Firmenprotokollierung
Mit 27. September 1946 wurde der öffentliche Verwalter Karl Rieger enthoben.
Dieser Vorgang findet sich an damals so gut wie allen Unternehmen deren Besitzverhältnisse kriegsbedingt aber auch im Zusammenhang mit dem Holocaust unklar waren bzw. eine Beteiligung und Mitwirkung an der Kriegsproduktion im Raum stand die es noch zu "klären" galt.
Ein Thema war dabei u.a. ob deutsches Kapital eingesetzt worden ist.
Quelle: Neue Prokura Wiener Zeitung 9. November 1946
Hier allgemein umschrieben, da es dem ableben zwangsweise folgen msste: Julius Weissenberger ist ausgeschieden. Noch unbestätigt dürfte sein Sohn Wilhelm Weissenberger als Kaufmann die Position übernommen haben.
Weitere Gesamtprokuristen: Dipl. Ing. Max Wallenta und Ing. Fritz Andrusko.
Herr Oswald von Heinrich findet sich bereits 1906 zu seinem
Einsatz als Besatzungsmitglied der SMS Tegetthoff in einem Eintrag
wieder. Er wird als 1886 geborener hier als 20 Jähriger seinen Dienst
versehen haben.
Bild: Die SMS Tegetthoff war ein
Schlachtschiff der Tegetthoff-Klasse der k.u.k. Kriegsmarine.
[Wikipedia Gemeinfrei]
Bild:
Herr von Heinrich ist hier unter "Millitärisches" im Polaer
Tagblatt von 1906 zu finden
In [12] wird seine weltmännische Weitsicht als sturmerprobter Marineoffizier mit langjährigem Aufenthalt von 1910 bis 1913 in Ostasien einschließlich des Studiums der Mentalität der Völker angeführt.
In ebensolcher Weise soll er ein Torpedoboot durch alle Fährnisse des Ersten Weltkrieges geführt haben.
Ungeachtet seiner Tätigkeit für "Henry" war Oswald von Heinrich
demnach auch noch bei
der Deutschen Kriegsmarine im Führungsstab als Korvettenkapitän z.V.
(Zur Verwendung) von Okt. 1943 - 7. Dez. 1944 dem kommandierenden Admiral Adria
unterstellt.
Inwieweit es dabei wirklich auch zur Verwendung kam ist derzeit nicht
ersichtlich.
Bild: Derzeit einzig bekanntes
öffentliches Foto von Oswald Heinrich geschätzt um 1936 (50 jährig)
In den Lokalnachrichten finden sich 1946 zum 60er nette Worte:
Gmunden wusste vom 60. Geburtstag von Herrn Oswald von Heinrich zu berichten. (Beachte, das Ignorieren des in Österreich geltenden Verbots jeglicher Nennung von Adelstiteln und Anreden von 1919) Quelle: Salzkammergut-Zeitung 25. August 1946
Herr Ing. Julius Weissenberger (Achtung: Namensgleichheit mit dem hier NICHT gemeinten Dkfm. Julius Weissenberger, letzterer mit "Colombia" aus der Kaffeebranche stammend) war ebenso mit Prokura sowie als Kaufmann genannt.
Bild: Über das Ableben von Julius Weissenberger in Folge eines allierten
Luftangriffes am 20.2.1945 berichtete das Propagandamedium "Völkischer
Beobachter" in der damals gewählten Schreibweise vom 2. März 1945 aber auch
im lokalen Wiener Tagblatt.
Als Hinterbliebene wird Gattin Emmy
Weissenberger genannt.
Bild: Logo nachgewiesen mind. 1957
Verweilen wir noch kurz in der Zeit des "Anschlusses" ab 1938:
Der Körting AS 7340 Autoradio wird hier auszugsweise wie etwa auch der "Körting Tourist 38" noch als ziviles Gerät über die Körting-Generalvertretung für die "Ostmark" über "HENRY" vertrieben:
In Folge wurde ab September 1939 "Henry" zum kriegswichtigen Zulieferbetrieb. Als damals zugewiesenes den wahren Herstellernamen verschleierndes Wehrmachtsherstellerkürzel diente "bu".
Was für technische Geräte konkret für die Wehrmacht hergestellt wurde ist noch zu prüfen. Vorläufig finden sich Hinweise auf das ohnehin auch zivile Kerngeschäft mit "Mikrophonen, Verstärkern und Lautsprechern".
Es folgte ein Inseraten "Stakatto" in den Zeitungen um an Arbeitskräfte zu gelangen. Dies zum Teil im direkten Wettbewerb von unweit ansässigen Firmen wie u.a. "Minerva" die ebenso für die Kriegsproduktion Personal benötigten hingegen die personelle Originalbesetzung vielfach an der Front dienten.
Hier wiederholt sich die Geschichte, wie wir sie auch von den anderen Radioherstellern und artverwandten Unternehmen her kennen.
Themen wie Materialmangel, Energieabschaltungen bzw. Stabilitätsprobleme, mitunter Demontagen durch die Besatzungsmächte sowie Kommunikationsdefizite zwischen den Zweigbetrieben die mitunter in unterschiedlichen der vier damaligen Besatzungszonen lagen.
Hinzu kamen Transporteinschränkungen, Devisenbeschränkungen und mehr.
Beide Betriebe bzw. Firmenstandorte von "HENRY" waren jedoch jeweils der US-Amerikanischen Besatzungsmacht zugeordnet.
Das für den Betrieb in Gmunden erst ein Telefonanschluß gegen Ablöse eingerichtet werden musste wirkt ebenso etwas befremdlich bzw. bestätigt die Engpässe jener Zeit selbst für arbeitsgebende Gewerbebetriebe.
Hier ein Auszug (!) der in den Nachkriegsmedien gefundenen Inseraten
In der Nachkriegsliteratur findet sich wiederholt "Henry-Radio" mit den Aktivitäten des Betriebsrates für den "Weltfrieden" sowie der Wahl der Belegschaft zur "Einheitsliste", genannt in der Österreichischen Kommunistischen Partei nahestehenden Zeitungen. Inwieweit dies nur ein Nachkriegsereignis war das dieser Partei allgemein großen Zulauf brachte oder ein tatsächliches Stimmungsbild des Unternehmens wiedergibt muss noch getrennt betrachtet werden.
Etwas was wir nicht bzw. nicht mehr so kennen, das waren der auch in Teilen Österreichs, zumeist dem Gebirge mit seinen schwierigen Empfangsausbreitungen aber auch den Kriegsereignissen geschuldete Ausbau des "Drahtfunks".
Gemäß [Salzkammergut-Zeitung vom 30. Dezember 1948] war Herr Karl Milacher Ansager und Betriebsleiter des Gmundner Drahtfunks der nun eine neue erweiterte Anlage mit 1.500 Watt für die 1.144 Teilnehmer übernommen hatte. Diese war u.a. mit ehem. Wehrmachtsbeständen aufgebaut worden.
Bis dahin war eine Henry-Radio Anlage aus Gmunden Engelhof mit 180 Watt NF-Leistung im Einsatz.
Es dürfte sich folglich um einen NF Drahtfunk gehandelt haben der ein Radioprogramm übernommen und um Lokalthemen erweitert hatte.
Im Dezember 1949 ist im Linzer Volksblatt von 37 km Drahtlänge die Rede. Sowie von einer Erhöhung von monatlich bisher öS 3,- auf nun 4,50 Schilling.
Gemäß der Website "Gmundens-Schätze" war das Haus Marktplatz 16, früher Oberer Stadtplatz 27 die Adresse des Drahtfunkbetreibers.
"... nach dem Zweiten Weltkrieg (befand sich) darin auch das Elektro- und Installationsgeschäft Otto Preinerstorfer; von dort aus hat dieser auch den „Gmundner Drahtfunk“ ausgestrahlt; den Installationsbetrieb hat dann Herr Attwenger weitergeführt;"
Lokalpatriotismus findet sich auch in der Nennung, wonach Henry-Radio eine Lautsprecheranlage zur Premiere des Motorradbergrennens am Gmundenerberg OÖ zur Verfügung stellte. [Salzkammergut-Zeitung vom 13.Juli 1950]
Als normale Werbeberichterstattung geht es dann weiter mit den Henry-Radio Kino Tonfilm-anlagen wie sie etwa im St. Pöltner Bote vom 3. Mai 1951 beschrieben wird. Passend um den italienischen Filmklassiker "Bitterer Reis" aufwühlend Uraufzuführen.
Verzeichnis der Ausstellungen 1868 bis 2010
29.10.1951-29.10.1951 “Henry Radio.” In der Ausstellung “100 Jahre Aufstieg einer Klasse.” Veranstalter: Heinrich & Co., Schottenfeldgasse 39. Eröffnung: 29.10.1951, 17.00. Vorführung einer automatisch gesteuerten Tonbandanlage für Museen und Ausstellungen (Führungen von Raum zu Raum).
Es ist naheliegend das ein Unternehmen tätig auf einem Spezialgebiet dies auch mit Patentanmeldungen unterstreicht.
Auszugsweise (!) sind hier einige angeführt:
Diese Aufstellung kann nur einen groben Einblick geben. Es sind mit April 2023 rund 77 "Henry" Modelle bei RM.org gelistet die bei weitem sicher nicht alle Modelle sein dürften.
Das Unternehmen beschäftigte sich neben den Kernsegmenten mit NF-Verstärkern, Mikrofonen und Lautsprecher auch mit allen dazu erforderlichen Zubehör und Periphäriegeräten wie etwa Beistellradios als Tuner.
Viele Modelle sind auch "lediglich" Abwandlungen und Modifikationen von Hauptmodellen.
Hinzu kamen die
Bild | Zeitraum | Preis in öS | Lautsprecher Modellbezeichnung | Mikrofone | Verstärker |
1938 | Lautsprecher Henry-Radio HL 411 | ||||
Juni 1953 | Insprech 2 Torsprechanlage | ||||
Juni 1953 | 3300 | Insprech 3 Wechselsprechanlage | |||
Juni 1953 | 810 | Überlagerungs-Vorschaltempfänger | |||
Juni 1953 | 360 | Audion-Vorschaltempfänger | |||
Juni 1953 | 175 | HEU Eingangs-Umschaltgerät | |||
Juni 1953 | 1080 | HSR800 Spannungsregler | |||
HL 411 P | |||||
Juni 1953 | HK3 Lautsprecher | ||||
Juni 1953 | HK6 Lautsprecher | ||||
Juni 1953 | HK7 Amatis Lautsprecher | ||||
Juni 1953 | HK8 Amatis Lautsprecher | ||||
Juni 1953 | 1120 | Fortin-V Kurztrichter | |||
Juni 1953 | 1420 | Impera-V | |||
Juni 1953 | 2180 | Magnos-V | |||
Normus | |||||
1956 | 178 | Henry Tonrolle * | |||
HDL 125/400 Druckkammer-Hornlautsprecher | HV 12 R, EL84 | ||||
Juni 1953 | 1470 | HSTV 11 Steuerverstärker, Fremdspeisung | |||
Juni 1953 | 3380 | HSTV 21 Steuerverstärker | |||
Juni 1953 | 2030 | HV 102, 10 Watt | |||
Juni 1953 | 2290 | HV 102M, Mikrof. Trafo | |||
Juni 1953 | 2580 | HV 203, 20 Watt | |||
Juni 1953 | 2810 | HV 203F 20 Watt, Fotozel. | |||
Juni 1953 | 2840 | HV 203 M | |||
Juni 1953 | 2670 | HV 203 V m. Vorheizung | |||
Juni 1953 | 2730 | HV 203 B, Batterieb. | |||
HV 251 | |||||
Juni 1953 | 4080 | HV 254, 25W nur Trioden | |||
HV 301V Transistor Verstärker (Auto Einbau) | |||||
HV 1201, 8 Röhren | |||||
HV 1202, 8 Röhren | |||||
HAEV 110, 12-24V | |||||
HMC 3875 Nieren Mikrophon | |||||
HSTV 18A | |||||
Dyn-Alpha 1 2568 | |||||
HMC56 Dynamisches Nieren-Mikrofon | |||||
HMN Nahbesprechungs-Mikrofon | |||||
HMR Mikro f Reportagezwecke |
Wir blenden zurück in eine Zeit, in der Radios bei weitem noch nicht in der uns geläufigen Stückzahl je Haushalt vorhanden waren, sei es aus finanziellen Gründen aber auch aus Platzgründen in kleinen Wohnungen oder auch weil keine Steckdose vorhanden war wo man ein Gerät anschließen hätte können.
Ich selbst kam einst an eine solche Wohnung (Teilweise) in der noch die Utensilien der verstorbenen Vormieter darin befindlich waren.
Es handelte sich um eine im "alten Wien" sehr geläufige reine Küche-Zimmer Wohnung mit knapp 30m² in einem Mittelzinshaus-Gründerzeithaus, gebaut vor 1945.
Das Wohnzimmer war dabei durch eine dicke Kaminschachtwand mit einer verglasten Holztüre von der Küche getrennt. Und über diesem Hohlraum über dem Türstock war die besagte "HENRY Tonrolle" integriert:
Im Wohnzimmer dürfte deren Röhrenradio gestanden haben und die "Hausfrau" konnte per Schnurschalter diesen Lautsprecher von der Küche aus dazuschalten.
Bild: Werbeschaltung zur HENRY Tonrolle in der Radioschau Heft 3/1956
Es bedurfte folglich keines zweiten Radios zu deren Zeit. Denkbar wäre so ein Einsatz auch mit einem Fernseher um während des Kochens das Geschehen wenigstens auf der Audio Ebene mitzuverfolgen.
Ich hatte dafür wie auch für vieles andere übernommene keinen Bedarf und diese Gegenstände kamen nach und nach im Zuge der Wohnungsrenovierung weg.
Ein wenig war dies für mich das was man heute "Urban Exploring" bezeichnen könnte. Es gelang dabei die (bescheidenen) Lebensverhältnisse gedanklich nachzubilden, was man aber nachvollziehbarer Weise selbst nicht mehr adaptieren wollte.
(Kein weiterer Nachtrag mehr auf RM.org ab 12/09!)
Die Eumig Eumigette 382W - Ein Radio als Beitrag zum Wirtschaftswunder |
Der PHILIPS LC2000 Videoprojektor und frühere professionelle Videoprojektionstechnik |
All meine frühere Unterhaltungselektronik |
zu www.scheida.at/scheida/televisionen.htm gehörend
Updated: 16.08.23