Bild: Der Minerva Color 680, Ein Zeugnis österreichisch-Wiener Ingenieurskunst. Prospektblatt von Minerva. ANKLICKEN für die Textseite!
Am 1. Jänner 1969, mit der Übertragung des Neujahrskonzerts, nach vorangegangenen Versuchssendungen u.a. seit dem 7.12.1965 auf dem UHF Kanal 24 des 2. ORF Fernsehprogramms vom Wiener Sender Kahlenberg ausgestrahlt war es dann soweit das von nun an offiziell auch Österreich zu den Ländern mit einem Farbfernsehdienst aufschloß.
Hier darf auf vorangegangenene Beiträge des Autors zum Thema verwiesen werden. Siehe dazu auch unten meine LESETIPS über die Fernseh- wie auch Farbfernsehanfänge in der BRD wie auch der DDR. Von den USA als Pioniere in Sachen (Farb-)Fernsehen ganz zu schweigen.
Dieser Beitrag soll das Farbfernsehgerät, den Color 680 des Wiener Unternehmens Minerva, W. Wohleber & Co. beleuchten.
Ein Gerät welches ich hier nicht nur als trockene Theorie vorstellen kann, sondern, tatsächlich in meiner Lehrzeit die schon deutlich nach der Zeit des "680ers" stattfand, wir Lehrlinge im Theorieunterricht in der Grundig Lehrwerkstätte in Wien Meidling den "680er" noch in allen Details der Schaltung im positiven Sinne mit dem zwischenzeitlich bereits leider verstorbenen Ausbilder durchexerziert hatten.
Der noch voll in diskreter Schaltungstechnik in hybriden Röhren - Halbleiteraufbau gehaltene Apparat ist somit eine Analyse auch heute im Jahr 2022 noch Wert, da ein Verstehen der zu grunde liegenden Technik hier am einfachsten möglich ist.
Den Anlaß zu dem Artikel machte ein zusammenhängendes Konvolut an Unterlagen auf Willhaben.at das ich zu fairen Konditionen erwerben konnte. Gekauft mit der Absicht es für diesen Beitrag verwenden zu wollen.
Der Umfang des Konvoluts behandelt dabei gleich die ganze erste Minerva Farbfernsehära, die den wirtschaftlichen Umständen geschuldet zudem in genau dieser Zeitepoche vom eigenständigen Wiener Unternehmen W. Wohleber & Co. ein Teil der Deutschen Grundig AG wurde.
"Nun führte Fr. RISSEL-WOHLEBER das Unternehmen bereits 18 Jahre nach dem Tod ihres Mannes. Sie hat das Werk mit großem Erfolg weitergeführt, erweitert und schließlich auch im Interesse der Weiterführung an die Fa. GRUNDIG A.G., Fürth/ BRD, verkauft."[1]
Mit dieser Literatur wurde der Minerva Händlerpartner, der in der Regel auch Servicepartner war langsam und "modular" in kleinen Häppchen verdaubar mit der neuen Technik des Farbfernsehens vertraut gemacht.
Was allen späteren Fernsehtechnikern ein aus der Zeit stammendes Relikt wurde, nämlich das Reparieren reiner s/w Fernsehgeräte, was "zu meiner Zeit" in den 1980er Jahren zudem schon zum Auslaufmodell mutiert war, das war 1967/68 für die damalige Technikergeneration wohl zumeist umgekehrt in der Wertigkeit und Häufigkeit angesiedelt.
Hatten die Einen womöglich eine solide Fachausbildung, so gab es aber auch viele die sich "nur" autodidaktisch als reine Radiomechaniker, vielleicht unterstützt durch Kurse und Schulungen der Industrie an das damalige Thema des s/w Fernsehens ab 1955 herangemacht hatten.
Der Service reiner s/w Geräte, und ich bleibe hier bewußt oberflächlich ohne die Leistung der Altvorderen schmälern zu wollen, reduzierte sich in Summe anteilsmäßig auf den Austausch von verbrauchten Röhren sowie dem Wechseln des Zeilentrafos oder sonstiger sich schon durch den Gestank und der Optik erkennbarer verschmorter Bauelemente wie defekter Kondensatoren. Selbst Minerva nennt das Kind in seinem Schreiben an Geschäftsfreunde beim Namen wenn es dort um Service der s/w Fernsehen heißt, "es werden erfahrungsgemäß Röhrendefekte sein.."[]
Mit dem Aufkommen der Transistorschaltungen wie eben auch den neuen Farbfernsehgeräten mit ihrer eigenen weit komplexeren Schaltungstechnik, Stichwort Chromaschaltung, PAL Dekoder und Konvergenzschaltung galt es mitunter viel tiefer in die Materie eintauchen zu müssen und auch das dafür nötige neue lernen zu pflegen was mitunter nicht jedem gelang.
Wie dem Autor bekannt, war da auch so mancher Hobbytechniker dabei, der sich das dann "nicht mehr antun wollte" und folglich so nach und nach aus dem Thema mit dem Auslaufen der s/w Gerätetechnik ausgestiegen ist.
Wer empfangen werden will, muß zuerst senden!
Und das bei drei bis viermal so hohen Kosten auf der Sende- wie auch der Empfängerseite, weshalb man einerseits den Absatz der s/w Geräte noch für einige Jahre sichern wollte, wie auch die Überlegung vorherrschte, wonach Farbfernsehgeräte für die Masse der Bevölkerung noch lange unerschwinglich bleiben würden.
Nachbarländer wie Deutschland taten dies, bezogen auf die offizielle Einführung der PAL Farbfernsehsendungen bereits seit August 1967. Die Schweiz folgte am 1. Oktober 1968, was zahlungskräftigen Zaungästen im Westen und Norden Österreichs ab dann auch einen farbigen Horizont ermöglichte.
Auf diesen Umstand, und dem damit verbundenen Déjà-vu 13 Jahre zuvor mit ebensolchen ersten s/w Fernsehausstrahlungen lediglich aus unseren Nachbarländern einstrahlend nimmt Minerva in seinen Mitteilungen an Geschäftsfreunde im Juni 1967 (!) bezug.
Mit der Begründung, das ein nicht unbeträchtlicher Teil der (gebührenpflichtigen) Fernsehteilnehmer das seit dem 11.9.1961 ausgestrahlte 2. Versuchsprogramm auf UHF beginnend mit dem Kanal 24 von Sender Wien-Kahlenberg noch gar nicht in brauchbarer Qualität empfangen könne und man zuerst diesen Zuseherkreis erschließen müsse schob man seitens des ORF's elegant das Thema der Einführung des Farbfernsehens in die Zukunft [].
Was nicht heißt, dass sich die Verantwortlichen und Techniker der ORF Sendeanstalt nicht schon längst mit der Materie befassten und zukünftige Sendestunden schon einmal vorproduzierten. "Die Produktion einer "farbigen" Programmreserve ist inzwischen bereits angelaufen" hieß es zum Thema.
1967 gab es dreimal wöchentlich ausgestrahlte Farb-Versuchssendungen und zur Wiener Herbstmesse gar ein tägliches Programm um die Besucher auf das Farbfernsehen ein wenig einzustimmen.
Zuvor kam jedoch 1965 noch für die österreichische Industrie die anfängliche Unsicherheit hinzu, ob nicht letztlich doch noch zum französischen SECAM Farbverfahren anstelle von PAL votiert werden würde.
Zeitungsauszug: Als es für die Industrie 1965 noch ein Glücksspiel war was da in Sachen Fernsehstandard, ob SECAM oder PAL kommen würde. Zum PAL Erfinder Walter Bruch selbst lesen Sie hier!
Dies hätte zwar am Grundaufbau eines Farbfernsehgerätes wenig geändert. Die Detail Entwicklungsarbeit für einen PAL Dekoder wäre aber wirtschaftlich gesehen verloren gewesen.
Erst am 7.2.1967 sorgte ein Ministerratsbeschluß für die Gewissheit, dass nunmehr in Österreich ebenso PAL als Farbfernsehstandard eingeführt wird [].
Die Testausstrahlungen im Großraum Wien bedeuteten jedoch im Umkehrschluß, das es vielfach Regionen im Land gab, die zwar kein Versuchsfarbfernsehen empfangen konnten jedoch sehr seitens der zukünftigen Käuferschicht, mehr aber noch seitens der Techniker darauf hin geschult werden mussten.
So boten eben generell alle großen Marktteilnehmer Literatur wie auch Schulungsprogramme zum Kennenlernen des Farbfernsehschaltungstechnik und deren Grundlagen an.
Minerva geht in seiner Aussendung der Schulungs- bzw. Serviceunterlagen beim Color 680er gleich darauf ein, wonach "in ihrem Gebiet heuer (1967 in vielen Bundesländern) kaum eine Möglichkeit besteht Fernsehen in Farbe zu empfangen".
Die Literatur diente in Folge dazu, um dennoch letztlich von Anfang an beim Farbfernsehen dabei sein zu können.
Hinzu kam, dass aufgrund einer Vereinbarung mit der Geschäftsstelle der öst. Radioerzeuger die Auslieferung von Farbfernsehempfänger nicht vor dem 1. Juli 1967 zu erfolgen hatte.
Bild: Schriftauszug von Minerva an in Sachen Farbsignalen unterversorgte Geschäftsfreunde von 1969
Nach dem Eröffnungsdatum ging es wieder nur mit Versuchsprogrammen und zugekauften bzw. Eurovisionsübertragungen weiter. Farbfernsehen galt weiterhin als reiner Luxus.
Bild: Auszug aus der Arbeiterzeitung zur "Mondnacht" am 20. Juli 1969 mit Hinweisen auf Farbfernsehsendungen >F<. Rechts: Eine Kennung für Farbfernsehübertragungen im Deutschen Fernsehen.
zum Zeitpunkt der PAL Farbfernseheinführung in Österreich am 1. Jänner 1969 und dem zugehörigen zeitlichen Umfeld davor und dannach:
EUMIG hatte ebenso noch Entwicklungen am Farbfernsehen durchgeführt.
Die Abkehr aus dem Radio- und TV Geschäft noch in den 1960er Jahren ließ
naturgemäß hier keine Modelleinführung mehr zu. |
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INGELEN bot 1967 nach dem Verkauf an ITT, ITT bzw. Schaub-Lorenz Geräte des SEL Konzerns an. INGELEN Weltblick C 6000 Farbfernsehgerät (Gemeinschafts Chassis des SEL -Konzerns) SCHAUB LORENZ Weltspiegel T 400 Color (Vertrieb Ingelen) |
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KAPSCH bot die Modelle "Idochromat" mit nur mehr
5+1 Röhren an. Die Herkunft dürfte der Deutsche baugleiche Telefunken PALcolor 739 T gewesen sein. |
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KÖRTING Austria bot den Videocolor an. Ein Gerät, das auch unter anderen Namen als OEM Produkt z.B. von Neckermann als Weltblick Color-Supermatic angeboten wurde. In Österreich könnten diese Geräte über das Quelle Versandhaus mit lokalem Service angeboten worden sein. |
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MINERVA war mit seiner hier beschriebenen echten Eigenentwicklung des MINERVA Color 680 vertreten. Mit öS 19.980,- Schilling galt er zudem als einer der "kostengünstigsten". | |||
Unternehmen wie PHILIPS und Tochterfirma
HORNYPHON konnten auf bereits fertige Konzepte aus den Niederlanden wie
auch Deutschland mit dem K6/K7 Chassis (Model X25K121/xx) als Royal-Color Modelle
zurückgreifen. (Konzept: Ballastriode) zu öS 23.950,- |
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RADIONE bot das Hybrid
Modell FFS 9063 ab ca. 1970 an. Ob dies eine Eigenentwicklung war ist noch zu prüfen. |
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SIEMENS wird ebenso Deutschland Geräte importiert haben. | |||
TELEFUNKEN (Deutschland) war ohnehin der Erfinder von PAL. Der Import von dort liegt auf der Hand. | |||
Hersteller, besser gesagt "Assemblierer" wie etwa das Unternehmen >Elektrohansa< mit seinen "Hansamatic Gold s/w TV's" war mit eigener Entwicklungsarbeit hier nicht dabei und bediente sich Jahre später der Philips Technik! | |||
Gleiches gilt für ELIN, Idomatic, Fredomatic und
andere zum Teil Italienimporte. B&O war mit dem Beovision 2800 ebenso mit von der Partie. |
Durch diese hohen Kosten musste die "DIVIDENDE" für die Mitarbeiter wieder gestrichen werden.
Der Fernsehmechaniker war da naheliegenderweise bereits mit der s/w Technik seit 1955 gut vertraut.
Dies war zudem auch eine Frage des Aufwandes für den Transport! Waren von "Athleten" abgesehen, in der Regel zwei Mann zuzüglich für den Transport ein geeignetes (größeres) Fahrzeug erforderlich, so genügte sonst für den Heimservicetechniker mitunter gar der Puch 500 (Fiat 500) und sein Werkzeugkoffer (Lesetip).
(Hier angeführt werden nur wesentliche Eigenschaften die über das obligatorische vom s/w Fernsehen bekannte hinausgehen)
Die Augen der Zuseher und deren Gäste mussten erst behutsam an das neue Bilderlebnis herangeführt werden.
Bild: Seitenansicht - "Nur" ein kleiner Tubus vertieft mit 11 cm das Gehäuse. Bild v. Minerva.
Der Minerva Color 680 PAL Farb-TV erlaubt die intensive Schaltungsanalyse wo noch alles diskret und damit einfach zu erkennen in Röhren-Transistor Hybridtechnik aufgebaut war.
Der Teil, der am ehesten noch mit herkömmlicher für den Techniker bekannter s/w Technik einher ging, das waren der Tuner, ZF-Teil, Ablenkstufen, Netzteil, und die Audio Stufen.
Bild: Blockschaltbild sowie Ansicht des dreigeteilten Chassis im Original von hinten
Das Netzteil beinhaltet für die Bereitstellung der Niedervoltspannungen einen Transformator, der auch die Bildröhre getrennt vom für den Rest der Röhren üblichen Serienheizkreis mit den 6,3 V versorgt.
Wobei auch hier im Signalteil häufig die bezogen auf damals auch noch relativ neue Transistortechnik zum Einsatz kam.
Bild: Das Chassis voll bestückt mit allen drei Modulgruppen. Bild v. Minerva.
In insbesonders den Leistungsstufen taten nach wie vor Röhren die Arbeit:
PCL 86 als NF Endstufe
PL 802 als Y-Signal Videoendstufe
Von Relevanz ist die hier gewählte getrennt realisierte Zeilenendstufe und Hochspannungserzeugung:
Zeilenendstufe: Minerva wählte hier die PL504 & PY88 sowie einen Halbleitergleichrichter für die Gewinnung der Fokusspannung. Die Konvergenzeinheit wird ebenso hieraus versorgt.
Die PL509 & PY500 mit der GY501 bilden die 25 kV Hochspannungsgewinnung die in niederohmiger Schaltung hier im Gegensatz zum Wettbewerb (Philips) sowie den USA Schaltungen wirtschaftlicher ohne einer Ballasttriode und damit der Gefahr einer erhöhter Röntgenstrahlung auskommt. Zum Vergleich: Telefunken/Kapsch "schaffte" um 1969 mit nur dieser einen Endstufe und einer Hochspannungskaskade den gesamten Horizontal Teil.
Zur Erinnerung, die Schattenmaske "schluckte" gar bis zu 80% des Strahlstromes die folglich bei zudem noch leuchtschwachen Phosphors entsprechend wenig Helligkeit erzeugten!
Der theoretische Vorteil dieses Konzepts liegt in der jeweils niedrigeren Belastung der Stufen, und da getrennt, einer einfacheren zudem stabileren Regelung.
Die Hochspannungsregelzeitkonstante arbeitete dabei auf unter 1ms.
Bild: Chassisansichten von der Bestückungsseite her. Bild v. Minerva.
Ohne die Komplexität für den damaligen in Sachen Farbfernsehen noch weitgehend unbedarften Techniker zu ignorieren, so war das Gerät in jeder Hinsicht servicefreundlich konzipiert.
Auch die Konvergenzeinheit mit 18 Reglern konnte dort wo es sinnvoll war, nämlich an der Gerätefront unten hinter einer Klappe eingestellt werden. Ebenso waren die Serviceschalter für das Wegschalten von Blau und Grün für die Farbreinheitskontrolle vorne angebracht.
Der Diodentuner anstelle einer mechanischen Programmtastenlösung war der gewünschten Wiederkehrgenauigkeit geschuldet, da ein wegdriften der Frequenz ebenso zu Moiréstörungen und damit einem Kundendienst verlangt hätte.
Neu für die Techniker war das nunmehrige Erfordernis der 700 nS Laufzeitanpassung des Y-Signals im s/w Teil.
In Verbindung damit wurde auf die bereits bekannten Erfahrungen der Techniker zur "Gruppenlaufzeitkurve" im ZF Verstärker verwiesen.
Ebenso wurde die nunmehrige Filterung des Farbhilfsträgers, der mit der Ton ZF sonst ein ca. 1 MHz Störmuster erzeugen würde erläutert (33,4 MHz Ton-ZF zur 34,47 MHz Farb ZF).
Das Rundschreiben Nr. 4, zugesendet im Juli 1967 zum Minerva Farbfernsehen geht nun (endlich) auf den Aufbau des eigentlichen neuen Chromateils über.
Dabei verweist Minerva nicht nur auf die eigene Literatur, sondern lädt ein die Grundlagen wenn auch nur Ausschnittweise in der Broschüre >FF Farbfernsehen von Dr. Ing. Klaus Welland, herausgegeben vom Franzis Verlag< zu lesen bzw. zum tieferen Verständnis zu studieren.
Bild: Ein gefragter Buchtitel seitens Minerva aber auch anderer Industrieunternehmen in den Tagen der PAL Einführung. Blaupunkt Deutschland (Bosch) gab selbst ebensolche zum Teil sehr umfangreiche Literatur heraus. Auch bot u.a. SEL (ITT-Lorenz) einen kompletten Fachlehrgang Farbfernsehtechnik gar mit PAL Coder an!
Hinzu kamen lokal veranstaltete Fachvorträge zum Thema Farbfernsehen, wie u.a. auszugsweise erwähnt, der von Dr. Emil Kriz, Philips mit dem Titel "Der heutige Stand des Farbfernsehens - 1967", [Nachzulesen in ].
Hier bei Minerva sind wir ausschließlich halbleiterbestückt unterwegs. Die Platte (das Modul), wie obig schon erwähnt, ist zudem vollständig aus dem Gerät herauslösbar und schaltungstechnisch überbrückbar um auch ohne dem Farbteil im Falle eines komplexeren Defekts den s/w Fernsehempfang beim Kunden sicherzustellen.
Selbst die Farbdifferenzendstufen B-Y, R-Y & G-Y sind schon mit gekühlten Leistungstransistoren BF178/BF179 bestückt, mit dem Vorteil, das in dieser Technikbeschaltung "nur" bis zu 1,3 MHz Farbauflösung verstärkt werden müssen!
Bild: Die Platte III - das Chroma bzw. Farbdekodermodul. Zu erkennen sind die drei Farbdifferenzendstufen Transistoren samt Kühlsterne sowie die V-PAL Glas-Verzögerungsleitung. Mild v. Minerva.
Die Dekoder-Schaltung folgt weitgehend dem PAL Grundprinzip wie es in der Fachliteratur ab etwa 1963 nach der PAL Systemvorstellung, siehe oben, kommuniziert wurde und ab 1965 bis 1967 im Ausland zudem Industrielösungen dafür entwickelt wurden.
Bild: Das PAL Dekoderschaltungsgrundprinzip (Blaupunkt/BOSCH)
Vom Hauptnetzteil kommend werden am Modul 15 V unstabilisierte Gleichspannung für das Modul mit 18 Transistoren bereitgestellt.
Von der Schaltplatte I wird am Y Verstärker die Farb ZF (4,43 MHz) abgenommen und auf der Platte 3 mittels eines dreifachen Farb-ZF Verstärkers verstärkt und das Farbartsignal an die 64 µS DL1b (Delay Line - Verzögerungsleitung) angelegt.
Diese ist in V Form aufgebaut. Am Glaskörper, hergestellt mit temperaturstabilisierenden Spezifikationen sind ein Eingangs- sowie ein Ausgangspiezzoelement angefügt dass die elektrische Übertragung (Verzögerung) in den Ultraschallbereich und wieder zurück ermöglicht.
Der Ausgang der Farbartsignal-Verzögerungsleitung gelangt direkt an die Farbart Differenzsignalverstärker R-Y und B-Y aus deren Ausgangssignal per Matrix wiederum das G-Y Signal gewonnen wird und die Bildröhre an den drei G1 Anschlüssen ansteuert.
Nicht unbedeutend scheint mir das Detail, wonach der Y bzw. s/w Kontrastregler >K< mechanisch per Tandempotentiometer auch den Farbkontrast >FK< mitregelt.
Der Farbstärkeregler >FS< hingegen ist getrennt ausgeführt.
Bild: Schaltungsdetail: Regelung Farbkontrast und Farbstärke
Bilder: Ein 680er Blockschaltbild zum Studieren wie aus dem Lehrbuch. Im Schaltungsdetail der diskret aufgebaute Halbleiter PAL Farbdekoder. Bild 2: Die Y Spulenverzögerungsleitung (unten) sowie Farbartsignal Verzögerungsleitung (oben geöffnet).
Bei den Recherchen zu diesem Beitrag ist mir im Blaupunkt Heft "Einführung in das PAL Farbfernsehen" der Begriff >Das NEU-PAL System< ertmals bewußt begegnet.
Nach der Erläuterung des Simple-PAL (ohne Verzögerungsleitung) sowie obig beschriebenem Standard PAL System mit der Verzögerungsleitung sowie der herkömmlichen Synchronisierung des Burst Oszillators wird auf eine empfangsseitig mögliche NEU-PAL Variante "die sich noch nicht durchgesetzt hat" (Stand um 1967) eingegangen.
Da die herkömmliche Beschaltung des 4,43 MHz Referenzoszillators im Falle größerer Phasenschwankungen letztich nur mehr ein s/w Bild aufgrund des Aussetzens bringen würde, wurde überlegt, einen frei schwingenden Mitnahmeoszillator zu integrieren, der nicht mit dem Burst, sondern mit den bereits demodulierten trägerfrequenten U & V Signalen nach entsprechender Gegentaktgleichrichterschaltung direkt synchronisiert wird.
Als Grund, warum sich diese Technik noch nicht durchgesetzt hat, wird angeführt, da "bei sehr schwach gesättigten Farbbildern nur eine zu geringe Synchronisationsspannung für den Mitnahmeoszillator zur Verfügung steht.
Vielleicht weiß ein Leser mehr zu den Details und schreibt mir?
Sprichwörtlich so wie der Teufel das Weihwasser meidet, war das Einstellen der Bildröhren-Konvergenz generell zumeist nicht gerade die Lieblingsbeschäftigung der Techniker.
Ist es letztlich ja wirklich "nur" ein zeitraubendes herumspielen das mit einer mehr oder weniger gegebenen Nachhaltigkeit für den Zuseher verbunden ist.
Dennoch wurde auf eine systematische Anordnung der Regler geachtet um "nach Vorschrift" mit Ausnahme der wenig benötigten Einstellorgane "Blau-Lateral-Magnet" sowie ein Spulenregler für die Rot-Grün Neigung die am Bildröhrenhals durchgeführt werden mussten, alles direkt an der Front erledigen zu können.
Bild: Die Konvergenzeinheit in transparentem Plexiglas gehaltenen Bedienfeld mit seinen 18 Reglern und zwei Serviceschaltern. Rechts: Unter dem Gerät plaziert.
Bild: Nur zum Vergleich und um sich die Bedeutung des Themas veranschaulichen zu können: Eine Abgleichanleitung per einstellbarer Schablone was nun der jeweils nächste Schritt ist als Hilfe für den mit Farbfernsehtechnik anfangs noch unerfahrenen Fernsehtechniker um 1968 für die Farbfernsehmodelle mit dem Philips/Horny K7 Chassis.
Der Minerva Color 680 (ab der Chassisnummer 264 251) mutierte rasch (ab der Chassisnummer 287 726) zum Color 680A. Inwieweit hier tatsächlich über 20.000 Chassis und damit Farbfernsehgeräte stehen bleibt fraglich bzw. ist eher unwahrscheinlich.
Als Unterschied wird die Verwendung des Minerva eigenen, in der Schaltung leicht abgewandelten VHF/UHF Diodentuners angeführt.
Die Nachfolgetypen 707ff sind dann eher als Grundig Lizenzprodukte bzw. Schwesterfertigungen zu sehen.
Für den, zudem in der Anfangszeit des Farbfernsehens sehr kleine österreichische Markt für solche Geräte, hat wohl kaum ein anderes österreichisches Unternehmen den Aufwand der für die Fertigung erforderliche Grundlagenentwicklung getätigt.
Nicht ohne Grund hatten auch namhafte Deutsche Hersteller parallel (August 1967) "nur" ein "Einheitschassis" verwendet um die Entwicklungskosten in Grenzen zu halten, und erst bei entsprechender Marktakzeptanz des Farbfernsehens tiefer in die Materie einzusteigen.
Minerva, 1965 noch eigenständig ohne Grundig, nahm diese Herausforderung einer eigenen Geräteentwicklung an.
Ob die Früchte daraus dem Unternehmen dienlich waren bleibt jedoch eher fraglich. Denn die Nachfolgetypen Minerva 707 und Minerva 717 waren wohl schon mehr auf den Grundig Chassis basierend denn auf einer eigenständigen Weiterentwicklung der Color 680er Chassis.
Hinzu kommt, was aber alle Herstseller betraf, dass die technische Weiterentwicklung in dieser Phase so rasch vor sich ging, das selbst durchaus gute Ideen des Color 680er Konzepts zwangsläufig schon bald als überholt galten bzw. wirtschaftlich ob deren Aufwands nicht mehr darstellbar waren.
Neue integrierte Schaltkreise im Farbteil sowie dem ZF und NF Teil und die ab 1972/73 möglich gewordene Volltransistorisierung der Geräte nun auch in den Leistungsstufen machten Röhren/Transistorhybride relativ bald zum Auslaufmodell.
Wie Fernsehgeräte im allgemeinen, und Farbfernsehgeräte im Besonderen, machen die Gerätegröße wie auch deren Gewicht dieses Sammelfeld noch mehr zu einer Rarität als das dies Röhrenradios oder gar nur Transistorgeräte mitunter schon sind.
Einen Minerva Color 680er gab es wie zu Beginn angeführt im "Grundig Museum", aufgestellt in einem Lehrsaal der Lehrlingsausbildung im Fernsehwerk Wien-Meidling.
Ich möchte annehmen wollen, das auch dieses Gerät seinen Weg ins Wiener Technische Museum gefunden hat und so vor der Entsorgung verschont geblieben ist.
So gibt es sie eben vereinzelt doch, und werden in Sammlerkreisen eher kollegial denn als ein kommerzieller Gegenstand an den Nächsten weitergereicht der dann "den Stier bei den Hörnern" packen möchte und der sich die Röhrentechnik, die gefährdeten Zeilentrafos und ersten Delta Bildröhren "geben" möchte.
Bilder: Der Minerva Color 680 Color TV aus österreichischer Entwicklung und Fertigung kurz bevor das Unternehmen Minerva an Grundig ging.
Im Foto spiegeln sich die Technikfreunde wieder, als einer dieser "überlebenden Dinosaurier" beim Breitenfurter Radioflohmarkt 2018 das HTL Elektronikmuseum in Wien 22 ab dann beehrte.
Mit Stand 2022 ist das Elektronikmuseum Wien 22 ein solcher Ort, wo Enthusiasten in Abhängigkeit von Zeit und Muße ein solches Modell in Arbeit haben.
Bild: Etwas häufiger tauchen die Nachfolgetypen Minerva Color 707, 717 etc. auf von denen auch der Autor einen Stellvertreter in seinem Fundus besitzt.
Wichtig bei diesen Geräten nach meiner Ansicht ist es, dass die Sammlergemeinde hier zusammenhält und Schlachtgeräte und Ersatzteile der Sammlerszene, sei es auf Flohmärkten oder dem direkten Kontakt nebst den Online Möglichkeiten zur Verfügung stellt.
Denn ansonsten würde ein Gerät stellvertretend mit defekten Zeilentrafo so letztlich nur mehr ein Anwärter für den Elektronikschrott werden.
Pro-Kopf-Einkommen der Arbeitnehmer - WKO
Museums Bote Des Ersten Österreichischen Funk- und Radiomuseums Nr. 77 März/April 1997
Der heutige Stand des Farbfernsehens. Von Dr. Emil Kriz, Philips Wien Vortrag, gehalten am 19. April 1967. PDF abgerufen am 18.8.2022 auf https://www.zobodat.at/pdf/SVVNWK_107_0137-0160.pdf
https://der.orf.at/unternehmen/chronik/index.html
© 8/2022 - by W. Scheida zu www.scheida.at/scheida/televisionen.htm
Letzte Überarbeitung: 01.11.24