Bild: Der österreichische HORNYPHON WT 1734A/01 s/w Fernseher aus 1958
Zuerst möchten wir uns den damaligen Zeitgeist vergegenwärtigen, denn sonst wäre das Gerät ja nur ein alter Kasten.
Dazu dienen ausgesuchte Medienkurzberichte zum Thema der technischen und kommerziellen Entwicklung des Fernsehens aus den 1950er Jahren:
Das waren Themen wie:
Einige der damaligen Kurzberichte können Sie auch direkt beim Herausgeber des in den 1950er Jahren tätigen Praktiker Verlages lesen, der eine eigene Nostalgieseite eingerichtet hat [1].
Ehe alte Fernsehgeräte durch uns heute bekannte Online Angebote Massenhaft und in jedem Zustand und Preisklasse feilgeboten werden, gab es eine Zeit, in der Fernsehgeräte generell von Sammlern und der Öffentlichkeit noch nicht als sammelwürdige Thematik betrachtet wurden. Dementsprechend war es mitunter schierig an Fernsehgeräte der ersten Generation (Österreich Fernsehbeginn 1. August 1955) heranzukommen. Dies wären auszugsweise die Modelle
Noch herausfordernder und zudem teurer war und ist die Suche nach Deutschen Nachkriegsfernsehgeräten der Saison 1951 was aber ohnehin eine andere Geschichte wäre.
Also lief es auf folgenden Kompromiss für meine Suche nach nostalgischen Fernsehgeräten hinaus, wobei wie so oft bei Sammlern als erste Konsequenz die Inkonsequenz beim Einhalten dieser Kriterien auftrat:
Gesucht waren Geräte die
Gefunden habe ich dieses Gerät Ende der 1990er Jahre auf einem echten Flohmarkt in Niederösterreich. Feilgeboten um öS 100,- Schilling was um die 7,- Euro waren.
Das Gerät sollte sodann zu Vorführungen als Nostalgiegerät dienen um den Stand der Technik hinten am Chassis wie auch am Bildschirm und am Lautsprecher demonstrieren zu können.
Wieweit dies hier gelungen ist zeigt der Bericht:
Allgemeine Daten zum Hornyphon WT 1734 A/01 Baujahr 1957 -
die Wiederbelebung erfolgte im Jahr 2003. Also ein gut 45 Jahre altes Gerät. |
Die allgemeine Technik
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Die Ausgangsbasis:Es war ein weitgehend vollständiges Gerät, welches jedoch lange Zeit feucht gelagert worden ist. Daher waren fast alle Kondensatoren aufgequollen. Es folgte der Austausch aller greifbaren Kondensatoren. Die Elkos blieben im Original! Der Austausch erfolgte jedoch einfach parallel zu den elektrisch abgeklemmten Altkondensatoren und es gab keinen Einbau in alte Rollenko's. Hier bin ich zu sehr Praktiker denn Originalist. Die Altteile wurden aber aufgehoben. Das Gerät wurde dann getestet mit dem Fehler: Keine Synchronisation möglich, auch keine Senderabstimmung.
Detailschaltungsauszug: Netzteil mit den UY82 Gleichrichterröhren anstelle Halbleiterdioden © Philips |
Weitere Arbeiten sowie Fehler am Gerät:
Schon zuvor fiel mir auf, dass ein Drehen an der Zeilensynchronisation (rechts innen liegender Regler) keine praktische Auswirkung hatte. Da das Bild aber problemlos synchronisierte schrieb ich dies dem stabilen Raster der Zuspielgeneratoren zu und unterließ eine Fehlersuche. Das änderte sich als ich bei einem MINERVA Gloriette Fernsehgerät der selben Saison sehr schön die Zeilensynchronisierung manuell einstellen konnte und dies mich dazu veranlasste erneut Nachforschungen am eigenen Gerät anzustellen.
Schnell stellte sich heraus, dass das Potentiometer keine Gleichspannungsänderung bewirkte und der Widerstand R 72 aus welchen Gründen auch immer unterbrochen war. Ein Austausch bewirkte nach dem Nachjustieren der Oszillatorfrequenz jetzt eine schöne Handregelung wie sie sein soll.
Bei der Gelegenheit wurde eine defekte Diode OA 81 (X8) ausgemacht welche für die Rücklaufunterdrückung verantwortlich ist und durch eine Originaltype ersetzt werden konnte.
Bild: Man mag zu Thomas Gottschalk und seinem "Wetten dass?..." stehen wie man will aber das hat er sich nicht verdient...
Das wiederholte unvermutete Aussetzen der Vertikalsynchronisation die sich in Form eines Bildspringens, manchmal auch mit einem Durchlaufen oder einem in der Mitte hängenbleiben bemerkbar machte ließ mich Messungen am Amplitudensieb (ECH 81) durchführen.
Hier wollte ich kontrollieren ob die Synchronisiersignale an den C 85 zum Triggern des Vertikaloszillators der als Sperrschwinger ausgeführt ist auch korrekt ankommen.
Bild: Oszillogramm mit vergleichender Zusammenführung des Vertikaloszillatorsignals zum Ausgang des Amplitudensiebs das wohl nicht so ganz klare Ansagen macht...
Eine prophylaktische Erneuerung des Endstufenkathodenkondensators C 94, 100 µF brachte auch tatsächlich eine Besserung wenngleich nicht die Befreiung aller Störungen.
So machte man sich auf die Suche nach der Ursache der mehrfach Vertikalimpulse.
Erst die Erkenntnis, das die Zuspielung von Kabel TV Programmen (mit starkem Bildrauschen wohl aufgrund der Kreuzmodulationen des Nachbarkanalbetriebs) ein stabiles Bild ergibt, ließ mich ernüchternd die weitere Fehlersuche am UHF Konverter durchführen, da ich in der Regel vom Festplattenreceiver von UHF auf das VHF Band I umsetze.
Bild: Man sieht im inhaltslosen Videosignal oben den 50 Hz Störbrumm der alle paar Sekunden über dem Vertikalimpuls wandert und damit die Synchronisation außer Tritt bringt.
Als Ursache wurden einmal defekte weil aufgequollene Sieb- und Glättelkos im UHF Konverter ausgemacht die ersetzt wurden.
Bild: Aufgequollene Elkos beim Ultron UHF Konverter als "erfreuliche" Erweiterung des Fehlerumfelds
Weiteres folgte auf den Fuß, oder besser gesagt, hin zum Ohr....
Während man mit den nun nur mehr fallweise "fast sympathisch" wirkenden Bildstörungen leben könnte, so ist dies leider beim Ton weniger denn je der Fall.
Bei Kabelempfang ist es leidlich gerade noch möglich neben dem starken Brumm etwas zu verstehen. Bei der UHF Konverterzuspielung jedoch ist selbst bei Abstimmung neben dem Bildträger kein vernünftiger Ton mehr zu bekommen.
Hier muß man wissen, das insbesondere die frühen nach Intercarrier - also dem Zwischenträgerverfahren arbeitenden Fernseher generell zum sogenannten Intercarrier-Brumm neigen, was darauf beruht das hellweiße Linien in einem Testbild oder von einem Textinsert bei TV Sendungen ein Absinken des Restvideoträgers in der HF Senderausstrahlung bzw. das Fehlen eines nötigen Restträgers für die 5,5 MHz Ton ZF im Fernseher verursacht.
Leider fehlt mir die Vergleichsgröße inwieweit dieses Brummen zulässig wäre oder ein Fehler vorliegt.
Aber auch hier konnte eine defekte weil unterbrochene OA 81 Diode in der FM Diskriminatorschaltung als Fehler ausgemacht werden, deren Erneuerung aber praktisch keine Verbesserung bewirkte wiewohl die Regelspannung für den 1. Ton ZF Verstärker hier erzeugt wird.
Weiteres folgte in Form von Messungen an der Ton ZF:
E4 191 V pin 6 / 120 V pin 3
Bild: Zeitgenössisches Testbild aus den 1950er Jahren digital zugespielt. Die ungleiche Helligkeitsausleuchtung ist leider nicht fotografisch bedingt sondern begründet sich aus der Unmöglichkeit den Ionenfallenmagneten am Bildröhrenhals so justieren zu können sodass ein gleichmäßig helles Bild geschrieben werden könnte.
Zum Beurteilen der Bildqualität eines Fernsehers wie auch Monitors bedarf es einer Bildquelle die es erlaubt die einzelnen Stufen "bis auf die Nieren" hin zu prüfen.
Sich inhaltlich ändernde Zuspielquellen wie TV Programme etc. eignen sich dafür nicht ideal.
Früher tat ich dies daher fallweise mit zugespielten VHS Aufnahmen von Testbildern was aktuell aber nicht mehr angebracht ist.
Für Leser die es genau wissen wollen:
Als Lösung fand ich daher meinen Topfield PVR 5500 Festplatten SAT Receiver. Mit dem PC Programm Windows Movie Maker wurde ein möglichst hochaufgelöstes Testbild (PAL 720/576) als jpg o.ä. auf rund 10 Minuten gestreckt, mit einem Testton synchronisiert und als wmv File dem Konverterprogramm FormatFactory 2.70 zugeführt und ein MPEG daraus machte. Der MPEG Streamclip 1.2.1b5 wandelte danach in ein .rec file für den Topfield um das wiederum mit dem Programm Topset 2.00 auf die Festplatte des Recorders überspielt wurde. Einfacher soll es mit dem Programm Project X gehen was aber leider nicht für mich gilt.
Damit kann jetzt ausreichend lange auch als Standbild eine Testbildsequenz zugespielt werden.
Natürlich hat man auch den zur damaligen Epoche passenden Philips Testbildgenerator PM 2891/50 im Haus der sich zwar nett für Vorführzwecke des Ensembles, jedoch nicht unbedingt als brauchbares verlässliches Arbeitswerkzeug im neuen Jahrtausend eignet.
Bild: Der zum Fernsehgerät passende Philips Testbildgenerator PM 2891/50
Die Fehlersuche ergab:Im Trommeltuner war in der Senderabstimmung ein spezielles Dielektrikumplättchen einstellbar zur Feinabstimmung des Abstimmoszillators zerbrochen. Nach erfolglosen Nachbauversuchen aus Kunststoff war ein Austausch mit einem anderen Originalteil möglich; Die Fehlerbehebung bei der Synchronisation war dafür ungleich schwieriger: Zum Einen wo fängt man an zu messen? Altbekannt als Fehlerquelle ist das "verstopfte" Amplitudensieb. Aber wie funktioniert es eigentlich? - Welche Signale braucht ein Amplitudensieb am Eingang usw. Nach endlosem Messen an allen in Frage kommenden Teilen sei gesagt, dass viele Widerstände Ihren Wert wesentlich, zum Teil um 100% und mehr geändert haben und daher in den Impulsstufen größtenteils getauscht wurden. Das war es aber noch nicht! Auch die in Frage kommenden Röhren sind mit meinem Funke W20 Röhrenprüfer einmal durchgemessen worden. Davon waren zwei an der Grenze. Aber immer noch nicht die Ursache. Langer Rede kurzer Sinn: Ein Stück Draht von einem Lötstützpunkt zum Anodenanschluss der Impulstrennstufe war zwar schön verlötet aber IM LÖTPUNKT INNEN war der Draht oxidiert (Grünspan) und hatte keinen Kontakt! - Wiewohl es immer messtechnisch so aussah als würde die Röhre defekt sein. Alle Spannungen waren ja da. Denn gemessen hat man immer am Lötstützpunkt und nicht direkt am Pol 9 der Röhre. Bild: Schaltungsauszug zum Amplitudensieb mit der ECH81 Röhre ©Philips Unterbrochen war die Leitung von Pin 6 der ECH 81 zum Anodenwiderstand R57. Statt 15 Volt waren dort 30 Volt zu messen! Nebenbei wurde noch das Vertikal Amplitudenpotentiometer (Bildhöhe) getauscht weil es zerbrochen war. FAZIT:Auch dem Stoffbezug hinter der Gitterblende hat die Kellerlagerung schlecht bekommen und wurde gegen einen farbgleichen ausgewechselt. Die Knöpfe und Anbauteile hat der Geschirrspüler soweit wie möglich behandelt. Geblieben ist ein nicht ganz 100% perfektes Gerät mit etwas Brumm im Ton und entsprechenden Alterspuren. Ergänzt um einen zeitgemäßen EXTERNEN UHF Konverter sind viele Kabel TV Programme oder auch SAT TV Programme zu empfangen und machen das Gerät "fast" wieder alltagstauglich. Siehe auch den Nachtrag aus dem Jahre 2011: |
Hier ist die Schaltung, der Schaltplan:
TV_SEITE/schaltplan_I_WT1734A01.jpg
TV_SEITE/schaltplan_II_WT1734A01.jpg
Bildszene "Newsroom": Nachdem das Gerät wieder instandgesetzt wurde, musste es gleich aufgrund der aktuellen Kriegsereignisse im Irak als Monitor für >Iraq TV< bzw. >Al Jazira< "dienstverpflichtet" werden. Ebenso im Bild zu sehen, der Sony KV-1310E Farb TV sowie die tragbare Quelle Universum Radio-Fernsehkombination SK-992. Als Weltempfänger Transistorradio dient der Sowjetisch/Lettische VEF Transistor 10, die Exportausführung des VEF Spidola 10
Gute Arbeit leistete hiezu zudem ein zeitgenössischer UHF Konverter um das UHF Signal des Digital Receivers in das VHF Band umsetzen zu können.
Das man ob der vielen Fehler nicht die Flinte ins Korn werfen soll weil man A viel dabei lernt und B ähnliches auch bei anderen mehr als 50 Jahre alten Geräten vorkommt beschreibt nachstehender Beitrag:
Televisionen - Austria TV Die Geschichte des Fernsehens in Österreich
Siehe auch weitere Artikel des Autors zum Thema Fernsehtechnik auf:
Zu https://www.scheida.at/scheida/televisionen.htm gehörend
© Fernsehhistoriker W. Scheida 3/2003 & Nachtrag 12/2011; Überarbeitung in 4/2022