Noch war Zeit, die Bildqualität aber auch die Unzulänglichkeiten der drei bekannten Farbfernsehsysteme PAL, SECAM und NTSC in der Praxis zu analysieren ehe sie zugunsten der Digitaltechnik in den Archiven der Technikgeschichte landen würden. Hier folgt ein Beitrag zum Thema
Bild 1A: SECAM Feuer: Es ist wirklich zum Schreien!
In der bereits seiner Endphase zugehenden Übergangszeit von der analogen hin zur ausschließlich digitalen Fernsehwelt verschwinden die Begriffe PAL/SECAM & NTSC zusehends (Stand 2009).
Ohne der "guten alten Zeit" nachweinen zu wollen die fernsehtechnisch wie auch von der Programmgestaltung her uns nicht unbedingt wesentliches abgehen hat lassen möchte ich in unserem virtuellen Fernsehmuseum auch die praktische Sichtbarmachung der jeweiligen (Farb-)Systemschwächen dokumentieren. Dies ist möglich da die digitale ("unverfälschte") Verbreitungsform und die hohe Qualität der Computerbildschirme dies zulassen, was auch gleich eine Lanze für die vielen Bereiche der erfolgreichen Früchte der Digitalisierung brechen soll.
Den Auftakt dieser Reihe macht eine Analyse des SECAM Verfahrens am Beispiel des sogenannten SECAM Feuers bzw. SECAM-Fire.
(Entnommen aus Wikipedia zu SECAM):
"Cross-Color-Störungen sind bei SECAM am unangenehmsten. Sie machen sich bemerkbar als blaue und rote Streifen („SECAM-Feuer“), die an scharfen Kanten hervorblitzen bzw. als intensiv rote Farbflächen bei feinen Mustern in Erscheinung treten. Das kann verhindert werden, wenn das Luminanz-Signal begrenzt wird, so dass keine Information ins Trägersignal überlappen können. Als SECAM erfunden wurde, spielte das keine Rolle, da die Bildröhren zu dieser Zeit keine Informationen über 3 MHz zeigen konnten.
Anmerkung: SECAM wurde ursprünglich von Henry de France für das Französische 819 Zeilen "HDTV" erfunden wo der Farbträger um 8 MHz gesetzt worden wäre.
Für weitere Hintergründe zur Erfindung der Farbfernsehens sie auch den Beitrag:
Bei PAL war der Einsatz eines Digitalen Kammfilters sowohl auf der Senderseite wie auch in modernen Empfängern (zumeist 100 Hz Geräte) in den 1990er Jahren möglich geworden der die Cross-Color Störungen stark unterdrückte bzw. gar beseitigte (Zusatzstichwort PAL Plus). Bei SECAM konnte technisch bedingt diese Evolution nicht stattfinden.
Wiewohl es sicher professionelle Testbilder und Testzyklen wie den "Anti-SECAM Pullover" gibt die alle namhaften Fernsehstationen in den 1960er und 1970er Jahren mit und ohne Walter Bruch mit seinem "Telefunken PAL Wanderzirkus" erprobt haben so sind diese leider (bis dato) nicht frei verfügbar.
Daher wurde der Versuch unternommen anhand realer Fernsehsendungen die Unterschiede zu simulieren bzw. klar hervorzuheben ohne einen Anspruch auf eine wissenschaftliche Arbeit erheben zu wollen.
Zur Auswahl standen ein 1990er Grundig M70-590/9 TOP sowie der Sony KV-C2921D Fernseher ausgeführt jeweils als Multinorm-Mehrstandard Fernsehgeräte.
Da der Grundig TV und sein Farbdecoder (Modul 29504-165-31 mit dem TDA 4557 & TDA4565) ein gutmütigeres Verhalten hinsichtlich einer Fehlerdarstellung zeigte wurde bewusst der Sony KV-C2521D mit der bekannten Black Trinitron Bildröhre als Display verwendet.
Als Quelle dienten die mit dem sprichwörtlich "naßen Fetzen", also mit selbst einer eher kleinen SAT Antenne analog in SECAM empfangbaren "Franzosen" auf dem High Power Satellit Atlantic Bird 3 auf 5° West.
Das waren TF1, France 2, France 3 SAT, France 5, M6 & ARTE Fr.
Ein ausgedienter Analog SAT Receiver - natürlich aus dem Hause Grundig Type STR 12 mit einem 22 kHz Schaltsignalzusatz modulierte das analog Signal über den eingebauten UHF Standard Zweiseitenbandmodulator auf Kanal 38.)
Dazwischengeschaltet war noch ein einstellbarer HF Signaldämpfer zum Simulieren schlechter Empfangsverhältnisse.
Bild 1: SECAM Feuer: Es ist wirklich zum Schreien! Wir sehen eine absichtliche Fehlabstimmung auf den HF Kanal mit dem Ergebnis eines starken ausreißens der Farbe bis zur Unkenntlichkeit an starken Luminanzübergängen.
Bild 2 SECAM Bild: Richtig abgestimmt jedoch stark abgesenkter HF Pegel: Ein stark verrauschtes Signal das ebenso weitflächige Farbfetzen sichtbar und damit subjektiv den verbleibenden Monochrombildanteil noch unbrauchbarer macht.
Bild 3 PAL Codierung: Der gleiche nette Mann der sich freiwillig dem Vergleich gestellt hat:
Jetzt wurde das Signal Digital empfangen und über den PAL Modulator ebenso abgeschwächt dem TV zugeführt. Wir erkennen ein deutlich geringer verwaschenes Bild wo das extreme Austreten von Farbanteilen bis zur Unkenntlichkeit des Monochrombildes nicht stattfindet.
PAL Testbild: Aus anderen Quellen ein Testbild zur Verdeutlichung des Cross-Color Effekts bei PAL:
Die schillernden Stellen sind ebenfalls ein Frequenzburst zur Darstellung/Überprüfung der Bandbreite des Luminanz (Y) Kanals. Da dieses Spektrum jedoch in den Frequenzbereich des Farbkanals hineinragt (zwischen 3.13 MHz und 5.08 MHz = ~1.3 MHz unteres Seitenband des 4.43 MHz Farbträgers und etwa 0,65 MHz oberes Seitenband) kommt es zur Falschinterpretation des PAL Decoders der diese Frequenzen als Farbartsignal und damit als bunt interpretiert.
Bild: Simuliertes phasenverschobenes NTSC Bild mit der berechtigten Frage des Testimonials: Muss das sein?
Bild: Es muß: Hier der angezeigte langsame Übergang zum anderen Extrem der Farbbandbreite (Bildlinien & Artefakte sind nur fotografischer Natur!)
Bild: Hier die subjektiv und manuell eingestellte farbneutrale Wiedergabe beim NTSC Bild
Die auch in Deutschland West, umso mehr im Osten, der DDR relevante Thematik:
In einem Forum zum Thema DDR & Westfernsehen (Beitrag11) heißt es auszugsweise:
......in Berlin waren gleich vier SECAM Sender auf Sendung:
DDR 1 und DDR 2 in fast perfekter Farbe
Ostankino 1 (heute ORT 1/Perviy Kanal) mit extremen Rotstich
Antenne 2 (heute France 2) mit Blaustich .......
Das deutet auf nicht optimal eingestellte Farbcoder bereits bei den Sendeanstalten oder tatsächlich vorhandene Unterschiede im Frequenzhub und/oder den beiden Farbträgerfrequenzen hin die in Frankreich, der UdSSR und der DDR unterschiedlich interpretiert worden sein könnten?!
Das ein Farboffset auch im Empfänger systembedingt möglich war
beweist die Zusatzangabe beim
Sowjetischen
DDR Import Fernseher Raduga 706 wo es auszugsweise heißt: "Die
Nullpunkabweichungen der Diskriminatoren bis zum Erreichen der
Betriebstemperatur betragen ±12kHz ~<5% des Hubs" was zwangsläufig
einen Farbversatz bedingt.
Wenn dieser aber generell vom Nullpunkt abweicht half für den
Genossen Normalverbraucher nur mehr das Nachstellen am Farbgeschmacksknopf wo
die Arbeitspunkte der Bildröhre wie auch bei ersten PAL TV Generationen
verschoben werden konnten (Nicht zu vergleichen mit dem Tint/Hue
Phaseneinstellregler bei NTSC!).
Wie immer sind bei mir Zeitzeugen gerne eingeladen ihre real erlebten persönlichen Erfahrungen für die (technische) Nachwelt einzubringen! Gilt auch für 2024 - siehe Kontakt zu Scheida!
(Wird weitergeführt: Ziel ist es mit Bildern den Qualitätsunterschied zwischen den Systemen auch bei optimalen Bedingungen umgangreich darzustellen)
Gehört zu https://www.scheida.at/scheida/televisionen.htm
Erstellt: 2009 by ©Wolfgang Scheida
Updated: 22.09.24