteckigen Führungsstift.
Die Österreich Radios jedoch den Kodierungsstecker mit einem dünneren Mittelstift hatten.
Der >A AF7800< jedoch hatte keine Kodierung, die meiner Meinung nach auch bei den Auslandsmodellen kaum Sinn machte, da der Radiotechniker ja ohnehin ein individuell langes Kabel mit je Ader einem Bananenstiftstecker für den externen Lautsprecher (Mikrofon) zu versehen hatte.
Bild: Buchsen & Steckerkodierungen im Vergleich. Obig die Niederländische und darunter die Deutsche Version mit codierter LS Buchse. Die „A“ Version für Österreich (unten) hatte diese nicht.
Nachstehende Tabelle soll eine grobe, jedoch nachvollziehbarer Weise unvollständige Übersicht diverser Modelle wie auch PHILIPS Nebenmarken mit der Interphone Vorbereitung darstellen:
Bild | Land | Marke | Modell/Type | Saison |
Österreich | PHILIPS | Super Adagio BA531A | 1952/53 | |
Österreich | PHILIPS | Symphonie BA733A | 1953/54 | |
Österreich | PHILIPS | Symphonie 54 BA743A | 1953/54 | |
Österreich | HORNYPHON | Souverän W773A | 1953 | |
Österreich | HORNYPHON | Souverän 54 W774A | 1954 | |
Österreich | HORNYPHON | Lord W563A | 1953/54 | |
Österreich | HORNYPHON | Lord 54 W564A (ECC85) | 1954 | |
Österreich | HORNYPHON | Rex UKW W664A & W664/1 | 1954/55 | |
Österreich | PHILIPS | Präludio BA643A | 1954 | |
Österreich | PHILIPS | Matinée UKW BA533A | 1953 | |
Österreich | PHILIPS | Matinée 54 UKW BA543A | 1954 | |
Deutschland | ? | |||
Niederlande | PHILIPS | BX520A | 1952/53 | |
Niederlande | PHILIPS | BX321A /10 | 1953 | |
Niederlande | PHILIPS | BX543A /02 | 1954 | |
Niederlande | PHILIPS | BX454A /90 | 1955 | |
Frankreich | PHILIPS | BF545A/01 | 1955? | |
Frankreich | RADIOLA | RA438A | 1954/55 | |
Frankreich | Atlantic | A62A | 1955 | |
Frankreich | Médiator | M26A | 1955 | |
Belgien | PHILIPS | BX321A /12 | 1953 |
Wahrscheinlich gab es auch noch weitere Länderversionen.
Generell konnte, wie [1] ausführt dieser Zusatz bei letztlich so gut wie jedem Radiogerät aller Hersteller (mit schaltbarem Phono Eingang) nachgerüstet werden.
Bekannterweise bezieht sich dies aus Sicherheitsgründen auf die Wechselstromausführungen. (Gefahr der Netzphase auf dem Chassis bei Allstrom!)
1. RT - "Radiotechnik" Heft 12/1952, S. 531ff; Abgerufen über ANNO am 13.12.2023
2. PHILIPS (NL) 1952, Service Documentatie AF7800; Abgerufen am 15.12.2023 bei Elektrotanya
3. PHILIPS (D) Prospekt 3071.454.70 von 1954
4. PHILIPS (F) Dépliant Série Super-Magnétique 1955
5. https://radio-bastler.de/forum/showthread.php?tid=2284
6. Eintrag in Radiomuseum.org
7. Eigenes PHILIPS Super Adagio Gerät aus 1/2024 mit der Seriennummer #536342
8. Dank für Bildspenden und weiterer Unterstützung an unseren Sammlerkollegen Herrn Wolfgang Bauer
9. Artikel "Röhrenhandel in Deutschland - Erinnerungen eines Insiders" Teil 2 von Fachkollegen Herrn Stefan Müller in der GFGF >Funkgeschichte< FG272 S. 242ff vom Dezember 2023
10. https://www.doctsf.com/PHILIPS-heim-rufgerat-interphone-af7800/f77755/msg=2&msg2= abgerufen am 13.1.2024
11. https://frank.pocnet.net/other/PHILIPS/PHILIPSCodeListGO/originalPHILIPSCodeList18_02_64.pdf abgerufen am 19.1.2023
12. Öst. "Radioschau", Heft 5, Mai/Juni 1952
13. Öst. "Radioschau", Heft 6, Juni/Juli 1952
Suchbegriffe:
PHILIPS Super Adagio, Interfoon, Intercom, Gegensprechanlage, Heimsprechanlage, AF A7800,