Bild: Der BRAUN Compact 2000 Haartrockner [1]
Es musste Anfang der 1990er Jahre gewesen sein, als ich mir einen für damalige Begriffe etwas besseren Haarfön = Haartrockner kaufte oder gar innerfamilär geschenkt bekam.
Zur Erinnerung: >Fön< war bzw. ist eine geschützte Markenbezeichnung der Firma Sanitas, nachmals AEG bis zu Electrolux [3].
Nicht das ich allzu besondere Ansprüche an so ein Gerät gestellt hätte. Die jedoch manchmal als zu heiß empfundene Luftaustrittstemperatur anderer bisherig benutzter Erzeugnisse machten das bei BRAUN gebotene Feature der zudem stufenlosen Temperaturregelung zur Produkteigenschaft der Wahl.
Wie mir zudem aktuelle Produktangebote im Web zeigen, war dieser Fön vielfach seiner Zeit voraus bzw. hatte eben Eigenschaften die damals wie auch heute nicht jeder hatte.
Stufenlose Geschwindigkeitsregelung des Motors (ab einer Mindestdrehzahl).
Ebenso gefühlt stufenlose Regelung der Heizung bis 2.000 Watt (!)
Mit je einem Tastendruck konnte zudem wahlweise die volle Heizleistung zu oder auch gänzlich weggeschaltet werden. Eine Funktion die ich wiederum so gut wie nie in Anspruch nahm.
Lediglich einmal dürfte er schon recht früh eine Übertemperatur entwickelt haben was man an der leicht angeschmolzenen Austrittsöffnung immer noch erkennen kann. Warum und wie dies passiert ist ist mir zwischenzeitlich längst entfallen.
Bild: Typenkunde - gefertigt in einem Teil Europas der eine Zeitlang intensiv wirtschaftlich mit Ansiedlungen auch in der Elektro/Elektronikbranche gefördert wurde
So dachte ich bis heute Sonntags wo ich den Artikel schreibe nie über das Gerät nach, das stets verläßlich seinen Dienst verrichtete, ehe ich ihn heute morgen zum erforderlichen Anlassfall einschaltete und ganz kurz ein sonst noch nie wahrgenommenes leises und kurzes "Knackgeräusch" vernahm.
Noch dachte ich mir nichts dabei ehe ich gleich merkte, dass das Gerät kaum mehr eine Wärme abgab.
Kaum bedeutet, das es gefühlt nur geschätzt 300 Watt waren anstelle von 1.500 W oder mehr wie ich es zumindest kurzzeitig benötigt hätte.
Zwar konnte ich mich damit nun deutlich länger andauernd trocknen. Ein Dauerzustand aber kann dies nicht sein.
Entweder es gelingt das Gerät wieder repariert in Betrieb zu nehmen, oder es muß ein neuer her. Fraglich aber dennoch ob es dann wieder ein Braun werden würde?
Bilder: Diverse elektronisch gesteuerte Sonderfunktionen im Griff
Dabei habe ich nämlich leider die Erfahrung gemacht, dass eine Marke bzw. ein Hersteller, der mitunter in der Vergangenheit gute Geräte bzw. Modelle herausbrachte dies zwangsläufig nicht mehr automatisch auch noch in der Gegenwart bei den neuen aktuellen Modellen tun.
Also bliebe nur Try & Error um mit Glück gleich beim Erstkauf wieder einen brauchbaren der hoffentlich ebenso seine 20 Jahre Plus hält zu bekommen.
Ein Blick in die Ersatzteilversorgung für das Gerät führt gerade einmal einen einzigen Anbieter in Deutschland mit dem offenkundig zudem einzig verfügbaren und wohl öfter benötigten Ersatzteil, der Heizung an.
Aufgerufen werden mit Stand 2/2023 € 28,14 Euro zuzüglich Porto was vielfach der Kaufpreis eines neuen 2.000W Haartrockners darstellt.
Zugegebenermaßen aber keiner mit den obig beschriebenen anwenderfreundlichen Eigenschaften.
Ob diese Heizungseinhheit zudem die eigentliche Fehlerursache ist bleibt vorerst fraglich.
WARNUNG: Dieser Artikel ist AUSDRÜCKLICH kein Reparaturratgeber und auch KEINE Anleitung! Auf die Sicherheitsrisiken bei 230V Geräten ist verwiesen!
Das Gerät ist natürlich geschützt aufgebaut um im Sanitärbereich wie einem Badezimmer bei Feuchte und Spritzwasser bis zu einem bestimmten Grad Schutz und Funktion zu geben.
Zwei Schrauben im Griff sind daher mit Gummikappen verdeckt aber dennoch gut auffindbar angebracht.
In Folge erscheinen keine üblichen Phillips Schrauben, sondern "Dreistern" Spezialschrauben, Tri-Wing genannt, damit es eben nicht "jeder dahergelaufene" öffnen kann.
Ein Spezialbitsatz in meinem Werkzeugfundus beinhaltet diesen Bit und ich schraube sie dort auf ohne jedoch gleich wirklich weiter zu kommen.
Als erfolgreich erwies sich daher lediglich das Abnehmen der rückseitigen Staubabdeckung und das gesteckte mit Klemmzapfen gehaltene Schutzgitter mit etwas frickelei abzunehmen ehe es mit ebenso leichter Gewalt gelang die Abdeckhaube der Heizkartusche zu öffnen bzw. nach vorne abzuziehen.
Erst in einem zweiten Anlauf erkenne ich, wie der Schieberegler abgenommen, das Gehäuse entfernt und nun das Steuermodul sichtbar werden läßt.
Die üblichen und zu erwartenden Heizwendel, hier versehen mit Mehrfachanzapfungen wohl für verschiedene Leistungsstufen. Sie dürften aber auch zum Teil als Vorwiderstand für die Elektronik dienen?
Schutzelektronik in Form eines wohl Bimetall gesteuerten Hitzedrahtöffners so meine Annahme dazu, sowie ein "Netzteil" in Form einer geschätzt 1N4007 Gleichrichterdiode und einem 5.600 Ohm Leistungswiderstand eingebaut in Luftströmungsrichtung.
Eine weitere "dicke" Leistungsdiode ist am Anfang des Luftkanals verbaut.
Ich fertige mir eine Grobschaltungsskizze für die eigene Visualisierung an. Wenn Zeit und Muße es erlauben lade ich sie vielelicht irgendwann einmal hier dazu hoch.
Und nochmals erst etwas später entdecke ich eine weitere also dritte Diode, hier eine 1N5408 Diode (1.000V/3A) in einer weiteren Spannungszuführung.
Das alles mit Ausnahme letzterer ist nicht gelötet, sondern der Temperaturentwicklung geschuldet naheliegenderweise alles mit Messinghülsen verpresst verbunden.
Im Ausblasbereich findet sich optisch betrachtet nochmals so etwas wie eine Diode. Es dürfte sich jedoch, da nur als Messgröße ohne Abgriffe an das Steuermodul gehend um ein Halbleiter Thermistor - Temperatursensor NTC handeln.
Gemessen in beide Richtungen bei Zimmertemperatur waren es 500 kOhm. Eine künstliche Reibung ließ den Widerstandswert sinken.
Bild: Der Thermistor sowie ein Teil des "Netzteils" im Luftstrom, so "gefährlich, dass es hinter Gitter muß"
Noch vor dem Ausbau waren zwei aus der Schaltungsfunktion heraus erwartbaren TRIAC's von ST Typ T0805MH links und rechts der Heizkartusche isoliert und lose eingesetzt zu finden.
Das ST Datenblatt klärt auf: 8 A 600 V sind dessen Eckdaten.
2.000 Watt bei 230 Volt nebenbei wären rund 8,7 A.
Der Umstand, wonach es zwei davon gibt deutet auf eine Aufteilung des Stromes hin.
Neben dem Leistungsteil gibt es noch die auf SMD Basis im Griff befindliche Steuerelektronik die ja ebenso versorgt werden muß sowie der letztlich relativ klein gehaltene E-Motor.
Von besagter Steuerelektronik gelangen 5 + 3 eigentlich sehr dünne Kabel an die Triacs sowie dem Hitzedrahtelement.
Bild: Nur ein kurzer Blick, dann wieder schnell zurück- zum Erhaschen der Details, dem BAGHL202 IC. Das Risiko des brechens der Kunststoffteile ohne wissen wie sie zusammengesteckt waren mir anfangs zu hoch, in der Annahme dass die Steuerelektronik funktioniert. Der "dicke" Elko ist nebenbei gesagt ein 470 µF/ 100V.
Aufgefallen sind beim Auseinandernehmen, ein heruntergerutschter leicht angekokelter 2,8 mm Flachsteckerschuh.
Bild: Da wird ein Schuh draus - nach dem Reinigen und neu anstecken
Dieser wurde wieder gereinigt angesteckt. Inwieweit er mit dem Fehler etwas zu tun hat bleibt vorläufig unklar. Das herunterrutschen kann auch beim Zerlegen passiert sein.
Nochmals zum Fehlerbild:
Nach einem nur einmal aufgetretenem kurzen und kaum hörbaren "Knacksen" lief zwar der Motor in den eingestellbaren Steuerbereichen, die Temperatur jedoch blieb auf subjektiv wahrgenommenen rund 300 W stecken (lt. Amperemeter inkl. Motor wären es 3A = rund 690W, davon geschätzt max. 200 W der Motor).
Die Spannung gelangt über eine ebenso mit den Tri-Wing Schrauben befestigte Netzkabel-Zugentlastung an das Steuermodul.
Selbiges Modul mit BRAUN beschriftet hat den Datumscode für 44/94 also Woche 44 1994.
Die Spannung gelangt an eine per Zahnstange/Rad übersetzte Schiebebewegung an einen Ein/Aus Drehschalter der wiederum an ein spezielles BRAUN Poti Bauteil (100kOhm) gekoppelt ist und folglich die Drehgeschwindigkeit augenscheinlich über einen IRF 520 MOSFET ebenso von ST (100 V ca. 9A) des Motors steuert.
In Ruheposition ist der Fön also zumindest einpolig abgeschaltet.
Die TRIACS der Heizungssteuerung (hier vielleicht gar als eine aktive Regelung per Thermistor?) werden direkt von dem 16 poligen SMD IC BAGHL202 ebenso von ST angesteuert.
Das IC wird über eine Mininetzteilschaltung versorgt. Rund 9V DC konnte ich am nahe verbauten Kleinelko messen.
Für diesen IC fand ich leider kein Datenblatt. Und an den Steuerausgängen kommt kein Signal heraus was danach aussehen könnte die Gates der TRIACS anzusteuern.
Da nützt es mir auch nichts wenn noch mehr als 68.000 Stück davon in China bestellt werden können.
Ich vermute es wird ein entsprechend spannungsfester Doppel OP IC sein. Weis jemand mehr?
Einmal müßte es eine Abhängigkeit zwischen Motordrehzahl und Temperaturwahl geben. Da bei 2.000 W und minimaler Drehzahl die Heizwendeln ja abbrennen würden. Oder?
Dann muß die wahlweise betätigte Taste für "Kaltluft sofort" bzw. maximale "Heißluft sofort" in diesen Regelkreis eingreifen bzw. ihn vollständig außer Kraft setzen.
Ebenso muß bei Übertemperatur die Ansteuerung der TRIACS abgeschaltet oder zumindest reduziert werden.
Seltsam: Wenn ich das Kabel des Übertemperatursensors abziehe ändert sich an der Funktion nichts. Der Sensor bleibt in der 500kOhm "kalt" Stellung. Er hat also auf die Motorregelung keinen Einfluß. Und den auf die Triac Ansteuerung kann ich so nicht testen.
Ebenso nicht ohne weiterem vollständigen Nachforschen an der Schaltung nachvollziehbar ist, dass die graue Temperatursensor Leitung an ein 15kOhm Potentiometer am Steuermodul geht. 500kOhm in Serie mit 15k macht keinen Sinn soferne es da nicht eine tiefergehende Thematik gibt.
Drei SMD Transistoren finden sich auf der Platine. Alles andere sind passive Bauteile. Alle äußerlich ohne erkennbare Schäden. Ebenso einwandfrei der Print und seine Lötstellen.
Was ich kaum je gebraucht hatte, das war die als weiteres Feature gedachte Verdrehbarkeit des Fönkopfes gegenüber dem Griff wohl für semiprofessionelle Friseure oder Linkshänder? Daher ist die obere Einheit innen eben drehbar gelagert mittels loser Kabel verbunden.
Von einer interessanten Detaillösung zeigt der Ring für die per 470 kOhm Poti durchführbaren Temperaturverstellung. Der Ring arbeitet über einen innenliegenden Zahnkranz an das Zahnrad des Potis.
Bild: Etwas für den Mechatroniker: Stellwertübertragung per Zahnkranz/Zahnrad auf das 470kOhm Poti.
Vergleiche ich diese Schaltung und die Eleganz der Funktionen mit den diversen Marken und Typen die im Februar 2023 auf Amazon bis etwa 50 Euro angeboten werden, so ist dieser BRAUN dazu im Vergleich "Raketentechnik".
Haben doch die mir angezeigten neuen Modelle lediglich normale Schalter mit Sufe 1 & 2 für das Gebläse und ebensolches für die Heizstufen bis zu 2.500 Watt.
Ich nehme an, das dies etwas mit dem derzeit anhaltenden weltweiten Mangel an Hableiterchips zu tun haben könnte.
Von Schutzeinrichtungen abgesehen düften die aktuellen Generationen tatsächlich eher nur mechanische Schalter haben die auf die Heizregister gehen.
Auch vom Vertreter eines Herstellers ähnlicher Life-Styleprodukte u.a. im Staubsaugerbereich hörte ich, das alle früheren Extrafunktionen und Features aus diesem Grund bei den aktuellen Modellen eingespart wurden.
Verkauft wird dies natürlich als "ein zugehen" auf Kundenwünsche hinsichtlich einer Vereinfachung.
So sehr ich mir einen Schaltplan und leistbare, vor allem verfügbare Ersatzteile für mein Gerät wünschen würde: Auch hier muß man sagen, das im Falle einer professionellen Reparatur, bei der nicht zuletzt auch die ÖVE/VDE Sicherheitsüberprüfung bei einem solchen Gerät ein Muss wäre jede nach unseren Vorstellungen entsprechende finanzielle Wirtschaftlichkeit selbst bei günstigen Ersatzteilpreisen für eine Reparatur nicht gegeben wäre.
Bestenfalls "Bastler", Heimtechniker, Pfuscher (in Österreich hier für Schwarzarbeiter stehend) und Reparatur Cafes könnten sehr wohl von einer Ersatzteilbetreuung auch nach über 25 Jahren profitieren.
Das Gerät selbst hätte es sich eigentlich verdient.
Mir blieb eine vorübergehende Testlösung in Form des Kurzschließens eines der beiden Triacs was letztlich die gesamtmögliche Leistung des Föns auf rund die Hälfte dezimierte.
Tests ergaben, das auch bei längerem Betrieb mit der langsamsten Motordrehzahl keine Überhitzung stattfindet. (Den zweiten Triac habe ich aus diesem Grund nicht kurzgeschlossen)
Der Pferdefuß aber bleibt, wonach mir die 1.000 Watt zum Teil bereits zu heiß sind. Hier hätte eine weitere in Serie geschaltete Diode die Spannungszuführung auf nur eine Halbwelle reduzieren können.
Überraschenderweise gelang es mir das Gerät sehr rasch und leicht wieder korrekt zusammenzubauen.
Bilder: Nunmehrige Leistungsaufnahme "digital wie auch analog gemessen". Min. - max. unterscheidet sich nur mehr über die Motorstromaufnahme.
Als jemand der schwerpunktmäßig Nostalgieelektronik analysiert ist die Leistungsaufnahme an dem Trenntrafo schon an der Grenze des dort Möglichen.
Das offene Gerät, das zudem sehr heiß wird, einen starken Luftstrom erzeugt und überall die "heiße Phase" anliegen hat ist dann schon etwas kniffelig um nicht zu sagen herausfordernd in der Behandlung. Gelungen ist es dennoch.
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Updated: 27.02.23