Im Gegensatz zur Radiotechnik wo mit einem Standard Empfänger letztlich Sender aus aller Welt empfangen werden können war es beim länderübergreifenden Fernsehen in Europa erforderlich sogenannte Multi- oder Mehrnormenfernsehgeräte anzuschaffen wollte man auch die Programme jenseits der Grenze in abweichender Fernsehnorm gesendet empfangen.
Dieser Beitrag geht am Beispiel des Philips X20T962-08 s/w Fernsehempfängers hergestellt um 1970 auf diese Thematik ein.
Interessierten Lesern sei zum Thema auch noch weitere seitens des Autors bereits veröffentlichte Beiträge ans Herz gelegt um zu verstehen warum überhaupt dieser Aufwand getrieben werden musste:
Anlass zu dem Beitrag war ein Leserbrief des Autors als Antwort auf den Artikel in der Fachzeitschrift Funkgeschichte Nr. 258 aus 2021 der GFGF mit dem Artikel "Fernsehempfang im "Herzen Europas".
Die im Artikel aufgekommene Frage war, ob der Philips X20T962 s/w Mehrnormenfernsehempfänger bei "nur" vier manuell voreinstellbaren Normen dennoch bis zu sieben anliegende Ländernormen lt. Tabelle verarbeiten kann.
Zum Gerät: Ein 50 cm im "Portable Style" gehaltener s/w Fernseher im Design jener Tage. Ein Hybrid im Sinne von gemischter Röhren wie auch Halbleiterbestückung. Und während die Mehrheit der Fernsehgeräte lediglich die am jeweiligen Aufstellstandort vorherrschende Norm wie zum Beispiel B/G für die in Deutschland gebräuchlich gewesene verarbeiten können, so war in einem kleinen Land wie Luxemburg umgeben von einer inhomogenen Senderlandschaft ein Mehrnormengerät zumindest sinnvoll.
Dieses Normenwirrwarr wurde dann mit der Einführung der unterschieldichen Farbfernsehsystem nochmals auf die Spitze getrieben, was aber hier nicht ausgeführt werden soll.
Tabelle: Empfangbare Normen und Normvorwahl am Gerät
Normanzahl | Wahlschalter/Philips Bezeichnung | CCIR | Details |
Norm 1 | B | C | Belgien 625 POS AM 5,5 VHF |
Norm 2 | B/F1B | F | Bel./Lux. 819 POS AM 5,5 VHF |
Norm 3 | F1/F1N | - | Frankr. 625 POS AM 11,15 VHF |
Norm 4 | E | B/G/H | CCIR 625 NEG FM 5,5 VHF/UHF |
Norm 5 | F1 | E | Frankr. 819 POS AM 11,15 VHF |
Norm 6 | F2 | L | Frankr. 625 POS AM 6,5 UHF |
Norm 7 | F2/F1R | - | Frankr. 819 POS AM 6,5 UHF |
Die Antwort gab eine Untersuchung der Schaltung die mir freundlicherweise der Autor und sein Sammlerfreund zukommen ließ und die mit Schaltungen des Belgischen Herstellers Barco jener Tage verglichen werden konnten. Daraus folgte die Erkenntnis, dass eine teilweise automatische Umschaltfunktion der Normen weitere manuelle Schaltrasten unnötig machten.
So wird bei der Erstaufstellung des Gerätes je Programmtaste einmalig manuell die zugehörige Norm eingestellt. Die Schaltung bedient sich hiezu dreier Relais die mit zum Teil mehreren Kontaktpaaren
die Ton ZF,
die Ton Demodulation mit AM oder FM,
die Videopolarität pos./neg.
sowie den Bild ZF Verstärker hinsichtlich dessen Filterfrequenzen umschaltet.
Ein viertes Relais wird aber mit einer PC(F)200 über die Synch. Austastung angesteuert und schaltet die Zeilenfrequenz zwischen 15.625 Hz und 20.475 Hz wie auch die nötigen Anpassungen an die Rastergeometrie automatisch um.
Daraus folgt, das beide Belgischen Programme, Wallonisch wie auch Flämisch, bei "B" wie Belgien verkoppelt werden.
Als "Neu" im Vergleich zu den 1950er Geräten gab es mit etwa Mitte der 1960er Jahre die Französische UHF Norm "L", die mit einem weiteren Bild/Tonträgerabstand von 6,5 MHz nochmals ein Extra in der Signalverarbeitung darstellte und dort das "Antenne 2" Inlandsprogramm bediente.
Die Sondernorm "F1N" wird ebenso in der Stellung "F1" verarbeitet. Dies könnte den Sender Tele Monte Carlo auf Kanal 10H betroffen haben, der ab den 1970er Jahren von 819 auf 625 Zeilen umgestellt jedoch nicht die Ton ZF umgestellt haben soll.
Sinngleiches ergibt sich für die letzte Stellung "System F1R". Wie auch in Deutschland, wurden in Frankreich wo nötig, vereinzelt VHF Kanäle mit dem 819 Zeilen Programm "TF1" in das UHF Frequenzraster umgesetzt. Dort jedoch mit 6,5 MHz Ton ZF was ohnehin in der Stellung F2 verarbeitet werden konnte.
Zu erwähnen ist dann noch die vierte Stellung am Tuner selbst: Neben dem obligatorischen VHF Band I, dem VHF Band III sowie UHF gab es dann noch einmal das VHF Band III gespiegelt für die geradzahligen Französischen Kanäle (Tonträger unterhalb des Bildträgers).
Wobei für den CCIR FM Ton das Gerät in dem uns geläufigen Intercarrier/Zwischenträger System arbeitet. Dies zudem in einer Reflexschaltung über die Philips typische Endstufe PL84/P(C)L86 samt 800 Ohm Lautsprecher, über die das ZF Signal über eine weitere Vorstufe dem Ratiodetektor zugeführt wird.
Bei den AM Tonsignalen wird jedoch in Quasi Parallelschaltung verfahren.
Wie der Autor ausführte, werden aber die drei nicht in seiner Tabelle zugeordneten Programmkanäle für den Empfang in Luxemburg in der Praxis keine Rolle gespielt haben, da technisch außerhalb der Reichweite gelegen.
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Updated: 11.11.24