Einführung: Vielfach betrachten wir die Kernelemente des Radios. Und das sind nun einmal die möglichst starken Sender einschließlich deren Sendetechnik nebst Studiotechnik, hinter denne eine entsprechende, in Europa zumeist staatliche Organisation stand.
Dann folgen die eigentlichen Gerätehersteller aller Marken in Design und Technik aufgeschlüsselt die dann zu Hause aufgestellt und vom Kunden betrieben werden.
Was oft ein wenig übersehen wird, das ist der Handel, der vom Direktverkauf abgesehen seit den Beginn des Radios den zukünftigen Hörer, oft auch Selbstbau Bastler oder Amateur versorgt hat.
Auch dahinter stand oft noch ein nicht immer gerne akzeptierter Großhandel zwischengeschalten. Übergeordnet dann wieder organisiert in den Elektro und Rundfunkhandel mit deren eigenen Informationsmedien an ihre Mitglieder.
Bild: So warb das bekannte Radio-Haus mit der Interimsverwaltung durch Reginald Pollak 1946 [8]
Am jüngsten Radioflohmarkt fiel mir eine Radiobauanleitung ins Auge die ich zum Zwecke der dazugehörigen Nachforschungen auch gleich erwarb.
Der Bauplan selbst trägt die Type >RAPOL< ZWEIER GW246, was ihn nach damaliger Lesart eben als Zweiröhren Gerät um das Jahr 1945/46 verorten läßt.
Die Rede war gar von der "Rekordleistung mit Einzelteilen vom RADIO-HAUS, Wien VI, Mollardgasse 9"...
Was nun von Interesse war und ist, das sind der Verweis auf die "öff. Verw. R. Pollak"
Wer war "R. Pollak", der nun in "öffentlicher Verwaltung" dieses Radio-Haus zu bestellen hatte?
Für meine nicht ortskundigen Leser: Die Gegend in Wien VI & VII (6 und 7. Bezirk), rund um die bekannte Mariahilferstrasse war von so gut wie fast allen damaligen Protagonisten des Radiogewerbes, zudem in Gehweite verbunden belegt.
Dazu passt, das seit 1984 das >WIENER PHONOMUSEUM< ebenso in der Mollardgasse, unweit auf Nummer 8 beheimatet ist.
Unter der Adresse Wien 6, Mollardgasse 9 findet sich für die Radioepoche in Österreich schon seit der "Radio-Frühzeit" 1924 ein einschlägiges Verkaufslokal.
So wurde dort gemäß der Bewerbung u.a. in der "Radiowelt", Heft 25, 1926, S.36 ein offensichtlich exklusiver Artikel, der >RADLIF-Detektor<, auch RADLIF-Detector geschrieben, vollmundig als der beste Detektor der Gegenwart angeprisen.
Werbung: Der RADLIF Double-Crystal von Lifschitz, aus "Radio Wien" vom 1. Februar 1926 und vom 25. Januar 1926 mit dem Triumph-Anodenbatteriekasten, so ganz nach dem Motto: Jeder Kramer lobt seine Ware....
Werbung: Bilder anklicken: RADLIF Double-Crystal Werbetext mit Produkterläuterung. Rechts: Lieferprogramm Auszug von Lifschitz, da schon in der Mollardgasse .
Wer waren die damaligen Besitzer dieser Lokalität?
Einmal wird John Lifschitz, für den Alleinvertrieb in Österreich angeführt. Standort Wien V., Wiedner Hauptstrasse 113.
Für den Auslandshandel wiederum B.D. Lifschitz, angenommener Weise für Ben Lifschitz stehend, am Standort Mollardgasse 9, Wien VI.
Mit dem 3.8.1939, gemäß Handelsregister Zentralblatt 1939 [2] wird Ben Lifschitz, für den Standort Mollardgasse 9, als gelöscht geführt.
Es betraf natürlich nicht nur Radioverkaufshäuser, sondern letztlich so gut wie alle Gewerblichen wie auch Industriellen Unternehmen, die aufgrund der Kriegsereignisse aber auch der parallel einhergehenden rassistischen und sonstiger Verfolgungen vielfach unklare Besitz und Eigentumsverhältnisse hatten.
Herr REGINALD POLLAK war ein damals augenscheinlich Unbelasteter, den die öffentliche Verwaltung zum interemistischen Verwalter dieses "herrenlosen" Radiohauses bestellt hatte.
Weitere Hinweise auf die öffentliche Verwaltung von Radiohäusern finden wir ebenso 1946 wo Herr Titus Hammerschmidt die Verwaltung für das Elektro-und Radio-Geschäft Dolezal durchführte [Anzeige in 8]
Am 1949 wiederum ist unter obiger Adresse "Radio-Hölbel" angesiedelt.
Werbeanzeige: Radio Hölbel firmiert nun unter der einstigen Adresse des RADIO-SPEZIALHAUSES in der Mollardgasse 9 (1949).
Die entscheidende Vorarbeit zur Firmengeschichte hat unser bereits mehrfach zitierter Radiobote Redakteur, Fritz Czapek ✝ im österreichischen Radioboten geleistet wo es auszugsweise heißt [4]:
Keine Raketentechnik, sondern eine damals den Verhältnissen der Nachkriegszeit geschuldetete Abkehr vom bereits seit den 1930er Jahren in Österreich nur mehr üblichen Superhet - Überlagerungsprinzip hin zum wie bei den Volksempfängern üblichen Geradeausprinzip.
Eine Bastelanleitung, ausdrücklich nicht für den gewerbsmäßigen Nachbau bestimmt, den es in Kleinserien basierend auf solchen Schaltungen letztlich gar von Elektrikern gegeben haben soll, gibt den Zweier GW246 Radioapparat mit Schaltplan und Stückliste an.
Also ein Allstromgerät, wobei die 2 in der Type für Zweiröhrenapparat, (+ Gleichrichterröhre) und die 46 für die Saison, die bereits 1945 begonnen haben kann stehen mag.
Technisch ein klassischer Mittelwellen Einkreiser für Ortssendern der wie in den Verstärkerstufen wie auch in der Netzugleichrichtung eine NF2 Röhre geschaltet hat. Als Luxus spendierte man gar eine Skalenlampe sofern nicht ohnehin Schaltungstechnisch als Einschaltstrombegrenzung für die Röhren dienend.
Bild: Der "RAPOL" ZWEIER, GW246, die Schaltung als Bastelanleitung mit Stückliste und Design der darin eingesetzten damals zudem auch günstig verfügbaren Röhrentype NF2, siehe Bild rechts als schematische Darstellung
Werbeanzeige vom Radiohaus Seidl: Wenn auch schon aus 1946, hier der Nachweis, wonach die Telefunken NF2 Röhre günstig (damals als Billig bezeichnet) angeboten wurde und somit leistbar aber auch entsprechend verfübar war [8].