Televisionen -

Die Krönung der Britischen Königin Queen

 Elisabeth II - 1953

ein Schlüssel-Fernsehereignis das (West-)

Europa am Bildschirm einte




Am 8. September 2022 sind wir mit dem Ableben der 96 jährigen, mit gar 70

 Regierungsjahren dem Großteil der Weltbevölkerung bekannten Monarchin konfrontiert worden.

Wie heutzutage selbstverständlich, so dürften wir als Fernsehzuseher weltweit auch beim

 staatstragenden Akt der Beisetzungszerimonie live im Fernsehen dabei sein.

Diese Regentin hatte zudem das Privileg sich als eine der ersten mit dem damals
noch neuen und keinesfalls so selbstverständlich verbreiteten Medium Fernsehen
ihren Untertanen aber auch einem weiteren Teil der Bevölkerung Europas mit einer
der ersten Europäischen Fernseh-Direktübertragungen teilhaben zu lassen.

Noch hatten 1953 erst wenige Länder überhaupt einen Fernsehdienst eingeführt.

Und dort, wo es ihn gab, steckte noch vielfach dessen Verbreitung und der Senderausbau erst in seinen Anfängen.

Ein wesentliches europäisches Schlüsselereignis, nämlich die Übertragung Krönungsfeierlichkeiten haben damals dazu beigetragen,

dem Fernsehen seine Berechtigung als unmittelbar wirksames Informationsmedium einmal mehr zu unterstreichen.

Doch lesen Sie selbst was es dazu bereits alles im Vorfeld Fernseh Technisch zu meistern gab:

Übersicht:

  1. Einführung
  2. Die Situation in England
  3. Der Beginn in Frankreich
  4. Das geteilte Belgien
  5. Pragmatische Niederlande
  6. Deutschland
  7. Hinter den Kulissen
  8. Voraussetzungen auf technischer Ebene
  9. Die Krux mit den unterschiedlichen Zeilenzahlen
  10. Der Zeilenwandler in Frankreich
  11. Die Richtfunknetze
  12. Quellen und Literaturnachweise
  13. Lesetipps


Einführung:

Anfang der 1950er Jahre, konkret 1952/53 hatten erste wenige westeuropäische
Länder einen Fernsehdienst eingerichtet.

Es waren dies:

Tabelle 1 - Übersicht Westeuropäischer Länder zum Fernsehen

Land

Beginn des Fernsehdienstes

Fernsehstandard

England


Nov. 1936/ 1946

405 Zeilen

Frankreich


193x/1945/1949

819 Zeilen & 450/455 Zeilen (Paris)

Belgien


Oktober 1953

625 & 819 Zeilen 


Dänemark
Oktober 1951 (Nur lokale Versuchssendungen)
625 Zeilen

Niederlande


1951

625 Zeilen

Deutschland


1952

625 Zeilen

Neben der erst einsetzenden dazu benötigten technischen Entwicklung, die durch
den zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde, kamen die letztlich sehr hohen Kosten
für die vielfach noch vom Weltkrieg gebeutelten Länder.


Noch galt es zudem, vordergründig erst einmal das zerstörte Europa wieder
aufzubauen.


Die Situation in England:


Die BBC als Vorreiter in Sachen Krönungsübertragungen


Der noch aus der Vorkriegszeit, ab November 1936 grundsätzlich

vorhandene Fernsehdienst, den es zumindest für den Großraum London mit einem VHF Sender auf 45 MHz ausstrahlend schon gab, hatte bereits mit der Krönung von König George VI. am 12. Mai 1937

ein erstes Debüt in Sachen Live Übertragung gehabt.


Wenngleich das Fernseh-Ereignis damals für noch sehr sehr wenige erste, heute
würden wir sagen “Early Adopters” in Sachen Fernsehgerätebesitz zu verfolgen
war, so war damit zumindest lokal gesehen für den Großraum London ein Anfang
gemacht.

Hinzu kam jedoch die Einschränkung, dass nur drei Kameras dem Ereignis, zudem
nur an zuvor gegenüber der BBC freigegebenen Plätzen ein sehr eingeschränktes
Bild des Geschehens vermitteln konnten und durften.

Für die Zeit ab 1946, als der BBC-Fernsehdienst nach dem Krieg wieder
aufgenommen wurde, war dies mit ein Grund dazu, um die industrielle Konzeption
des Landes auf die vergleichsweise relativ geringe Ressourcen verbrauchende
Schwachstromindustrie im Vergleich zur Schwerindustrie oder etwa dem
Automobilbau wieder neu aufzubauen.

Viele Materialien und Werkstoffe waren nach dem Krieg auch in Großbritannien
Mangelware, hinzu kamen Rationierungen von Lebensmitteln und anderen Gütern, die
zum Teil länger andauerten als dies etwa in Deutschland der Fall war.

Die umgangssprachliche, mit leichtem Sarkasmus bzw. Zynismus versetzte
rhetorisch selbstgestellte Frage so mancher Briten in jenen Tagen war "Wozu
haben wir eigentlich den Krieg gewonnen?”, angesichts der weiterhin anhaltenden
Armut und wirtschaftlichen Einschränkungen im Alltag.


Der Beginn in Frankreich:

Es folgten westeuropäische Länder wie Frankreich, die per Dekret des damaligen
Informationsministers Francoir Mitterand 1948 ein 819 Zeilen Fernsehsystem
gewählt haben.

Vermeintlich das Beste, was technisch damals machbar war. Letztlich teuer und
inkompatibel zum Rest Europas (was auch beabsichtigt war).


Der Sonderfall Belgien:


Der Rest Europas entschied sich letztlich für das bekannte 625 Zeilen/50
Halbbilder System was den verschiedensten Sendestandards geschuldet selbst dort
noch keine Kompatibilität ergab.

Belgien, aufgrund seiner Bevölkerungszusammensetzung war zeitgleich am
Programmaustausch mit Frankreich wie auch an einem Programmaustausch mit den
Niederlanden interessiert was sich in der Wahl der Fernsehnormen wiederspiegelte.

Siehe dazu den umfangreichen Beitrag des Autors: https://www.scheida.at/scheida/Televisionen_Belgien.htm


Das Belgien im Juni 1953 noch keinen eigenen Fernsehdienst hatte und "nur" als Durchgangsland für die Richtfunksignale diente sei hier der Form halber festgehalten.



Die Pragmatiker - Die Niederlande

Nach experimentellen Phasen des schon damals beachtlichen und wirtschaftlich
starken Philips Konzerns mit einem eigenen speziellen 567 Zeilen Fernsehdienst
(um in den Amerikanischen 6 MHz Kanalraster zu passen), wechselte man
pragmatisch zwecks einfacheren Programmaustausch, Ländergrenzen überschreitender
Empfang wie auch der einfacheren austauschbaren Gerätetechnik zum empfohlenen
625 Zeilen Standard nach der Gerber Norm (CCIR B)

Siehe dazu auch den Beitrag des Autors: https://www.scheida.at/scheida/Televisionen_Netherlands.htm


Das geteilte Deutschland:

Deutschlands Vorkriegs Erfahrungen mit einem Fernsehdienst waren teilweise
ähnlich, jedoch keineswegs gleich mit denen in England.

Ein 441 Zeilen Standard
galt neben dem Stigmata der braunen Instrumentalisierung des Mediums nach dem
Krieg zudem ebenso als veraltet und ließ Deutschland auf den neuen, zudem
besseren 625 Zeilen Standard setzen.


Von Einzelgeräten abgesehen war in Deutschland zudem kein Vorkriegs-Altbestand
eines Geräteparks bei den Fernseh Teilnehmern zu berücksichtigen wie dies etwa
in Frankreich oder eben in England der Fall war.

Im Kern also gab es 1952, dem Zeitpunkt der rund 18 Monate andauernden VORBEREITUNGEN

zur geplanten Fernsehübertragung der Krönungsfeierlichkeiten
folgende Konstellation:


Hinter den Kulissen:

Was uns heute als absolute Selbstverständlichkeit anmutet, nämlich mit einer
Kamera in alle Details der öffentlichen wie auch privaten Befindlichkeiten der
Weltgeschichte und Tagespolitik hineinzugehen, das war 1953 in Europa noch
keineswegs der Fall.


Eine nach damaligen, und abgeschwächt auch heute noch im Verständnis "heilige"
Handlung wie die Krönung eines monarchischen Staatsoberhauptes sollte nicht von
einer mitunter würdelos vor dem Fernseher sitzenden Bevölkerung, mit lockerer
Kleidung oder gar als Nebensächlichkeit zum Abendessen verfolgt werden.

Kirche:

Es gehörte zur damaligen medialen Öffnung der neuen Königin, sich dem Volk nun
auch auf diese Weise selbst gegen den Rat und äußeren Einflüssen öffnen zu
wollen.

Das damit letztlich auch für viele andere Bereiche die Büchse der Pandora
geöffnet wurde, und die Privatsphäre nicht nur für das "Proletariat", sondern
auch für die herrschende oder hier zumindest repräsentierende Oberklasse ebenso
unangenehm oder gar lebensgefährlich werden könnte (Lady Diana).

Das konnte oder wollte man als möglichen Kollateralschaden noch nicht
wahrnehmen.

Nicht ohne Bedeutung ist hier auch, dass der Brite George Orwell mit seinem 1948
erschienenen Roman "1984" die mediale Omnipräsenz der Zukunft bereits
messerscharf genau skizziert hat.


Schlüsselereignisse:

Und obwohl es unterschiedlichste Zeilen Standards wie 405/455/625/819 Zeilen,
und auch diese noch unterteilt in unterschiedliche Polaritäten und Tonträger
Abstände gab, bedurfte es besonderer Ereignisse, um einen internationalen
Programmaustausch als sinnvoll andenken zu lassen.

Die Europäische Historie nennt zwei Schlüsselereignisse die erstmalig Europa
fernseh mäßig sowohl technisch wie auch auf der Inhaltsebene zusammenwachsen
ließ:

Dies war zum Einen 1953 die Krönung der Königin von England.

Anmerkung:

Die Krönung ihres Vorgängers König Eduard VIII wurde ebenfalls
bereits im 405 Zeilen Fernsehen übertragen. Jedoch „nur“ über den einzigen BBC
Fernsehsender in London.


Die „Queen“ wurde damit zur ersten Königin, deren Leben das Fernsehen in solch
einem Umfang schon von Anbeginn an begleitet hat.

Die Krönungszeremonie wurde in vier Ländern übertragen:

Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Deutschland.

Ein Ereignis, dass die Verbreitung und Entwicklung der Fernsehtechnik weltweit
vortrieb.


Die Vorbereitungen für den fernsehtechnischen Zusammenschluß Europas:


Noch bevor von Krönungsfeierlichkeiten überhaupt die Rede war, waren die BBC
(British Broadcasting Corporation) wie auch die RTF (Radiodiffusion-Télévision
Française) in Frankreich an den Möglichkeiten eines direkten Programm
Austausches bzw. einer ereignisbezogenen Zusammenschaltung beider
Programmanstalten interessiert.


Exkurs:

Wenn auch etwas weit hergeholt und zudem nur den damaligen
Kriegsereignissen geschuldet, gab es bereits zu Kriegszeiten um 1944 einen
Weitempfang (DX) des damaligen deutschen Okupationssenders "Fernsehsender
Paris", ausgestrahlt vom Eiffelturm, an der englischen Küste.



Nunmehr nach dem Krieg jedoch sollte nicht nur ein Fernsehempfänger das Programm
ausgestrahlt jenseits des Ärmelkanals empfangen können, sondern gleich ein
ganzer Kontinent mit zudem brauchbaren und guten Fernsehbildern versorgt werden.

Erste praktische und zudem erfolgreiche Experimente brachten bereits 1950 das
sogenannte “Calais Experiment” und 1952 die “Paris Woche” die als
Fernsehtechnische Meilensteine in Sachen länderübergreifender Zusammenarbeit
gelten.

Folgende Voraussetzungen auf technischer Ebene waren dabei zu bewerkstelligen:

Ein jeweilig möglichst ausgebautes Inlands Sendernetz um eine große
Zuseherzahl erreichen zu können

Das benötigte Richtfunknetz für die Programm Zubringung im In- wie auch
Ausland mit der Überquerung der Alpen wie auch des Ärmelkanals


Die Zeilenwandler (Line Converter), um die Fernsehsignale an die
unterschiedlichen Fernsehstandards untereinander anpassen zu können.


Zu den eigentlichen Sendernetzen:


Zwar gab und gibt es den Begriff des Ballempfangs, also dem Entgegennehmen einer
Programmaustrahlung per Empfangsantenne, um damit wiederum einen Sender neu zu
bespielen.

Die daraus resultierende Bildqualität wird jedoch technisch bedingt bei rund 40
km optischer Reichweite mit einem UKW/VHF Sender sehr bald nur mehr sehr
bescheiden sein.

Der Satellitenempfang schied damals noch gänzlich aus.

Noch gab es die Richtfunkstrecken zudem erst in der Ausbauphase und noch bei
weitem nicht vollständig und länderübergreifend zusammengeschaltet.

Technische Herausforderungen im Hochgebirge wo es damals noch so richtig Schnee
und Eis (u.a. auf der Zugspitze) gab, bei zudem einer alpinen Bautechnik wie
auch einer Fernseh- und Richtfunktechnik die sich erst aufmachte den
Kinderschuhen zu entwachsen behinderten die bereits geplanten Fertigstellungen.


Die Krux mit den unterschiedlichen Zeilenzahlen:


Erst ab Anfang der 1960er Jahren zog ganz Europa und somit auch England und
Frankreich nach und nach in das 625 Zeilen Lager um.

Bis dahin, insbesondere 1953 musste ein Weg gefunden werden, das Britische 405
Zeilen Programm in die Französische 819 Zeilen Norm wie auch in die 625 Zeilen
Norm umzuwandeln.

Uns später bekannte elektronische Normwandler mit CCD Eimerkettenschaltungen (charge-coupled device bzw. ladung gekoppeltes Bauteil), oder gar digitale Speicher schieden hier damals noch gänzlich aus.

Technisch möglich waren eigentlich nur zwei bereits bekannte Verfahren:


Das Zwischenfilmverfahren:

Ein 405 Zeilen Elektronenstrahl belichtet/beschreibt einen s/w Film, der in weniger

als einer Minute im Durchlaufverfahren entwickelt und mit z.B. 625 Zeilen wieder abgetastet wird. Neben den Elektronisch-Film Chemischen Verlusten kommt das

Risiko des Filmrisses sowie die Probleme der Bildverzögerung gegenüber dem
Life Ton sowie des sonstigen Live Ereignisses hinzu.


Die Bildschirm Abtastung;


Von einem Studio Monitor wird mittels einer mit 819 Zeilen arbeitenden Kamera
das gezeigte 405 Zeilen Bild wieder abgetastet und der weiteren Verarbeitung
zugeführt.

Nachteil:

Bildartefakte aufgrund der Abtastung vom Bildschirm Glas.
Obligatorische Reduktion der Auflösung, da ein 405 Zeilenbild systembedingt eine
geringere Auflösung besitzt als ein 819 Zeilen Bild. Gleiches gilt, wenn auch
mit etwas geringerer Auswirkung für das 625 Zeilen Bild.

Die Spezialröhre für die Abtastung:

Der technisch nachvollziehbare Schritt war
es folglich, die Abtastung direkt vor einem Bildschirmglas gänzlich zu
vermeiden, indem die elektronische Bildschreibeinheit mit der der Bildabtastung
in ein und dasselbe Vakuumsystem integriert wurde. Es also nur eine integrierte
phosphoreszierende Schreib und Abtastfläche in einer Spezialröhre gab.


In der Praxis kam in jenen Jahren zudem in mehrfacher Ausführung die Variante 2
zum Einsatz.


Und was hier so leichtfertig klingt, nämlich einfach eine Kamera vor dem
Bildschirm halten und abtasten, wird jeder Leser nachvollziehen können, der
selbiges schon einmal probiert hat und zumeist einen schwarzen Balken dann in
der Aufnahme durchlaufen sieht oder sonstige Störmuster in der Aufnahme sind,
die er mit dem Auge zuvor nicht gesehen hat.


Nicht ohne Grund war dieses Thema bei den Fernsehtechnik Ingenieuren aller
betroffenen Länder recht weit oben angesiedelt:


Der Zeilenwandler in Frankreich:

Bleiben wir im gleichen Land, dann hatte Frankreich schon einmal selbst das
Problem sein 819 Zeilen Programm das anfänglich damals nur in Paris sowie in
Lille ausgestrahlt wurde bei Direkt Übertragenen Sendungen auch in deren “alten”
aus der Besatzungszeit der Deutschen übernommenen mittelzeiligen Verfahren mit
450/455 Zeilen umzusetzen.

Auch hier standen am Fuße des Eiffelturms ein 819 Zeilen Monitor sowie eine 455
Zeilen Kamera neben einer noch zu beschreibenden Synchronisiereinrichtung.


Zeilenwandler für die "Paris-Week" 1952

 

RTF BBC Zeilenwandler 1952

Bild: Das originäre 819 Zeilen Programm der RTF wurde in das 405 Zeilen Bild der BBC oprisch am Standort Cassel konvertiert [© Television from Paris, Wireless World 1952]



Für die BBC stand in zudem doppelter Ausführung, doppelt deshalb, um gegen
Ausfälle dieser doch komplexen Technik gefeit zu sein eine Anlage im
Französischen Cassel die aus dem 819 Zeilen Signal das 405 Zeilen Bild herunter
abtastete.


Und dann gab es nochmals eine Anlage:

Die, bereitgestellt von den Philips Labors in Eindhoven, in einem LKW Anhänger in Breda unter einem Kirchenturm,

der zugleich als Richtfunkantennen Standort diente stationiert war, um dort wiederum aus dem französischen 819 Zeilen Bild das 625 Zeilen Bild zu generieren.

Trailer for sailor rent, ....  Im Technikwagen von Philips 1953 in Breda

Bild: Links: Der Technikanhänger von Philips Niederlande aufgebaut in Breda unter der Kirche;

Mitte: Fürs Fernsehen bezahlt bekommmen, ein Privileg für Techniker im Van;

[alle © Philips Technical Review VOL. 14, No 12., June 1953] 


Wenngleich der Grundaufbau der Zeilenumsetzer jeweils ident aufgebaut ist,

so möchte ich, der guten originären Quellenlage durch die “Philips Technical Reviews” []

 entsprechend die letztlich doch komplexe Technik dazu am Beispiel der 405 Zeilen auf 625 Zeilen Konverter bzw. Umsetzer zusammengefasst erläutern:

Die Ausgangssituation:

Während wir mit dem menschlichen Auge beim 50 Herz
Fernsehbild zwar ein leicht flimmerndes, letztlich jedoch homogenes Gesamtbild
wahrnehmen, so “sieht” dies eine vor einem Bildschirm aufgestellte abtastende
Kamera systembedingt anders.

Wie vom Flying Spot Scanner, also einem Punktstrahlabtaster bekannt, zählt nur
das, was zu einem bestimmten Zeitpunkt (im Nano Sekunden Raster) die Kamera als
Helligkeitswert aufnehmen kann.

Und das ist eben nicht das gesamte gleichmäßige Bild, sondern der linienförmigen
Abtastung geschuldet mitunter auch die Stelle, zwischen den Zeilen, dort wo es
“schwarz” bzw. mitunter undefiniert grau ist.

Es sind daher Anstrengungen zu unternehmen, um:

Einmal ein Bildsignal Synchronisierung herzustellen.
(50 Hz beim Europäischen Fernsehen)

Dazu ist die abtastende Kamera mit den Bildsynchronimpulsen des gebenden
Signals (405 Zeilen Sender aus London) zu verkoppeln.

Weiters sind Maßnahmen zu ergreifen, um in der Zeit des Zeilenrücklaufes des
Schreibstrahles an der Monitorröhre die Kameraröhre wegzutasten.

Philips hat hierfür eine Schaltung entwickelt, die auszugsweise in der Prinzipschaltung hier erkennbar wird:


819 auf 405 Zeilen Konversion 1953 in Breda

Bild: [alle © Philips Technical Review VOL. 14, No 12., June 1953]

Schaltungsauszug aus Philips Technical Review VOL.1953, No. XX, Die Geber und Empfängerausrüstung für die Zeilenkonvertierung [alle © Philips Technical Reviews] 


Der Monitor wie auch die Kamera sind dabei in kleine Tischgehäuse eingebaut, da
einiges der zugehörigen Technik in externen Geräteaufbauten untergebracht ist.


Hinzu kommt, das nicht die Größe der Bildröhre wie Kameraröhre ausschlagend ist,
sondern Eigenschaften wie:

  1. Auflösung,
  2. Nachleuchtdauer,
  3. Geometrie
  4. Punktschärfe/Fokus
  5. Helligkeit/Kontrast

So macht es im s/w System auch kein Problem hierfür einen grün schimmernden
Phosphor zu verwenden.


Zu den Richtfunknetzen

Experiment 1: Frankreich nach London

Noch ganz ohne “Schnick-Schnack” und nur für die Britischen Fernsehteilnehmer zu
sehen war die 1950 ausgestrahlte >Paris Woche - Paris-Week<:

Neu war eine Richtfunkstrecke über den Ärmelkanal für das “Calais Experiment”
bis nach London mit dem Fernsehsender am Alexandra Palace errichtet und in
Betrieb genommen worden.


Die BBC brachte hierfür einen eigenen Übertragungswagen mit, wo deren originäre
405 Zeilen Bilder bis nach London übertragen und von dort wieder ausgestrahlt wurden.

Davon hatten jedoch “die Franzosen” nichts, bzw. es war noch kein
Gemeinschaftsprogramm mit der RTF.


Experiment 2: Echtes französisches Fernsehen aus Paris in London 

 

Paris London Richtfunknetz 195x

Bild: Das Richtfunknetz 1952 von Paris nach London für die "Paris-Week"; [© Wireless World, August 1952]


Die vorläufige "Krönung" der technischen Vorbereitungen für die Krönungsfeierlichkeiten

1953, bzw. entsprechend der Vorbereitungszeit schon etwas früher galt es eine
Programmzubringerstrecke von London über Paris weiter nach Lille weiter über das
damals noch ohne regulären Fernsehdienst ausgestattete Belgien bis nach Breda in
den Niederlanden zu übertragen.
 

TV Relais GB - F 1953  Richtsfunkstrecke Europa 1953 zur Krönung der Königin

Bild: Karte des 1953er Richtfunknetzes von London nach Paris sowie weiteren Europäischen Ländern [© Philips Technical Review, vol 15, May 1954] & [© Philips Technical Review VOL. 14, No 12., June 1953]


Von dort nach der noch zu beschreibenden Zeilenwandlung für das 625 Zeilen Netz
weiter zu den Niederländischen Richtfunksystemen und zur Übernahme nach Westdeutschland

 über Langenberg nach Hamburg, dem NWDR sowie der noch 1952 errichteten UKW/VHF "Funkbrücke" mit der Überreichweitenübertragungsstelle Höhbeck über 140 km

des Gebiets der DDR bis hinein nach West-Berlin.

Die Faszination, mit dem Fernsehen ein Fenster zur Welt zu besitzen, konnte
überall festgestellt werden. Der Werbeeffekt für dieses Medium kann bei allem
Aufwand und all den Kosten nicht mit Geld aufgewogen werden.


Die Betonung liegt hier auf der Besonderheit der Live Übertragung
die das Gefühl des im Geschehen vereint seins wohl mitbegründet. Rein auf die
Information bezogen war man ja auch mit den Amerikanern vereint, die
zeitversetzt selbigen Inhalt von der im Flugzeug entwickelten Filmrolle
abgetastet und ebenso im Fernsehen ausgestrahlt bekamen oder mit dem Gros der
Bevölkerung, die das Ereignis in den Kino Wochenschauen zu sehen bekamen.


Nach der erfolgreichen Übertragung der Krönungszeremonie wurde mit November 1953
in der EBU (European Broadcast Union) unter Herrn Marcel Bezançon
ein Programm Kommittee eingerichtet, das bald mit der Frage konfrontiert war,
welche Programminhalte wohl auch zukünftig von internationalem Interesse sein
könnten.

Die theoretische Antwort war: Noch eine Krönung! Die praktische Antwort lieferte
uns dann aber die Geschichte mit dem „Wunder von Bern“, der Übertragung der
Fußball-Weltmeisterschaft 1954 was als Auftakt für die Sportübertragungen zählen
darf.

Ansonsten blieb dem individual Zuseher seit den 1950er Jahren nur die von Zeit
zu Zeit stattfindende Teilnahme an der EUROVISION oder jenseits des Eisernen
Vorhangs selbige an der INTERVISION um ein Ereignis im Sinne eines „Tele
Visuellen Dabeiseins“ kollektiv zu verfolgen.

Es waren dies Weltereignisse wie Jury Gagarins Weltraumflug am 12. April 1961,
oder die alljährlich abgehaltenen Eurovisions Song Contests die seit 1956 zumindest Teile
 der europäischen Gemeinde tele-visuell zusammenbrachte.

Sprachgruppen orientierte Inhalte wie es die EWG Sendung - Einer wird gewinnen,
Dalli Dalli oder Wetten dass ?, für den deutschsprachigen Raum waren können mit
den Sendeanstalten ORF-SRG-ARD & ZDF alleine noch keinen Anspruch auf eine
gesamteuropäische Gemeinsamkeit begründen.

Gleiches muss für frankophone Sendungszusammenschlüsse aus der Schweiz,
Frankreich, Belgien und Monaco gelten.


Gesichtete Quellen und bekannte Literatur:

  1. https://www.researchgate.net/figure/Television-crosses-the-Channel-BBC-television-presenter-Richard-Dimbleby-with-a-Calais_fig1_346722680;
    Abgerufen am 11.9.2022
  2. Reading Between the Lines: A Transnational History of the Franco-British
    ‘Entente Cordiale’ in Post-War Television, Authors: Andreas Fickers, Andy O'Dwyer; Abgerufen am 11.9.2022
  3. The coronation of Queen Elizabeth II and the early days of Eurovision, Article in Proceedings of the IEEE July 2003;  https://ieeexplore.ieee.org/document/1206674
  4. The line converter in use during the coronation television transmissions
    by Th. G. Schut; Tijdschrift van het Nederlands Radiogenootschaü, Deel 19, No. 3, MEI 1954, S. 135;
  5. https://worldradiohistory.com/ARCHIVE-RCA/RCA-Engineer/1962-06-07.pdf
  6. https://worldradiohistory.com/Archive-Company-Publications/Philips-Technical-Review/50s/Philips-Technical-Review-1953.pdf
  7. Television from Paris; Abgerufen von https://worldradiohistory.com/UK/Wireless-World/50s/Wireless-World-1952-08.pdf am 26.10.2022



Empfohlene Lesetipps:

  1. https://www.scheida.at/scheida/Televisionen_Belgien.htm
  2. https://www.scheida.at/scheida/Televisionen_Netherlands.htm



©9/2022 - Textdesign by Wolfgang Scheida zu www.scheida.at/scheida/televisionen.htm


Letzte Überarbeitung: 16.02.24