Einleitung:Bild: Der EMPEROR AIE 641 hier als Clone Radio "DIXI 275"Anekdote 1:In der Wohnung einer befreundeten Familie gab es da in den späten 1970er Jahren neben einem selbstgebauten Dampfmaschinenmodell und dem ebensolch hergestellten Modellsegelboot einen nicht einmal faustgroßen hellblauen Mittelwellen Transistor Taschenradio stets als eine Art Kleinod im Vorzimmer zu bewundern. |
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Leider fand sich nie jemand, der die benötigte nur eine 1,5 V AA Mignonzelle in das Gerät eingelegt hätte, bzw. wusste der Besitzer womöglich, dass das Gerät ohnehin defekt bzw. ohne einem brauchbaren Empfang war.
So kam ich nie an einen damals noch möglichen Praxistest am MW Sender Wien-Bisamberg.
Es war zu klein, um es zwangsweise aus Platzgründen ausmustern zu müssen.
Und so blieb diese Geräteklasse über Jahrzehnte, oft bis zur endgültigen Haushaltsauflösung verstorbener Erstbesitzer und länger im “Fundus” vieler.
Die Rede ist vom reinen AM, in diesem Fall Einband Mittelwellenkleinstradio mit den beiden markanten Drehreglern an der obigen Seite.
Dazu die Handschlaufe zum Locker damit herum pendeln und hören. Technisch ein kleines Wunder, wurde es wie beschrieben eben mit nur einer einzigen 1,5 V Batterie betrieben.
In der Praxis in Österreich aber war seine Zeit mit der zunehmenden Verbreitung von UKW Radiosendern anstelle des “Ö1” MW Radios eher ungeeignet, um nicht zu sagen, kaum mehr gefragt, was das Radio zumeist zu einem reinen Sammler- oder Erinnerungsgegenstand alias einem "Klumpert" was eben so herumliegt verkommen ließ.
Wie dem aus sei, besagtes Gerät ist nebst der Kategoriezuordnung als “Mikroradio” eines, das unter allen erdenklichen Phantasienamen über viele Jahre u.a. auch vom bekannten Kaffeevertrieb "TSCHIBO" in Deutschland verkauft wurde, was sich ebenso bis heute in den Online Angeboten widerspiegelt.
Von vier Farbvarianten spricht die Original Bedienungsanleitung in [3]. Letztlich waren es einige mehr.
So unbedeutend dieses Radio und die zugehörige Geräteklasse für mich bisher war, die Erinnerung in Verbindung mit den häufig anzutreffenden Web-Angeboten luden mich einmal mehr zu einer Spurensuche ein:
EMPEROR als Modellname, was so viel wie Imperator, also Herrscher bedeuten mag, ist wohl etwas großspurig daher geholt.
Bild: Die Originalmodelle weisen prominent "EMPEROR" als Name auf
Aber lassen wir es einmal ruhig gelten. Mag dieses Radio und der Name zumindest eine Zeitlang Anfang der 1970er Jahre in seinem entsprechenden Preissegment den Markt an reinen Einband AM Mittelwellen und vielleicht auch Langwellenradios tatsächlich "beherrscht" haben. In Sachen Größe, Kompaktheit und der nur EINEN benötigten 1,5 Volt Batterie war er sicher der unangefochtene "Kaiser", zudem in seiner Preisklasse.
Technisch ist es gar ein Superhet mit 6 Transistoren, drei Dioden und einem Mikro Lautsprecher versehen.
AIE - Die Firma hinter dem Markennamen "EMPORER"
AIE, ist dabei für die Asia International Electronics, Ltd. aus Hong-Kong stehend.
Gemäß [2] heißt es auszugsweise übersetzt wie folgt:
"In den 1970er Jahren war Asia International Electronics Ltd (im Folgenden "AIE") eine der führenden Elektronikfirmen in chinesischem Besitz in Hongkong. Sie war eine von zwei Firmen in chinesischem Besitz (die andere war Atlas) unter den zehn größten Radioherstellern in Hongkong im Jahr 1974, die zusammen 50 % des Marktes kontrollierten, und eine der ersten Elektronikfirmen, die Ende der 1970er Jahre Joint Ventures auf dem Festland gründeten.
AIE wurde von Vong Hoi-tong und seinen Brüdern Wong Chi-keung und Wong Chi-wai zur Herstellung von Transistorradios 1970 gegründet.
1975 beschäftigte AIE mehr als 200 Mitarbeiter und war einer der führenden Radiohersteller in Hongkong. Die Fabrik befand sich in der 205 Wai Yip Straße in Kwun Tong.
1976 gründete AIE eine Handelsabteilung, um importierte Elektronik (z. B. Sankei-Stereoanlagen aus Japan, denen einige AIE-Radios ähnelten) und andere Produkte (Brandy) in Hongkong zu vertreiben.
In den Jahren 1975 und 1977 meldete AIE Patente für kombinierte Handgelenk-Radios mit Armband und Handgelenk-Radiogehäuse an. (Diese sind im US Patentregister auch abrufbar).
Bild: Als Stellvertreter dieser "Armbandradios" - Der >WRISTO< von AIE Modell 1541
Bereits 1971 begann AIE mit der Produktion außerhalb von Hongkong und gründete im selben Jahr seine erste Fabrik in Singapur.
Ende 1978 war AIE eine der ersten ausländischen Elektronikfirmen, die ... auf dem chinesischen Festland Fuß fasste.
AIE ging Partnerschaften mit fünf Fabriken in Peking, Shanghai, Tientsin und Foochow ein, um Taschenradios, tragbare Radios und Radiokassetten, drahtlose und elektronische Instrumente herzustellen.
Zwischen 10 und 50 % der Kapazität dieser Fabriken, die bis zu 2.000 Arbeiter beschäftigten, wurden für AIE-Verträge genutzt. (Asiaweek, 1979)
Die AIE schickte Komponenten für ihre Radio- und Kassettenspieler an Fabriken in Peking, wo sie zusammengebaut wurden, bevor sie zur Endmontage und zum Export in die Kolonie zurückgeschickt wurden.
Die chinesischen Arbeiter erhielten 25 Dollar im Monat, weniger als ein Sechstel dessen, was AIE seinen Beschäftigten in Hongkong zahlte.
Eine für uns Europäer nicht unbedeutende Erkenntnis darüber was sich im fernen Asien in Sachen Arbeitskosten abspielte und die "Wanderbewegungen" der Unternehmen schon in den 1970er Jahren erklärte. Auch, warum ein solches Industrieprodukt bei all seiner Einfachheit so extrem billig am Weltmarkt veräußert werden konnte.
1988 wurde AIE als Unternehmen aufgelöst."
Die Britische Design Patentanmeldung aus dem Jahr 1970
Das baugleiche Radiogerät, nun als >EXPO '70< bezeichnet für die Weltaustellung 1970 stehend. Wie man sieht, hat so gut wie alles irgendeinen Bezug zu parallel laufenden Ereignissen. Passend auch als EXPO Clone Radio zur EXPO 1970 wohl als Give-Away Radio erschienen
Die einheitliche Nummernfolge - hier AIE 641 & AIE 641A was mit den Marke "AITRON" Geräten die mit den Typen AIE 1541 für die Armbanduhr-Designradio eine kontinuierliche technische Entwicklung wie auch Designgestaltung belegen.
Weitere Modelle waren auszugsweise:
Der Williamsons Enviro Stereo Radio Cassette Recorder AIE-2000 oder die zum EMPEROR weitgehend technisch identen, wenn auch mit geänderten Design bekannten Gran Prix AIE-941 oder AITRON Magic-Ring AIE-941 (Siehe unten dazu) wie auch der gleichlautende wenngleich baulich größere AIE-641. Mit offenkundig identer Schaltung.
Um auf Nummer sicher zu gehen gab es für das in der damaligen Britischen Kronkolonie Hong-Kong hergestellten Gerät gar eine "British Design Registration NO. 946611".
Bild: Die British Design Registration No. 946611.
Der Hinweis darauf ist auf jedem Deckel über die einstige Kunststoffpressform wiedergegeben.
Bei Klons die außerhalb Hong-Kongs hergestellt wurden fehlt dies mitunter.
So am Beispiel des "neutralen" Modells >LUCKY<.
Ebenso befindet sich diese Design Nummer unter anderem Nachgewiesen auch am Print mittig in der EMPEROR MW Ausführung AIE 641 No. 946611.
Sie ist fehlend bei KLON Geräten.
Die im wesentlichen aus zwei Kunststoffschalen bestehende Gehäuseform, Werbewirksam in Folge auf der Verpackung als "Unzerbrechbar - Unbreakable" bezeichnet wird wohl tatsächlich seinen Eingang in die Ahnengallerie der erfolgreichen radiotechnischen Industriedesigner in der Liga von Dieter Rams wie auch im anderen Deutschland mit HELIRadio gelten.
>Shock-Proof<, also Stoßfest galt zudem als Attribut für die Radioschaltung selbst.
Gemäß Britischem Nationalarchiv werden zu den Designregistrierungen beim Eintrag BT 53/322 die Designs 945900-946699 mit dem Datum der Anmeldung oder Registrierung zwischen dem 1. März 1970 und dem 31. Mai 1970 angeführt.
"Unsere" Gerätschaft folglich im Wesentlichen aus der Saison April/Mai 1970 fortfolgend stammen müsste.
Damit noch nicht genug, wurde ein weiteres damals positiv besetztes Identifikationsmerkmal hinzugesetzt.
In einer dafür vorgesehenen Ausnehmung die in beiden Gehäuseschalen, Lautsprecherseitig wie auch im Deckel angebracht ist befindet sich ein Aufkleber mit dem Atomsymbol was wohl einmal mehr eine Modernität und den Letztstand der Technik zu seiner Zeit symbolisieren sollte.
Anmerkung: Während ich dies als meine Gedanken dazu so schreibe, ist mir durchaus bewußt, dass dieserlei Käuferbotschaften nicht als reales "Verkaufsgespräch" für einen Billigradio angewandt wurden, sondern letztlich als "Impulskauf" eben bei den möglichen Käufern unbewußt die beschriebenen Assoziationen im Spiegel jener Zeit ausgelöst haben mögen und den Auslöser für einen Kauf, selbst wenn er gar nicht nötig gewesen wäre dargestellt haben könnten. Anekdote: Bei einer sehr netten Tante in meiner Kindheit sah ich selbst Bleistiftschreiber die mit der angeblichen Nutzung und Erprobung durch Weltraumfahrer beworben wurden. Vergleich der verschiedenen MW Prints
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