"Traurig aber wahr": Erst der Besuch 2024 von der neuen Ausstellung "100 Jahre Radio in Österreich" im TMW Technischen Museum Wien brachte gleich bei der Eingangstafel u.a. den Namen der Frau Dr. Rosa Nouackh-Horsky, also einer echten "Studierten" als stark engagierten Person der ersten Radioszene Österreichs.
Zuvor war sicher nicht nur mir sondern auch anderen Radiofreunden der Name, anders als etwa der bekannte Josip Sliskovic, Prof. Ettenreich, Eugen Nesper oder noch Dr. Richera die wir u.a. auch aus dem IRC - dem Internationalen Radioklub her kennen kaum geläufig oder sonstig mit unserem Thema assoziierbar.
Lediglich zwei mittlerweile schon über 30 Jahre alte Nennungen in der fachlichen österreichischen Sekundärliteratur finden sich im
"Museumsbote" Nr. 24 vom 25. März 1991, wo es heißt: "1917 (Anm. also wöhrend des ersten Weltkriegs) tritt Frau Dr. Rosa Horsky in die ÖTAG (Österreichische Telefonfabriks-AG) ein und übernimmt die Leitung der Radioabteilung der Telegraphenfabrik AG. Sie verfolgt von Anfang an die Entwicklung der Röhrentechnik.
"Museumsbote" Nr. 25 vom 18. April 1991 führte aus, wonach "In der Radiowelt Nr. 42/43 von 1927 .. wir einen Artikel von Frau Dr. Rosa Nouackh-Horsky, der Konstrukteurin der BERLINER Radios ... finden. Es handelt sich dabei um den Neutro-Vierröhrenempfänger". Dr. Horsky wird uns noch später begegnen, zeichnete sie doch auch als Chefkonstrukteurin der ÖTAG-Radios verantwortlich."
Die hier angekündigte "Begegnung" ließ nun letztlich bis 2024 auf sich warten.
War sie doch in der Technikdomäne einer Männerwelt eine der wenigen Frauen die zudem zumindest eine zeitlang auch publizistisch und Vortragend tätig war.
Anmerkung: Die Schwachstromindustrie, namentlich die Telefon- und Telegrafentechnik bot sich nach dem Ersten Weltkrieg als dankbar für dieses neue Beschäftigungsfeld des "Radios" nun im zivilen Sektor an.
Bezogen auf die Karriere von Frau Dr. Horsky
So folgte 1898 die Gründung der ÖSTERREICHISCHEN TELEFONFABRIK A.G. vormals J. Berliner, Wien XIII., Missindorferstraße 21.
Anfangs wurden hauptsächlich militärische Sendeanlagen gebaut. 1924 folgte der Beginn der Radioproduktion.
In den Jahren 1927 - 1933 erschienen die Produkte unter dem Markennamen >BERLINER<.
1933 wird die Firma von Czeija-Nissl, einem weiteren Radiohersteller gewissermaßen im Rahmen einer Konsolidierungsphase übernommen.
Eine lose Recherche läßt uns rasch ein Buch aus der "Bibliothek des Radio-Amateurs" mit dem Titel "Der Neutrodyne-Empfänger" aus dem Springer Verlag 1925 auffinden.
Und sicher nicht nur bei mir der sich in der Detailtechnik der früheren 1920er Radiotechnik eher weniger beschäftigt hat, so ist diese Thematik an uns zumindest unbewusst vorbeigegangen.
Auch läßt die Abkürzung "R. Horsky", zumindest die Vermutung im Raum dass der Springer Verlag einst den Vornamen und damit die Wissensvermittlung eines Technikthemas durch eine Frau möglicherweise etwas verschleiern wollte. Nochmals angeführt: Ich vermute hier lediglich!
Denn dagegen spricht, das auch einige weitere männliche Autoren in dieser Schriftenreihe nur mit abgekürzten Vornamen geführt sind.
Dazu passt jedoch die etwas spitze Bemerkung im "Der Montag" vom 29. November 1926 in der Rubrik "Neues aus Radio-Europa!" wo es auszugsweise heißt:
"Die Vortragsreihe für Radioamateure setzt ein etwas unbekannter „Fachmann" Frau Dr. Nouackh-Horsky, mit einer Vorlesung über „Detektorapparate" fort".
Wurde sie doch in deren Zeitung eine Woche zuvor mit einem neutral gehaltenen Text angeführt!
Die obligatorische Suche auf >Anno< läßt uns für den Zeitraum 1924 bis in die 1930er Jahre mehrere Announcen für Vorträge und Veröffentlichungen zu Frau Horsky finden:
Der "Radiokurs im Technischen Museum" bringt in der 6. Doppelstunde "Die Meßtechnik des Radioamateurs" von Frau Dr. Horsky lt. "Oesterreichische Radio-Zeitung für das gesamte Radiowesen und dessen Industrie" Ausgabe 12/2024. Und somit ist es naheliegend, dass das TMW die Vortragende auch gewissermaßen zum Auftakt der Austellung anführt.
Am Montag den 29. Dezember 1924 gibt es den "Radio-Wien" Vortrag:
Am 6.2. 1925 wird in "Die Stunde" der Radio-Volkshochschule Vortrag "Verluste in Empfangsapparaten und deren Bekämpfung" von Frau R.H. angeführt.
Dienstag den 21. April 1925 folgt der "Radio-Wien" Vortrag
"Radio-Wien" Heft Nr. 33 aus Mai/Juni 1925 führt den obig angeführten Vortrag mit dem Titel "Der Neutrodyne-Empfänger" zweiteilig als Zusammenfassung aus aufgrund der hohen Hörernachfrage.
Für Donnerstag den 2. Dezember 1926 wird ein Vortrag "Über Detektorapparate" von Rosa H. announciert
.....
Mit 17. April 1932 in Elektrotechnik und Maschinenbau Heft 16, wird u.a. Horsky als Angehörige des Arbeitsausschußes unter dem Obmann Dr. Ettenreich für den Entwurf von "Vorschriften für Radio- und Elektroschallgeräte, die mit Starkstromnetzen in Verbindung stehen" angeführt.
Man könnte es auch als ein Lobbying der Industrie in den frühen Normenausschüssen bezeichnen.
Privat für die Zeit zuvor wie auch dannach ist bis dato nichts bekannt.
Bereits 1928 wird in der "Reichspost" Hofrat Dr. Nouackh als Vorstand der Abteilung für Schwachstrom und Sicherungsanlagen in der Generaldirektion der Bundesbahnen angeführt.
Inwieweit ein "Hofrat Ing. Nouackh" ebenso in obigen Verein tätig für "Sicherheitsvorschriften für elektrische Starkstromanlagen" lt. Heft 19, 1930 auch eine bzw. womöglich eben die eheliche Bindung darstellt bleibt vorerst offen.
Nach 1937 finden sich vorerst keine Nennungen mehr die weitgehend das Thema "Strom" mit Horsky bzw. Nouackh anführen.
Lassen wir uns kurz auf die Betrachtung der um 1923/24 bei uns bekannten Empfängerkostruktionen ein:
Da waren u.a. der
Detektorempfänger
Primär Abgestimmt
Sekundär Abgestimmt
Einkreiser Audion Empfänger
Mehrkreiser Audion Empfänger
Superregenerativempfänger
Das bekannte Superheterodyne Prinzip, also der Überlagerungsempfänger
Sonderbauformen wie Reflexempfänger zur Mehrfachausnutzung einer (teuren) Verstärkerröhre
und eben auch der Neutrodyne Empfänger.
Die Entwicklung dahinter stammte wie so vieles aus den USA wo er bereits ab 192x eine breite Bekanntheit und Nachbauer fand.
Für den Deutschsprachigen Raum findet sich für den Neutrodyne Empfänger nach dem Buch von Horsky 1925 erst wieder 1926 eine Abhandlung.
Bild: Die Buchkurzvorstellung zum "Der Neutrodyne-Empfänger" aus der "Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, Heft 11/12 1926 in der zudem auf die Zusammenstellung diverser "englischer" Zeitschriften zum Thema hingewiesen wird.
Lassen wir die Detektor Amateure die übrigends zeitnah ebenso mit Vorträgen von Frau Horsky auf "Radio-Wien" bedient wurden außen vor, so kommen wir zum aktiven das heißt mit Verstärkerröhren beschalteten Empfänger.
Gerade, und aus der entsprechend boomenden Zeit in den USA kommt ja diese Schaltung, machten sich die ersten Probleme mit stetig mehr Sendern im letztlich limitierten Frequenzband bemerkbar.
Umso mehr wurde eine gestiegene Selektivität, sprich Trennschärfe für einen brauchbaren Empfang von nöten.
Hier gepaart mit weiteren positiven Eigenschaften wie etwa der Absenz einer Schwingneigung die sich schon nur aus der Gitter-Anodenkapazität ergeben kann.
Und hier kommt auch der Begriff NEUTRODYN zum Tragen, der eben den Kern des (hier relevanten) Schaltungsdetails mit der Neutralisiation angeschlossen an einer Anzapfung der jeweiligen Sekundärwicklung der HF Transformatoren zeigt.
Schaltungsauszug: Dies ist der extra "Neutralisierungskondensator" auch "Neutrodon" genannt der an der Stelle wie oben gezeigt eingefügt wird. Quelle: "Radio-Wien, Nr. 33 vom 31. Mai bis 6. Juni 1925
Ein Bauteil, das werbewirksam und stellvetretend für einen Kondensator mit kleiner Kapazität, so wie hier bereits 1924 in der Fachzeitschrift HELIOS beworben wurde:
Bild: Werbeauszug aus der Fachzeitschrift "Helios" 1924 mit der konkreten Benennung dieses Neutrodyne Kondensators. (Die Abbildung selbst steht nicht in Zusammenhang damit!)
Bild: Der Beitrag führt auch gleich eine Nachbauanleitung für Bastler mit mechanischem Geschick aus. Ein cm entspricht 1,1 pF. Quelle: "Radio-Wien, Nr. 33 vom 31. Mai bis 6. Juni 1925
Eine entsprechend fachlich ausgebildete Frau, die bereits in den 1910er Jahren wohl in Verbindung mit der aufkommenden militärischen Funktechnik während des Ersten Weltkriegs mit dem Thema "Radio" zudem in verantwortlicher Position in Berührung kam.
Und ab dem Anfang der 1920er Jahre mit dem nun auch zivilen "Radiofieber" sich gleich zu Beginn an sich dieses neuen für breite Massen interessanten Themas annahm.
Dies durch Fachpublikationen sowohl Überregional (mit Buch) wie auch Regional in der Zeitschrift "Radio-Wien" weiters der "Radio-Welt" sowie ihren auch im weiteren deutschprachigen Raum über den Sender "Radio-Wien" hörbaren Fachvorträgen Bekanntheit erlangte.
Zumindest den bisherigen Forschungen nach in den digitalisierten Online-Archiven wurde es nach dieser "Boom" Zeit des Radios ab 1932 still um diese Person.
Bleibt uns der mitmaßlichen Namenprovinenz, wohl "Altösterreichisch" also Tschechisch-Böhmisch-Mährisch nachzugehen.
So bleibt Raum für vertiefende Nachforschungen und Entdeckungen u.a. in der Fachzeitschrift Radio-Welt.
"Bibliothek des Radio-Amateurs" mit dem Titel "Der Neutrodyne-Empfänger" aus dem Springer Verlag 1925
"Museumsbote" Nr. 24 vom 25. März 1991
"Museumsbote" Nr. 25 vom 18. April 1991
Div. Ankündigungen über "Anno" Suche wie u.a. in "Radio-Wien"
Suchbegriffe:
Rosa Horsky, Neutrodyne, Detektor, IRC,
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Textzusammenstellung 10/2024; W. Scheida/Wien Medienhistoriker, zu www.scheida.at gehörendLetzte Überarbeitung: 10.10.24