Bild: Stempellogo für die Störschutzberatung. Gleich etwas martialisch ging SIEMENS 1934 gar als "bewaffneter" Störschutzritter gegen Rundfunkstörungen vor. Dem Zeitgeist folgend, war bisweilen von einem Kampf die Rede, bei dem die "Schädlinge eines guten Rundfunkempfangs zum Schweigen" gebracht werden sollen [© SIEMENS in 6/S.50].
Zugegeben etwas verallgemeinert betrachtet, begann die Zeit des Rundfunks ab den 1920er Jahren etwa zeitgleich mit der Elektrifizierung unserer Städte.
Bild: Der Fortschritt ging mit Störungen einher.... 1930 [©17]
So kamen beide Entwicklungen bzw. deren Nebenerscheinungen schon eher früher als später auf nicht immer angenehme Tuchfühlung zueinander.
Störgeräusche im Lautsprecher und zumeist auch nur in den Kopfhörern in Form von Knattern, Prasseln, Schnarren, Summen und anderen Ausdrucksformen beinflussten die oft ohnehin noch bescheidene Empfangs- wie auch Klangqualität der ersten Empfangsgeräte vom reinen Detektor bis hin zum Röhrenempfänger mit Trichterlautsprecher.
Bild: Karikatur zu den damals üblichen Radiostörquellen und deren "emotionalen" Auswirkungen 1930 [©17]
Die Verursacher im Allgemeinen waren dabei jedoch schon bald kenntlich gemacht, wovon dieser AUSZUG (!) an Störern Zeugnis geben soll:
Bild: Positives Beispiel eines Allstrom Staubsaugers des Herstellers Vorwerk mit integriertem Störschutz um die 1930er Jahre
Die von der Moderne getriebene Gesellschaft benötigte dem Zeitgeist folgend dann auch neue technische Heilmittel für die neu aufkommenden wie auch bereits länger bekannten Krankheitssymtome.
So bediente eine Vielzahl an Herstellern rund um den Globus den Markt an Gesundung versprechender elektrische Heilapparate, die zumeist mit (harmloser) Hochspannung arbeiteten und durch die Ionisierung von Gasen zudem effektvolle blaue Lichterscheinungen erzeugten.
Das im Kontakt zur Haut entstehende Ozon wiederum die körperliche Heilung ermöglicht haben soll.
Es ist nicht der Rahmen dieses Artikels um über den vielleicht vorhandenen tatsächlich möglichen Nutzen oder auch nur zu der mitunter darauf basierenden Geschäftsidee zu referieren.
Fakt ist, dass diese Geräte augenscheinlich vielfach verkauft wurden und sich auch heute noch aus diesen Epochen in allen bekannten Verkaufsportalen zuhauf wiederfinden.
Wesentlich zu erwähnen ist dabei jedoch, dass diese zumeist in schönen Tragekoffern befindlichen Apparate eben für Radiostörungen in nicht unerheblichen Ausmaß mitverantworlich sein konnten.
Bild: Prospektauszug zu den Helio-Lux Hochfrequenzapparaten aus 1931. Erwerbbar jeweils mit oder auch OHNE Störschutz weil die Version MIT Störschutz etwa 20% teurer gewesen wäre. Nach dem Motto: Was kümmert mich der Nachbar... [7] .
Rechts die Nachrüstoption des Helio-Lux Störschutz mit einem Vorschaltgerät für den Anschluß an Geräte bis max. 1 A was bei 220V etwa 220 Watt entspricht.
Ein nicht unwesentlicher Schwerpunkt der Hersteller dürfte zudem in der Kunst der Glasbläserei gelegen haben, um eben die verschiedenen mitunter auch schön anzusehenden und kaufentscheidenden Elektroden herstellen zu können.
Der "schwarze Kasten" mit der Elektrotechnik, wie ein wagnerscher Hammer selbst, war mitunter nur das erforderliche Beiwerk zwecks Funktion.
Die ebenso geläufige Apparateanwendung für die Erzeugung von Reizströmen, dürfte dabei mitunter gleich zweifache Wirkung gezeigt haben:
Einmal für den direkten Anwender auf medizinischer Basis sowie bei den mitunter gereizten Nachbarn wenn diese beim Radioempfang gestört wurden.
Ebenso mögen schlecht verarbeitete oder auch gealterte Geräte den Anwender auch direkt mit dem Stromkreis im Falle schlechter Isolation oder fehlender galvanischer Trennung in Bedrängnis gebracht haben, was schon damals beim Wechselstromnetz im Mindestfall das Vorschalten eines Trenntransformators anraten ließ.
SIEMENS [6/S100] führte gar eine wissenschaftliche Untersuchung an, wonach ein vorgeschalteter Störschutz die Heilwirkung dieser Geräte nicht negativ beeinflußt wie der Privatdozent Dr. Schliephake-Jena bereits 1930 festgestellt haben will!
Nicht nur diese Apparate machten eine gezielte und effiziente Suche nach den Verursachern von Rundfunkstörern notwendig.
Die jeweiligen Postverwaltungen, denen in der Regel zumindest in Europa die Belange der Rundfunkausstrahlung (nicht jedoch der Programmgestaltung) unterlag beschäftigten sich daher schon recht früh mit Verfahren um Störer ausfindig zu machen und um diese zu unterweisen, und Unterstützung zur Entstörung zu ermöglichen.
Aber auch um zu strafen wenn dies erforderlich schien.
Die in Deutschland "Funkhilfe" genannte Abteilung der Deutschen Reichspost, stellte 1932 lt. [2] 53.000 Störfälle mit 49.000 Störquellen fest: (Mit Abweichungen in der Abhängigkeit zur Gerätetechnikentwicklung sowie der zunehmenden Verbreitung des Radios dürften diese Zahlen auch auf andere Länder wie auch weitere Jahre übertragbar sein)
In dem Bericht folgen weitere Zahlenspiele zu den Entstörmaßnahmen.
Hier von Relevanz ist die Angabe von 12,- bis 13,- RM an erforderlichen Aufwendungen zur Entstörung PRIVATER elektromedizinischer Geräte, während hingegen motorische Störungsverursacher in Gewerbe und Handwerk mit 7,- bis 10,- RM beseitigt werden konnten.
Letzte Aufwandsverrechnung war insbesonders bei uneinsichtigen Rundfunkstörern von Nöten, die partout nicht einsehen wollten, warum sie kostenpflichtige Entstörmaßnahmen zu beauftragen hatten, wo doch nur der Nachbar einen gestörten Radioempfang hatte.
Als ideal exemplarisch steht nachstehender für damals richtungsweisender Richterspruch zum Thema Rundfunkstörer in Wien/Österreich im Jahre 1932 [4]:
Hier finden wir für den Radiohistoriker gleich ein ganzes Repertoire an begleitenden Themen die zudem nicht immer leicht nachzuvollziehen sind:
In Österreich wurde die monopolbasierte Post und Telegrafendirektion sowie die RAVAG (Rundfunkorganisation) mit einer weiteren privatwirtschaftlichen Einrichtung ab 1935 unterstützt nachdem schon in den Anfängen des Radios nach 1924 "der Kampf um die Beseitigung besonderer Rundfunkstörungen vor allem von zwei Akteuren ausging, dem Kärntner und dem Tiroler Radio-Klub"[15].
Diese forderten ebenso eine "Funkhilfe" nach dem bereits bekannten Deutschen Vorbild nun auch in Österreich unter staatlicher Leitung [16].
Bild: Logo der ÖSTO
Durch die Österreichische Störschutzorganisation "ÖSTO", einer Vereinigung der Firmen SIEMENS & HALSKE AG, der Telephon- und Telegraphen-Fabriks AG KAPSCH und Söhne, sowie den Vereinigten Telephon- und Telegraphenfabriks AG Czeija, Nissl & Co.
Bild: Werbeschaltung der ÖSTO 1935 in [14]
Genannte Firmen waren auch maßgeblich am Aufbau des Rundfunks in Österreich beteiligt und hatten es sich zur Aufgabe gemacht wirksame Störschutzmittel zu erzeugen und zu vertreiben [12].
Dies ergänzend zur eigentlichen praktischen Umsetzung von Entstörmaßnahmen durch verschiedene Stadtwerke (Elektrizitätswerke) die eine eigene "Funkhilfe" aufgebaut haben, die wiederum mit den Funkhelfern der oben genannten Einrichtungen eng zusammenarbeiteten [13].
(Achtung: Dies ist eine etwas längere Abhandlung! - Eventuell überspringen wenn gewünscht!)
Tauchen wir ein in die Niederungen vom sprichwörtlichen "Goldenen Wienerherz":
"Entnommen aus dem Heft 28/1932 von RADIO-WIEN [4],
EIN BEMERKENSWERTES GERICHTSURTEIL in der Frage der Rundspruchstörungen.
Bild: Wirklich nur ein "harmloses" Arbeiten an der Nähmaschine? [©17]
In Deutschland wurden seit Jahren wiederholt in Rundfunkstörungsangelegenheiten Prozesse geführt, die in der Regel zugunsten der gestörten Rundfunkhörer entschieden wurden.
Vor kurzem hatte nun auch ein österreichisches Zivilgericht Gelegenheit, zur Frage des Schutzes des Rundfunks gegen Störungen durch andere elektrische Einrichtungen Stellung zu nehmen und hat zugunsten der gestörten Rundfunkhörer entschieden.
Allerdings bezieht sich das Urteil auf einen Prozeß, der bereits im Dezember (1931) stattfand, als die Starkstromverordnung noch nicht in Kraft stand. Wir bringen im nachfolgenden das in seiner ausführlichen Begründung bemerkenswerte Urteil wörtlich zum Abdruck: Geschäftszahl 16 C, 426/ 31 (Seitens des Autors hier verkürzt wiedergegeben).
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bezirksgericht Leopoldstadt, Abt. 16, hat durch den Landesgerichtsrat Dr. Baader als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei:
xxx, Bundesbahnbeamter, Wien, XX., Kunzgasse 4; 2. xxx, Vizeinspektor der Wiener Elektrizitätswerke, Wien, XX., Kunzgasse 4, 3. xxx, Angestellter, Wien, XX., Kunzgasse 4, sämtliche vertreten durch Dr. Ing. Erich Biel, Rechtsanwalt, Wien, I., Rauhensteingasse i, wider die beklagte Partei: xxx, Weißnäherin, Wien, XX., Kunzgasse 4, 2. xxx, Goldarbeiter, Wien, XX., Kunzgasse 4, vertreten durch Dr. Karl Meisel, Rechtsanwalt, Wien, L, Petersplatz 4, wegen Unterlassung von Rundfunkstörungen (Streitwert öS 200 ) zu Recht erkannt:
Die Beklagten sind schuldig, die durch die Nähmaschinenmotoren der Erstbeklagten hervorgerufenen Aussendungen von elektrischen Hochfrequenzwellen in einem die Radioempfangsanlagen der Kläger störenden Ausmaße zu unterlassen und zur ungeteilten Hand den Klägern die mit äS 353,14 bestimmten Prozeäkosten zu ersetzen, alldies binnen 14 Tagen bei Exekution.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
Kläger beantragen, ihrem Klagebegehren kostenpflichtig stattzugeben, zu dessen Begründung sie folgendes vorbrachten: Jeder der drei Kläger habe eine Wohnung in dem Hause, Wien, XX., Kunzgasse 4, und besitze dort eine Rundfunkempfangsanlage.
Die Erstbeklagte betreibe im zweiten Stock desselben Hauses in der Wohnung ihres Gatten, des Zweitbeklagten, eine Hemdennäherei.
In diesem Betriebe arbeite sie selbst mit einer Arbeiterin, und zwar auf zwei elektrisch betriebenen Nähmaschinen. Im Herbst 1930 sei im Wohnhause der Prozeßparteien statt des bisherigen Wechselstromes Gleichstrom eingeleitet worden.
Seit dieser Zeit senden die beiden Elektromotoren der Erstbeklagten Hochfrequenzwellen aus, welche in den Rundfunkempfangsanlagen der Kläger derartige Geräusche verursachen, daä ein Empfang selbst der Wiener Sendung so stark gestört werde, daß man die Sprache des Ansagers, beziehungsweise Vortragenden nicht verstehen könne.
Besonders unerträglich sei dieser Zustand für die Kläger deshalb, weil Frau xxx regelmäßig bis spät abends, oft sogar bis tief in die Nacht hinein die Nähmaschinen betreibe.
Daß die störenden Hochfrequenzwellen tatsächlich von den Nähmaschinen der Erstbeklagten ausgehen, ergebe sich mit Sicherheit daraus, daä die Störungen sofort verschwanden, als die Erstbeklagte infolge einer kurzen Krankheit nicht habe arbeiten kännen.
Die störenden Hochfrequenzwellen entstehen an den Kollektoren der Elektromotoren, an welchen der Strom fortwährend geschlossen und unterbrochen wird. Sie pflanzen sich auf der elektrischen Leitung fort, welche ihrerseits wieder wie eine Antenne die elektrischen Wellen ausstrahlt. Die störenden Wellen kommen also in die Wohnungen der Kläger auf zweierlei Wegen: Erstens als Ätherwellen durch die Raumstrahlung der elektrischen Leitung und zweitens als gerichtete Hochfrequenzwellen durch die elektrische Leitung selbst.
Beide Arten der Hochfrequenzwellen verursachen in den Empfangsanlagen der Kläger, die oben erwähnten Störungen. Sie könnten aber beide vermieden werden, wenn die Beklagten in die Zuleitung des elektrischen Stromes einen sogenannten "Störschutz" einbauen wurden, der zwar den elektrischen Gleichstrom ungehindert passieren läßt, die Hochfrequenzwellen jedoch absperrt, so daß sie nicht in die Leitung kommen. Ein solcher "Störschutz" koste bloß öS 20 bis 40.
Er würde für die Beklagten keinerlei Nachteil und auch keine Unbequemlichkeit mit sich bringen. Durch diese Emission von Hochfrequenzwellen mache die Eigentümerin der Nähmaschinen einen Gebrauch ihres Eigentums, welcher in die Rechte von Dritten, hier der Kläger, eingreife. Kläger verweisen darauf, daß ihre Radioanlagen, für deren Benützung sie bezahlen, längst bestanden haben, als die Gegenseite die Hochfrequenzwellen auszusenden begann, durch welche letztere in die bestehenden Rechte der Kläger eingegriffen habe. Seit dem Beginn der Störungen haben Kläger mit den Beklagten verhandelt und sie ersucht, den Störungsschutz anzubringen.
Ursprünglich sei die Erstbeklagte auch dazu bereit gewesen, später habe jedoch der Zweitbeklagte dies, und zwar auch namens seiner Gattin verweigert.
Kläger haben sich sogar bereit erklärt, die Hälfte der Kosten des Störungsschutzes auf sich zu nehmen. Die Beklagten haben jedoch darauf erwidert, sie seien nur bereit, ein Siebentel der Kosten zu tragen. Im übrigen mögen die Kläger sie nur klagen.
Über Reklamationen der Kläger seien zweimal Beamte der RAVAG im Wohnhause der Prozeßparteien gewesen und haben ebenfalls die furchtbaren Störungen des Radioempfanges konstatiert und Frau xxx zur Anbringung des Störschutzes bewegen wollen.
Letztere habe sich jedoch sogar geweigert, die versuchsweise Anbringung des Störschutzes vornehmen zu lassen, obwohl dies für sie weder mit Kosten noch mit sonstigen Unannehmlichkeiten verbunden gewesen wäre. (!)
Der Zweitbeklagte sei der Mieter der Wohnung, in welcher die Erstbeklagte die Weißnäherei betreibe. Er sei aus diesem Grunde und als Haupt der Familie in der Lage, die Störungen zu verhindern und infolgedessen zur gegenständlichen Klage passiv legitimiert.
Beklagte beantragen, die Klage kostenpflichtig abzuweisen und wendeten ein: Hinsichtlich des Zweitbeklagtcn mangle es schon an der passiven Klagslegitimation, da die Nähmaschinen lediglich von der Erstbeklagten betrieben werden.
Die Störungen rähren aber auch gar nicht von den Nähmaschinen, sondern von Rückkopplungen (im gegenständlichen Hause allein befänden sich sieben Radioanlagen, darunter mindestens fünf Lampenapparate) und von Hochfrequenzapparaten des Ambulatoriums des Kinderspitales her, welches sich gegenäber dem Wohnhause der Prozeßparteien befinde. Eine andere Hauspartei, die einen elektrischen Massageapparat betreibe, verursache Empfangsstörungen.
Im Nachbarhause, Rauscherstraäe 19, sei ein Schneidermeister namens xxx, der zehn Maschinen mit Gleich- oder Wechselstrom verwende, und ein gewisser xxx betreibe im Hause Kunzgasse 5 zwei Motoren.
Hausparteien hätten zu einer Zeit bei der Erstbeklagten wegen Rundfunkstörungen Beschwerde erhoben, als letztere gar nicht genäht habe, so daß die Störung von dritter Seite erfolgt sein mässen.
Auch die Beklagten haben bei ihrer Radioanlage Störungen, wenn die Nähmaschinen nicht im Betriebe seien. Anderseits hätten sowohl die Beklagten selbst, als auch ihr Wohnungsnachbar tadellosen Empfang, wenngleich die Nähmaschinen in Funktion seien.
Bestritten werde, daä bis spät in die Nacht mit den Nähmaschinen gearbeitet werde.
Die Beklagten hätten sich äbrigens nicht geweigert, einen Störschutz anbringen zu lassen, und seien, wie bisher, bereit, ein Siebentel der Kosten des Störschutzapparates zu tragen.
Zu Beweiszwecken wurden die Zeugen ... vernommen und erfolgte ein gerichtlicher Augenschein unter Zuziehung dieses Sachverständigen.
Als unbestritten, beziehungsweise auäer Streit gestellt (siehe Blatt 24 verso und 28 vo), steht fest: Jeder der drei Kläger hat im Hause Wien, XX., Kunzgasse 4, als Mieter eine Wohnung inne und besitzt und benätzt dort eine Rundfunkanlage (Lampenapparat). Das beklagte Ehepaar bewohnt in dem nämlichen Hause eine Wohnung, deren Mieter der zweitbeklagte Gatte ist und in welcher die Erstbeklagte auch eine gewerbliche Näherei unter Verwendung von zwei mit elektrischem Strom angetriebenen Nähmaschinen betreibt. In dem genannten Hause ist bis zum Oktober 1930 Wechselstrom eingeleitet gewesen, seither ist dort Gleichstrom eingefährt.
Die Erstbeklagte betrieb in der angefährten Wohnung ihre beiden Nähmaschinen schon vor dem Oktober 1930, natürlich mit Wechselstrom, und seit Oktober 1930 mittels Gleichstrom.
Die Kläger nahmen ihre gegenständlichen, mit Gleichstrom betriebenen Lampenapparate erst nach dem Oktober 1930, und zwar Erstkläger im November 1930, die anderen Kläger zu Weihnachten 1930, in Verwendung. Erstkläger hatte vor Oktober 1930, beziehungsweise November 1930, zuerst einen Detektor und nachher einen Lampenapparat fär Wechsel-Strom in dieser Wohnung im Gebrauche, den er nach einfähren des Gleichstromes im Hause fär Gleichstrom umbaute und, nachdem bereits die Erstbeklagte ihre Nähmaschinen auf Gleichstrom umgestellt hatte und mit solchem betrieb, mit Gleichstrom in Verwendung nahm.
Auf Grund der angefährten Beweise gelangte das Gericht zu nachstehenden Feststellungen;
Gleichstrommotoren kännen zweierlei Störungen bei Rundfunkempfängen verursachen, einmal die durch den Kollektor des Motors entstehen, und dann solche, die durch das Ein- und Ausschalten des Motors Zustandekommen.
Die Störenden Hochfrequenzwellen nehmen vom Motor aus ihren Weg teils durch den äther, teils durch die elektrische Leitung. Ua im vorliegenden Falle Lampenapparate der Parteien und die Motoren der Nähmaschinen der Erstbeklagten aus demselben Lichtnetz gespeist werden, gelangen die von den gegenständlichen Nähmaschinen ausgehenden Hochfrequenzstrahlen auf beiden Wegen in die Wohnungen und zu den Rundfunkanlagen der Kläger.
Während nun die an den Kollektoren, an denen der Strom bei Betrieb fortwährend geschlossen und unterbrochen wird, entstehenden Hochfrequenzwellen beim Empfange durch die verhältnismäßig unempfindlichen Radioapparate des Erst- und Drittklägers (Halbnetzempfänger) keinesfalls wesentliche Störungen hervorrufen, wurden beim Vollnetzempfänger des Zwcitbeklagten anläßlich des unter Zuziehung des Sachverständigen Professor Dr. xxx am 16. Dezember 1931 durchgeführten gerichtlichen Augenscheines starke Kollektorstörungen festgestellt, die den Empfang unmöglich machten.
Ein Beweis hiefür, daß sonstige (frühere) Kollektorstörungcn durch die Motoren der Erstbeklagten erfolgt wären, ist nicht erbracht. Lediglich Zeugin xxx bestätigte, daä sie im Jänner 1931 einmal zugegen war, wie Frau xxx (Gattin des Zweitklägers) bei den Beklagten erschien und sich über fortwährende Rundfunkstörungen beschwerte. Welcher Art diese Störungen gewesen sein sollen, oder überhaupt etwas Näheres konnte sie aber nicht angeben.
Es kann daher auch hinsichtlich des Zweitklägers die Klagefundierung in Richtung von Kollektorstörungen durch die Motoren der Beklagten nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht als berechtigt festgestellt angesehen werden.
Auf Grund der angeführten Beweise steht andererseits fest, daß die beiden Motore der Beklagten bei ihrem Ein- und Ausschalten sowohl bei den Empfangsapparaten der Kläger, als auch bei denen der Hausparteien xxx und xxx Störungen des Empfanges verursachen. Diese Störungen überdecken im Augenblicke des Ein- oder Ausschaltens den Empfang, sind lästig und müssen bei Wiederholungen in kürzeren Intervallen, wie der Sachverständige begutachtete, als arge Störungen, als RadioStörungen bezeichnet werden.
Da der Betrieb der Nähmaschinen ein periodischer ist, so ist es selbstverständlich, daä besonders bei gewissen Näharbeiten, wie kurzen Nähten, durch das oftmalige Ein- und Abstellen der Maschinen bis zur Unerträglichkeit gesteigerte Störungen auftreten. Anläßlich des gerichtlichen Augenscheines wurde festgestellt, daä die in Rede stehenden Störungen durch das Ein- und Ausschalten in Zeitabständen von zwei bis drei Sekunden, zeitweise in größeren Zeitintervallen, erfolgten.
Es liegt also zweifellos eine Radiostörung durch die Motoren der Beklagten vor.
Dies umso mehr, als durch die erhobenen Beweise, insbesondere die Aussagen der Zeugen ..., feststeht, daß die Nähmaschinen der Beklagten von 7 Uhr früh bis gegen 19 Uhr abends in Betrieb gehalten wurden.
Die Aussagen der bei der Beklagten in Stellung befindlichen Weißnäherin xxx, daß höchstens bis 8 Uhr abends genäht wurde, erscheint gegenäber den Aussagen der anderen angeführten Zeugen unglaubwärdig und mag vielleicht darauf zurückzuführen sein, daä sich diese Zeugin gewöhnlich bereits um 8 Uhr abends von der Arbeitsstätte zu entfernen pflegte.
Jedenfalls erfolgten die Störungen auch während der Hauptsendezeiten des Rundfunks am Vor- und Nachmittage und sind sie deshalb und wegen ihrer verhältnismäßig großen Periodizität als solche anzusehen, die über das gewöhnliche Maß hinausgehen, womit jeder Rundfunkhörer sonst rechnen muä.
Die Feststellung, daä die in Rede stehenden Störungen durch die Maschinen der Beklagten erfolgt sind, könnte insbesondere auch deshalb mit voller Sicherheit erfolgen, weil bei den Versuchen die Ein- und Ausschaltungen der Nähmaschinen zu besprochenen Zeiten in fünf verabredeten kurzen Intervallen vorgenommen und bei den Empfangsapparaten der Kläger zu denselben Zeitpunkten wahrgenommen und gezählt wurden. Naturgemäß wurden bei den Versuchen auch von anderen Störquellen herrührende Störungen wahrgenommen, so von Rückkopplern, dann Geräusche durch andere in- und ausländische Sender.
Auch wurde festgestellt, daä bei Ein- und Ausschalten der Lichtleitung gleich starke Störungen wie bei Schaltung der Nähmaschinen der Beklagten eintraten.
Doch können diese mit den Störungen der Maschinen nicht in eine Linie gestellt werden, da sie erfahrungsgemäß nur einige Male in größeren Zeitabständen während des Abends erfolgen.
Aus dem Gutachten des Sachverständigen geht weiters hervor, daä die Störungen mit dem Verwendungszwecke der Motoren nichts zu tun haben und daä Ihre Behebung nach dem derzeitigen Stand der Technik mit verhältnismäßig billigen Mitteln mäglich ist, ohne daß hiebei eine Beeinträchtigung der Leistungen der Maschinen eintreten wärde.
Es wäre ein käuflicher Störschutzapparat in der Preislage von öS 30 bis 40 anzubringen, beziehungsweise wären die Maschinen auch auf Symmetrie umzuschalten, was etwa öS 5 kosten würde. (Anmerkung: Gleichstrom wurde mit einem Dreileiter System in die Häuser geführt -220V/0/+220V.)
Eine Störbefreiung ist aber nur durch diese Vorkehrungen an den Maschinen, also an den Störquellen, nicht aber an den Empfangsapparaten möglich. Es steht also fest, daß die von den zwei Elektromotoren der Beklagten, mit denen sie ihre Nähmaschinen betreibt, ausgesendeten elektrischen Schwingungen einerseits durch die Raumstrahlung als Ätherwellen, andererseits im Wege des gemeinsamen Leitungsnetzes, also als gerichtete Hochfrequenzwellen in die Wohnungen der Kläger und dort zu ihren aus der elektrischen Leitung gespeisten Rundfunkempfangsgeräten dringen und hiedurch den Rundfunkempfang auf die festgestellte Art Stören.
Es ist nun die Frage zu untersuchen, ob das geltende Recht zur Abwehr dieser Störungen, die nicht an den Empfangsgeräten der Kläger unschädlich gemacht werden kännen, sondern nur an der Störquelle (also den Elektromotoren der Beklagten) ganz oder teilweise zu beseitigen sind, eine Handhabe in Richtung des Klagebegehrens bietet.
Hiebei kann, da in Österreich eine bezügliche lex specialis noch nicht besteht, lediglich auf die Normen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches zurückgegriffen werden.
Von diesem kommen die Bestimmungen äber die Beschränkungen des Eigentumsrechtes, und zwar § 364 (eventuell 364a) ABGB., in Frage. Diese Gesetzesstelle räumt dem Eigentümer eines Grundstückes das Recht ein, dem Nachbar die von dessen Grund ausgehenden Immissionen zu untersagen.
Als solche führt sie demonstrativ unter anderen auch Einwirkungen durch Wärme und Geräusche, also durch Wellen an. Es besteht darnach kein Zweifel, daß unter den Begriff der Immissionen im Sinne der zitierten Gesetzesstelle auch Licht- und vor allem die gegenständlichen Hochfrequenzwellen zu subsumieren sind.
Also auch Einwirkungen durch letztere von Raum zu Raum begründen bei Vorhandensein der gleich zuersetzenden weiteren Voraussetzungen ein Untersagungsrecht.
Die Voraussetzungen sind im allgemeinen, daß die Immissionen das nach den ärtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Daß der Rundfunk heute zur ortsüblichen Benutzung eines von Menschen bewohnten Grundstückes gehört, bedarf keiner eingehenden Begründung.
Es sei nur kurz auf seine kulturelle, wirtschaftliche und für das öffentliche Leben kaum mehr entbehrliche Aufgabe durch weiteste Verbreitung von wirtschaftlichen und politischen Nachrichten, Vorträgen auf allen Gebieten des Wissens und der Kunst, künstlerischen Darbietungen verwiesen.
Die festgestellten, sich häufenden argen und bis in die Nachtstunden anhaltenden Störungen des Rundfunkempfanges in den Wohnungen der Kläger durch die Maschinen der Beklagten stellen sich demgemäß als wesentliche Beeinträchtigung der ortsäblichen Benützung des Grundstückes seitens der Kläger dar.
Die weitere Voraussetzung der Anwendbarkeit des in Rede stehenden Paragraphen im Sinne des Klagebegehrens, daß nämlich die Immissionen das nach den ärtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten, ist gleichfalls festgestellt. Das Gegenteil hievon zu erweisen, wäre übrigens Sache der Beklagten gewesen.
Dem Einwurfe derselben, daß die Hochfrequenzapparate des gegenäberliegenden Kinderspitales, ein Massageapparat einer im selben Hause wohnhaften Partei, zehn mit Gleichstrom oder Wechselstrom betriebene Maschinen des Schneidermeisters xxx im Nachbarhause und zwei im Hause Kunzgasse 5 von xxx verwendete Elektromotoren Empfangsstörungen verursachen, mag zunächst entgegengehalten werden, daß, selbst wenn dies richtig ist, gleichwohl daä durch den Klägern nicht das Recht genommen wäre, von den Beklagten die Unterlassung der durch ihre Motoren hervorgerufenen Störungen zu verlangen.
Der vernommene Sachverständige gab naturgemäß die Möglichkeit anderer Störungen als durch die Maschinen der Beklagten zu, hat aber bei seinen Befundaufnahmen solche nicht festgestellt.
Anläßlich des gerichtlichen Augenscheines wurden anderweitige Störungen durch Rückkoppler und durch in- und ausländische Sender wahrgenommen.
Jedenfalls geht aus dem Gutachten des Sachverständigen hervor, daß mit Wechselstrom betriebene Maschinen (also möglicherweise auch die des Schneidermeisters Teller) normalerweise Rundfunkstörungen nicht hervorrufen.
Erwägt man noch, daß erfahrungsgemäß die überwiegende Zahl der anderen Benutzer von Hochfrequenzmassage- und -bestrahlapparaten oder anderer ähnlicher Apparate, wie Staubsauger und dergleichen, diese regelmääig in den Tagesstunden und insbesondere während der Vormittagsstunden benutzen, nicht aber in der Hauptsendezeit des Rundfunks von 16 bis 18 und von 20 bis 24 Uhr (Zeuge xxx bezeugte im konkreten Falle glaubwärdig, daä die Hochfrequenzapparate des gegenäberliegenden Ambulatoriums nur zwischen 10 und II Uhr vormittags in Betrieb sind), so kann aus dem Entgegenhalten der anderen von den Beklagten herangezogenen Störquellen doch keineswegs der Schluß gezogen werden, daß die durch die Apparate der Beklagten erzeugten intensiven und während der Hauptsendezeiten des Rundfunks anhaltenden Störungen nicht das nach den ärtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten.
Die Voraussetzungen des Untersagungsrechtes gemäß 364, Abs. 2, erster Satz, ABGB., sind also, zwar nach dem Wortlaute des Gesetzes zunächst für den Grundeigentümer, gegeben.
Nach dem zweiten Satze dieses Absatzes ist eine unmittelbare Zuleitung ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig. Da, wie schon angefährt, die von den Motoren der Beklagten ausgesendeten Hochfrequenzwellen auch als gerichtete. Wellen durch das elektrische Leitungsnetz unmittelbar in die Wohnungen der Kläger geleitet wurden, ein besonderer Rechtstitel hiefär seitens der Beklagten nicht behauptet wurde und auch offenkundig nicht vorliegt, erscheint das Untersagungsrecht unter allen Umständen begründet. Wenngleich seitens der Parteien, insbesondere auch der Beklagten, nicht einmal behauptet wurde, daä es sich bezäglich der Maschinen der letzteren um behördlich genehmigte Anlagen" handle, so sei doch unter Bezugnahme auf den zur Anwendung kommenden § 364 a ABGB. ausgesprochen, daä im Sinne dieser Gesetzesstelle nur statuiert sein sollte, daß niemand wegen Immissionen seitens solcher Anlagen auf eine Unterlassung dringen kann, welche die Betriebseinstellung der Anlagen bedeuten wärde.
Kännen derlei Anlagen nur mit Schädigung anderer gefährt werden, so steht diesen nur ein Ersatzanspruch zu. Ist aber eine Entstörung der Anlage möglich und leistet sie als entstörte die gleichen Dienste, so besteht gleichwohl das Recht auf Unterlassung der bezüglichen Immissionen.
Ein schutzwürdiges Interesse des Unternehmers, die Anlage nicht entstört zu gebrauchen, kann nicht anerkannt werden. Auf der anderen Seite besteht aber das schon ausgeführte bedeutende Interesse am ungestörten Rundfunkempfang, und dieser kann, wie aus dem Gutachten des Sachverständigen hervorgeht, nicht etwa durch Vorkehrungen der Radiohörer, sondern einzig und allein durch Anbringung eines Störschutzes am störenden Motor erzielt werden.
Es ergibt sich daher auch aus der Erwägung der' Interessen das Recht auf Unterlassung der Störungen. Das Gesetz räumt den Gestörten bloß das Recht ein, im allgemeinen die Immissionen zu untersagen, und bleibt es dem Besitzer der Störquellen anheimgestellt, auf welche Art er die Fernhaltung von Störungen bewirken will.
Daß die Möglichkeit hiezu gegeben ist, und zwar mit verhältnismäßig geringfügigen Mitteln, ergibt sich aus den bezüglichen Feststellungen.
Berechtigt, die Immissionen zu untersagen, ist nun allerdings nach dem Wortlaute des Gesetzes bloä der Eigentümer eines Grundstäckes. Es hätten sich danach die Kläger als Mieter zuä nächst an ihren Bestandgeber, den Hauseigentümer, zu wenden, um von ihm Abhilfe zu verlangen, der dann erst wieder gegen die Störer vorgehen müßte, was Verzögerungen und unverhältnismäßige Kosten im Gefolge hätte.
Es ist aber im Sinne des § 7 ABGB. vermöge eines ähnlichkeitsschlusses auch dem Bestandnehmer das Recht unmittelbarer Geltendmachung des Rechtes auf Untersagung zuzuerkennen, zumal die durch die Motoren verursachten Störungen des Rundfunkempfanges sich als Einwirkungen auf die von den klagenden Bestandnehmern ausschließlich bewohnten Teile des Grundstückes darstellen.
Die Kläger sind unbestrittenermaäen im Besitze des relativ dinglichen Bestandrechtes an ihren ihnen vom Grundstäcks-, beziehungsweise Hauseigentämer äbergebenen Wohnungen, sie hätten daher zweifellos wegen Störungen ihres Besitzes, wie die vorliegenden, gegen die Beklagten einen possesorischen Anspruch. Daraus ergibt sich von selbst, daä ihnen auch die petitorische Klage gegen dritte Störer zusteht.
Die Beklagten haben äbrigens die Aktivlegitimation gar nicht bestritten. Bestritten wurde lediglich die passive Klagslegitimation des Zweitbeklagten, und zwar deshalb, weil die Maschinen bloß von der Erstbeklagten betrieben werden. Hiezu ist im allgemeinen zu sagen, daä als Verbotsgegner, gegen den sich das Untersagungsrecht richtet, nicht etwa bloä, wie der Wortlaut des Gesetzes (§ 364 ABGB.) besagen wärde, der Eigentämer, beziehungsweise Besitzer des unmittelbar angrenzenden Grundstäckes zu betrachten ist.
Das Untersagungsrecht steht nicht nur gegen den Eigentümer des Grundes, und zwar gerade des benachbarten, sondern insbesondere auch gegen jeden Bestandnehmer zu, der von seinen ausschließlich bewohnten Teilen des Grundstückes ausgehende Störungen durch Immissionen hervorruft oder pflichtwidrig nicht abstellt.
Unbestritten ist, daß die bezäglichen Störungen aus den von dem beklagten Ehepaar bewohnten Räumen des Gebäudes, und zwar von den dort seitens der Erstbeklagten gewerblich betriebenen Nähmaschinen, ihren Ausgang nehmen.
Dem Zweitbeklagten aber oblag es als Bestandnehmer sowie als Haupt der Familie, die von der Wohnung aus erfolgenden rechtswidrigen Immissionen abzustellen und erscheint er demgemäß passiv zur Klage legitimiert. Es sei noch darauf hingewiesen, daß rücksichtlich des Untersagungsrechtes die Frage nach der Priorität des Störenden oder des gestörten Betriebes unentscheidend ist. Da also alle erärterten Voraussetzungen gegeben erscheinen, erachtet das Gericht in analoger Anwendung des § 364 ABGB. dem auf Unterlassung der Störungen gerichteten Klagebegehren gegen beide Beklagte stattgeben zu sollen.
Die Entscheidung über die Prozeßkosten gründet sich auf § 41 ZPO (Zivilprozessordnung)., wobei noch hinzugefügt sei:
Die Beklagte hat sich wohl, wie aus den Aussagen der Zeugen .... hervorgeht, vor Einleitung dieses Prozesses bereit erklärt (entsprechend der Zahl der Rundfunkteilnehmer im Hause), ein Siebentel der Kosten des Störschutzes zu tragen, und haben beide Beklagte diese Bereitschaft auch bei der ersten Streitverhandlung bekundet, doch ergibt sich hieraus nicht etwa die Anwendbarkeit des § 45 ZPO., zumal den Beklagten, wie aus dem Beweisverfahren hervorgeht, die Beeinträchtigung der Rundfunkempfänge der Kläger bekannt war und sie überdies das als berechtigt erkannte Klagebegehren im Prozesse bestritten haben. Wien, am 12. März 1932. Bezirksgericht Leopoldstadt, A.... "
Sehr gut veranschaulicht dies ein Lehrfilm der Deutschen Reichspost mit dem Titel "Der Störenfried" als Aufkärungsfilm der aber inhaltlich auch auf fast alle anderen Länder übertragen werden kann [Abrufbar in 10]. Dort haben wir ebenso den medizinischen Heilapparat als Quell des Ärgernisses von kompetenten und freundlichen Postbeamten ausgemacht. Ebenso stellen wir o' Wunder, "einen bedauerlichen Mangel an Gemeinschaftssinn" bei den verursachern fest.
Die Prozedur war dabei oft ähnlich den des sprichwörtlichen Zahnarztbesuches: Wenn der Suchtrupp kam gab es keine Störung. Und wenn dann oft nur sehr kurz was eine gezielte Quellenzuordnung, zumeist hinter verschlossenen Wohnungtüren anderer Hausbewohner erschwerte.
Einen Vorteil dazu boten jedoch die damals oft direkt im Stiegenhaus montierten Stromzähler, die mitunter ein kapazitives Abhören der abgehenden Leitungen hin auf Störgeräusche in die Wohnungen ermäglichten.
Natärlich war die Problematik nicht nur auf die Zeit der 1920er bis 1930er Jahre beschränkt.
Bessere Entstörmaßnahmen aller Geräteanbieter aber auch das gestiegene Bewustsein dazu, in Verbindung mit dem zunehmenden Einsatz von Superhet-Überlagerungsempfängern anstelle von Rückkopplern nebst dem neuen (fast) störungsfreien UKW Empfang taten das irige.
Was zumindest in Europa als weitgehend neues Feld hinzukam, das war die KFZ Entstörung mit der stetigen zunahme von Autoradios aber auch ersten behördlich wie auch zivilen mobilen Funkanlagen.
Exkurs: "In den 1980er Jahren, als CB Funk angesagt war und ein Freund des Autors es durchaus zugegeben mit der abgestrahlten HF Leistung wie auch der "Frequenzwahl" etwas großzügig ausgelegt hat, beschwerten sich deren Nachbarn über TVI's also Störungen beim Fernsehempfang. Interessanterweise zu Zeiten wo besagte vermeintliche Verursacher gar nicht zu Hause waren....
Ebenso hat der Vater des Autors in dieser Zeit Störungen am Fernsehempfang bemängelt die höchtswahrscheinlich von den "bösen Amateurfunkern" mit ihren Riesenantennen am benachbarten Gebäude stammen mussten. "Das man so zum Kabelfernsehen getrieben werde" war die Anschuldigung gegenüber den gerufenen Störungsdienst der Post. Die Störungen verschwanden letztlich ohne je einen konkreten Ursacher kenntlich gemacht zu haben."
Beispielgebend das Unternehmen SIEMENS, bot erste batteriebetriebene tragbare Kofferempfangsgeräte. Das Personal des Störsuchtrupps hatte daran einen Kopfhörer angeschlossen und konnte bequem am Tragegriff Einstellungen zum Empfang vornehmen.
Das Aussehen dieser SIEMENS Type finden wir dann angepasst zudem auch in der RADIONE Metall-Kofferempfängerserie (R1, R2, etc.) wieder.
Bild: Das SIEMENS Störsuchgerät Rfss 21 um 1930 als Musterbeispiel für diese Geräteklasse. Gut zu erkennen auch das Sondenrohr das per Hand an die Störquellen geführt wurde. Rechts das SIEMENS Störsuchgerät SuG 33m der Saison 1933/34
Weitere Gerätetypen, womöglich auf Kundenwunsch hin für die "Zentralfunkhilfe der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG)" entwickelt und gebaut kamen hinzu [Siehe auch 9].
In Österreich war dies u.a. KAPSCH mit dem 1936/37er Störsuchgerät.
Das diese Geräteart in ihrer Grundkonzeption (tragbar, Batteriebetrieben, meist konspirativ, peilfähig) her auch zum Ausforschen von Schwarzhörern (Peilen auf die Oszillatorfrequenz beim Superhet) wie auch dem Ausforschen von Schwarzsendern, seien es Bastler, Amateure aber auch politisch motivierte Anlagenbetreiber gut geeignet waren sei hier nur am Rande erwähnt.
Nicht unwesentlich ist jedoch der Unterschied, wonach diese Störsuchgeräte
zumeist eher breitbandig die ebenso einen großen Teil des Frequenzspektrums
abdeckenden Störer aufzufinden hat. Peiler etc. jedoch gezielt bestimmte
Frequenzen aufspüren.
Am Rande seien noch die Störmeßgeräte erwähnt, die oft zugehörig zu den Störsuchgeräten dann auch eine messtechnisch quantifizierbare Erfassung der Störfrequenzen wie auch deren Spannungsgröße und Spektrum ermöglichten [Siehe auch 9].
Die Thematik der Störungen wurde wohl eher früher als später auch den Erzeugern und Verkäufern dieser Heilapparate wie zum Teil auch anderer Elektrohaushaltsgeräte bewusst.
So bedarf es in vielen Fällen lediglich des Einbaues von zumeist günstigen Abblockkondensatoren bzw. Siebdrosseln um dieserlei Störabstrahlungen auf ein erträgliches Minimum zu reduzieren.
Bild: Prospektblattauszug 1931 der Fa. Wilke für Entstörmaterial für Motoren und anderes [7]. Bekannte Hersteller waren u.a. KATHREIN, Hydra und Wego.
Dort wo ein Einbau im Gerät nicht möglich war bediente man sich der "Störschutz" Apparate bzw. Vorschaltkästchen an denen dann der Hochfrequenz-Heilapparat aber auch eine Nähmaschine mit den Standard Steckern angeschlossen werden konnte.
Ein stellvertretender Hersteller der Heilgeräte war gleichzeitig auch der Hersteller von einem Radio-Störschutz "VINDOBONA" ges. gesch. fär Hochfrequenz-Heilapparate.
Ein weiterer die Wiener Firma KAPSCH mit ihrem "Störschutz" Vorschaltgerät
Der Helio-Lux Störschutz (als Vorschaltgerät)
Oder das Berliner Hydrawerk mit dem Hydra Störschutz 6000 Zwischenstecker (Dieses Unternehmen lieferte gleich die Literatur: "Kondensatoren für die Rundfunkentstörung" HYDRAWERK, März 1937 mit zum Thema.)
Katalog über Störschutzgeräte für Radio und elektrische Motoren, 16 Seiten, um 1935 von Czeija und Nissl, Radio Hekaphon Österreich
LAMPRA-Störschutz, (ges. gesch.) vom Hersteller Otto Penner, Berlin O34, Königsbergerstraße 20, (Bekannte Modelle SC1 - SC5 sowie C1)
TELO, Marke der Sandvoss & Co. Hamburg
Bild: So wie der Arzt immer sein Stetoskop dabei hat, so hat der Rundfunkmechaniker stets die SIEMENS Störschutz-Taschenpackung STP1 mit zu jedem Einsatz im Kampf gegen Rundfunkstörungen gleich Vor-Ort [© Bildnachweis SIEMENS 6/S.90]. Praktisch zusammengestellt erkennen wir die Entstörkondensatoren und wohl auch Drosselspulen.
Rechts zum Anklicken: Auszug aus einem Deutschen Radiobauteilekatalog um 1939 für übliche Entstörmaßnahmen [11]
Bild: Weiters bot HELIOGEN einen Störschutzkatalog an (anklicken!), sowie LAMPRA (Otto Penner), oder der TELO Radiostörschutz für Störer und Empfänger
Proaktiv wiederum konnte der Rundfunkteilnehmer mit einer "Schutzantenne", letztlich einer Form einer Hochantenne mit abgeschirmter Ableitung zum Rundfunkgerät seinen Beitrag für einen störungsarmen Empfang leisten was aber wieder eine weitere Geschichte wäre. Stichwort "Gemeinschaftshochantenne".
Vielfach galt es so auch für die Verkäufer von Rundfunkgeräten erst ein Bewusstsein für bessere Antennen wie auch Zubehörmaterial durch Gespräche wie auch Vorführungen und Veranschaulichungen zu schaffen.
Laut SIEMENS, sollte es in den Geschäftsräumen gar eine "Störschutzecke" geben, in der neben zugehörigen Hinweisschildern im Schaufenster auch der "SIEMENS-Störschutzkoffer" nebst dem Störsuchgerät sowie dem Isolationsprüfer aufgebaut sein sollte [6].
Letztere werden aus Kostengründen sicher nicht in jedem Verkaufslokal oder Radio-Haus vorhanden gewesen sein.
Ebenso galt es auch damals schon, nicht nur das relativ günstige Entstörmaterial sondern auch die Beratungs- und Dienstleistung des fachgerechten Einbaues verkaufen zu können.
Ein Dauerthema, das sich bis in unsere Zeit erhalten hat!
Seitens des übergeordneten Gesetzgebers wurde an der Ausarbeitung eines "Funkschutzgesetzes" gearbeitet (1934 in D).
Für Österreich setzte man 1932 die das Thema mit abdeckende Starkstromverordnung in Kraft.
"Vindobona" Hochfrequenz-Elektroden fär Hochfrequenz-Behandlung, von Ing. Otto Graf, Wien III, Rennweg 50, Eigene Erzeugung Elektromedizinischer u. Technischer Apparate. mit einem Apparat bestäckt mit wahlweise 4, 7 oder 12 Elektroden
Wohlmuth-Zentrale, Schlachters bei Lindau
Helios - Erzeugung von Hochfrequenz Bestrahlungsapparaten, Linz/Donau, Franz Gischka, Hessenplatz 10 Hochfrequenz Bestrahlungsapparat
Angu-Lux, ges. gesch., made in Germany
C. Nicolai, Hannover
Fabrik elektrischer Apparate, P. Kätsch, Sämmerda in Thüringen
IXU - Condensateurs Electricite Medicale,
Die Eumig Eumigette 382W - Ein Radio als Beitrag zum Wirtschaftswunder |
Der PHILIPS LC2000 Videoprojektor und frühere professionelle Videoprojektionstechnik |
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Die SIEMENS Nachrichtentechnik - Fernmeldegerätemesspark der ÖBB im Museum |
© Wolfgang Scheida / Wien, 10/2022
zu www.scheida.at/scheida/televisionen.htm gehärend
Letzte Überarbeitung: 09.05.24