Bild: Werbeschaltung zu den REX Anoden von Ing. Czasch, Wien V aus 1931
Am diesjährigen Frühjahrsflohmarkt in Breitenfurt bei Wien im April 2024 fand sich als ein auch im dortigem Umfeld nicht gerade alltäglicher Artikel in Form einer "Kommissionsware" beim Stand eines Sammlerkollegen eine "REX-Radio" Netzanode. Diese zudem in der Gleichspannungsausführung!
Vorerst zu unscheinbar und noch dazu wie erwähnt in der Gleichspannungsausführung. Das macht(e) sie am Ende der regulären Nutzungszeit zudem zu einem praktisch kaum verwendbaren Gerät das als "schwarze Kiste" auch kein Sammelgut darstellen würde wäre da nicht die im Zuge von Recherchen aufgefundene Hintergrundgeschichte dazu:
Was war eigentlich der Sinn und Zweck der sogenannten Netzanoden?
Führen wir uns in Erinnerung, wonach "das Radio" nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen und der einfachen Haptik heraus vielfach mit dem "Detektorbasteln", also mittels dem passiv funktionierendem Radioempfang per Detektorkristallen begonnen hat.
Davon ungeachtet hatten engagierte Bastler, wie durchaus ehrenvoll Amateurtechniker damals bezeichnet wurden, auch schon erste Niederfrequenzverstärkerschaltungen und Audion Schaltungen, jeweils mit den ersten Generationen erhältlicher Triodenröhren aufgebaut und betrieben.
Bild: Der Feldgleichrichter - Eine weitere Czasch Entwicklung aus 1932 mit den speziellen OSTAR Hochvolt-Gleichrichterröhren
Als Stromversorgung für die anfangs noch sehr viel Energie benötigenden Heizungen der ersten Röhrengenerationen dienten häufig 2, bzw. 4-6 V Bleiakkumulatoren zumeist in Glasbehältern. Oben eingegossen war ein Teerdeckel mit der Öffnung für die Säurekontrolle.
Bild: Symbolbild für einen damals gebrächlichen Heizakkumulator am Beispiel des deutschen VARTA LV2 2V Akkumulator im Glasbehälter
Diese Akkus konnten im Idealfall am heimischen Haushaltsstromnetz mittels Ladegeräten nachgeladen werden, oder aber, es musste eine lokale Ladestation, ein eigener damals vorhandener Geschäftszweig, den es u.a. auch für die KFZ Akkumulatoren gab aufgesucht werden, wo wie neben der Ladung selbst zumeist über Nacht, auch eine Akkupflege, im Sinne des Nachfüllens von destilliertem Wasser oder auch der Batteriesäure erfolgte.
Untergebracht im innerstädtischen Bereich mitunter in Souterrain-Halbkellern mit sprichwörtlich "fließenden Wasser von den Wänden".
Etwas anders ging es mit der Versorgung der Anodenspannung und damit unserem obig gewählten Thema zu.
Zumeist nur wenige mA betrug der Bedarf für die Röhrenschaltungen die je nach Aufbauvariante als reines Audion, als NF Verstärker oder gar schon als vollwertiger mehrfach Geradeausempfänger wie stellvertretend der bekannte SIEMENS "D-Zug" oder gar schon als Superhet, also Überlagerungsempfänger Konstruktion ausgeführt war.
Bild: Symbolbild am Beispiel der deutschen 100V SIEMENS DIN Anodenbatterie mit vielfachen Teilspannungsabgriffen
Hier war der Bedarf an vergleichsweise hohen Spannungen von 45 Volt bis rund 120 V gegeben die in der Regel nicht durch Akkumulatoren sondern mittels intern zusammengesetzten Zink-Kohle Elementen angeboten wurden.
Am bekanntesten dienen uns für Österreich-Deutschland die PERTRIX Anodenbatterien, die es als moderne Nachbildungen und aktueller Batterietechnik oder auch mit nun eingesetzter Netzteiltechnologie auch heute wieder von Sammlerkollegen nachgebaut gibt.
Diese Batterien konnten eben nicht vom Hörer nachgeladen werden und mussten je nach Gebrauchsintensität um doch verhältnismäßig teures Geld stets wieder neu gekauft werden.
Nur der Vollständigkeit halber erwähnt: Noch unspektakulärer, da kaum ein Verbrauch vorhanden war und eher nur die Batteriealterung zählte, war der Bedarf bei den Gitterspannungsbatterien.
Deren Verbrauch bzw. deren Stromabgabe ja kaum messbar dargestellt werden konnte. Dementsprechend lange hielten sie bzw. findet man sie heute noch, natürlich bereits alterungsbedingt durch die chemischen Zersetzungsprozesse innerlich zerstört aber äußerlich mitunter gut erhalten in den alten Radiogeräten vor.
Alternativ wurde die Gitterspannung auch über Abgriffstöpselungen an der Anodenbatterie vorgenommen.
So lag es an den Amateuren, Bastlern wie auch dem Gewerbe und der Radio-, damals noch Schwachstromtechnik-Industrie nahe Lösungen für diese kostenintensiven Batteriebeschaffungen zu suchen und auch anzubieten.
Bild: Werbeschaltung von MINERVA gar zu einem "Kraftwerk" für das Radio aus 1929. Die Preisgestaltung zeigt sich hier von der besseren sprich höheren Ebene.
Und damit entwickelte sich ein eigener Markt an Radio-Zubehörbedarf und frühen Netzteilen, den Netzgeräten die man nur an das heimische falls bereits vorhandene Stromnetz anzuschließen brauchte und wahlweise die Heizspannung, die Gitterspannungen, die Anodenspannungen oder gar ALLE vom Radio benötigten Spannungen daran abgreifen und womöglich auch noch Feineinstellen konnte.
In [8] führt die Radio-Abteilung von Tyrolia u.a. für 1933 nachstehende Erzeugnisse zu Netzanoden aber auch Ladegeräte an:
Zu erkennen sind In- wie auch ausländische Fabrikate für den kleinsten bis hin zum besser gefüllten Geldbeutel.
Mechanisch bestand dies naheliegenderweise aus einem zumeist metallisch geschirmten Kasten an dem einerseits ein Netzstecker per Anschlußkabel verbunden war.
Es gab den Netzschalter. Und an einer Seite lagen Bananenanschlußbuchsen mit den verschiedensten gebotenen Spannungen und zugehörig maximal möglichen Stromstärken vor.
Für bereits mit einem Wechselstromnetz ausgestattete Haushalte bot sich letztlich zwangsweise eine Wechselstromausführung an.
Diese hatten zumeist einen Transformator eingebaut, der auch an die damals geläufigen vielen Spannungsvarianten wie etwa 110 V, 150V, 220 V usw. eingestellt werden konnte.
Es folgte stets eine Gleichrichterröhre die nach Abhängigkeit der Typenwahl den entsprechend benötigten Anodenstrom, damals gewählt nach der Anzahl der daran angeschlossenen "Lampen" = Röhren, liefern konnte.
Als Schlüsselelement nebst dem Trafo aber müssen für die damalige Zeit die Bauart und Qualität der zum Einsatz gelangenden Kondensatoren, auch Elektrolytkondensatoren angeführt werden.
Und so lag es nahe, das Firmen die sich mit Kondensatoren aber auch Transformatoren beschäftigten vorzugsweise dieserlei Gerätschaft offerierten.
Bild: Werbung zu TELUX Super Blockkondensatoren, Ing. Czasch aus 1933 sowie die Produktlinienankündigung [10]
Anders die, heute eher seltener anzutreffenden Ausführungen als Gleichstromnetzanoden. Seltener wohl deshalb, da Wechselstromanoden über die Jahrzehnte eher noch auch für Sammler und Hobbybastler eine praktische Anwendungsmöglichkeit für Sammelgeräte wie auch für "Spielereien" damit boten.
Hingegen kaum einer seit den 1950er/oder 1960er Jahren, Wien hat als Beispiel erst mit dem 21. Mai 1965 (!) einheitlich und letztmalig auf Wechselstrom umgestellt und sein letztes Gleichspannungsnetz außer Betrieb genommen, was nur bis dahin eine praktische aber auch nur experimentelle Verwendungsmöglichkeit für eine Gleichspannungsnetzanode bot. Dannach wurden sie im Prinzip wertlos.
Diese hatten naheliegenderweise eine Widerstandsmatrix aus Zement- und damit müssen wir womöglich rechnen, auch asbesthaltiges (!) Widerstandsmaterial oder zumindest Hitzeschutzelemente um die hohe Netzspannung über die Wärmeabgabe im Gerät "thermisch zu vernichten".
Wie auch bei Wechselspannungsanoden bedürfen auch die Gleichspannungsanoden der Siebkondensatoren, da die Gleichspannung ebenso nicht ohne Störspitzen und Welligkeiten war wie wir dies mitunter fälschlicherweise heute annehmen würden. Mitunter bedurfte es auch einer Drossel.
Der Trafo aber sowie eine Gleichrichterröhre jedoch konnte eingespart werden was diese Art der Ausführung um rund bis zu 1/3 günstiger im Kaufpreis werden ließ.
Nachstehender Zeitungsbericht aus 1932 schildert die einstigen Verhältnisse im Umgang mit diesen wohl nicht immer so "universellen" Netzanoden:
"Nur zu häufig schon ist die Erfahrung gemacht worden, daß eine Netzanode hinterher mancherlei Verdruß gebracht hat.
Soll eine Netzanode den Erwartungen entsprechen, soll vor allem die Wiedergabe des Empfanges befriedigen, dann müssen Empfangsgerät und Netzanode sich genügend angleichen. Nicht jede Netzanode eignet sich in jedem Falle. Die volle Übereinstimmung von Empfangsapparat und Netzanode bleibt von einer ganzen Reihe von Rücksichten abhängig.
Deshalb darf nicht blindlings drauflos gekauft werden. Gerade weil auf so viele Einzelheiten bei der Umstellung des Empfangs auf Netzanodenbetrieb Rücksicht genommen werden muß, tut man auf alle Fälle gut, wenn man von dem Händler selber in der Wohnung die Netzanode anschließen läßt.
Es wird sich dann zeigen müssen, ob die Netzanode auch wirklich den jeweiligen Verhältnissen gerecht wird und einen befriedigenden Empfang gibt. Wer eine Netzanode auf gut Glück kauft und erst hinterher ausprobiert, wird häufig sehr enttäuscht werden."[7]
Gemäß dem Eintrag in der Wiener-Zeitung vom 26. Jänner 1926 dürfte Ing. Czasch schon zuvor einmal mit einer technischen Werkstätte in Insolvenz geraten sein.
So heißt es dort:
"Wien,- 18. Bez., Gentzgasse 144. Erema Erzeugung und Reparaturen elektro- und maschinentechnischer Apparate Gesellschaft m. b. H.
Mit Beschluß der Generalversammlung vom 20. Juni 1925 hat sich die Gesellschaft aufgelöst und ist in Liquidation getreten.
Firmenwortlaut nunmehr: Erema Erzeugung und Reparaturen elektro- und maschinentechnischer Apparate Gesellschaft m. b. H. in Liquidation. Liquidatoren: Die bisherigen Geschäftsführer Erich Czasch und Friedrich Brüch. Vertretungsbefugt: Beide Liquidatoren gemeinsam.
Gelöscht die Geschäftsführer Erich Czasch und Friedrich Brück. C 38, 243."[]
In der Oktoberausgabe 1927 des Radio-Amateur wird jedoch erneut wieder "EREMA" Czasch & Brüch angeführt mit dem Vetrieb von "TELUX" Lichtantenne, Detektoren und Kopfhörer.
Firmierend 1931 als "Werkstätten für Radiotechnik" in der Ziegelofengasse 16 in Wien V und damit etwas außerhalb, wenngleich immer noch sehr nahe der einstigen Wiener "Radiomeile" um die Straßen und Gassen der Wiener Mariahilferstraße in Wien 6 und 7 gelegen.
Der Österreichischer Radio-Amateur aus Oktober 1930 zeigt aus der Messeschau das Lieferprogramm der EREMA - Czasch & Brüch.
"Erema", nun firmierend in Wien XVIII, Salierigasse 24, 1930.
So liegen uns der "Dreiröhren-Schirmgitter-Gleichstrom-Vollnetzempfänger aus der Zeitschrift "Funk-Magazin" auch als Bauanleitung von 1932 von Ing. E. Czasch vor [].
1934 bot E. Czasch TELUX-Super Wickelblockkondensatoren an [13].
Weiters
1935 bot Ing. E. Czasch weitere TELUX Radiobauelemente an [12].
Das Funk-Magazin, Heft 104 aus 1937 wiederum führt die Kurzvorstellung eines österreichischen Patents, Nr 104.963 für eine Sonderbauform einer Detektoranordnung an:
So sucht Ing. E. Czasch & Co., Wien VII, Kandlgasse 23, Schlosser für den Blechgehäusebau... , Mechaniker für elektr. Apparate mit einer 5 Tage Woche gemäß dem Wiener Kurier vom 10. November 1947 sowie einer Announce in der Arbeiter Zeitung vom 25. Februar 1948 [].
Was konkret zu diesem Zeitpunkt noch bzw. wieder gefertigt wurde ist noch zu erforschen.
Der Name bzw. die Bezeichnung "TELUX" selbst lebt als Industrieschalterprogramm von Benedikt & Jäger scheinbar noch für Jahrzehnte bis zur Gegenwart weiter. Ob und wo der Zusammenhang besteht wäre ein eigenes Thema.
Die Modell- oder gar Markenbezeichnung "REX" fand sich naheliegenderweise sehr bald auch auf radiotechnischen Erzeugnissen.
Werbeschaltung: "REX-Radio", amerikanisches Material eingelangt bei Radio Langer, Mährisch Ostrau aus 1925.
Bild: REX Doppeldetektor von Czasch aus dem März 1932 gemäß dem Radio-Amateur
Anfang 1932/33 bot als Hersteller die Fa. Munz aus Salzburg den "Radio Trenn-Rex", also eine Art Sperrkreis als Vorschaltgerät für ein Radio an [15].
Der Wiener Hersteller HORNYPHON wiederum bot mehrerer seiner "REX" Modelle bis in die Nachkriegszeit an.
Hierbei steht REX, gemäß klassischem Latein für "König, Fürst, Herrscher, Regent" also für die besten oder höchstmöglichen Ansprüche genügend.
Gleichzeitig vermag diese Bezeichnung kaum oder wenig originäre Unterscheidungskriterien beinhaltet haben oder etwa Schutzmarkenrechte ermöglicht haben, was eine Abkehr zu anderen mehr produktbezeichnenden Kunstwörtern wie eben u.a. zu "TELUX" führte.
Somit war der originäre "REX-Radio" nur eine kleine und kurze markengebende Fußnote in der österreichischen Radiogeschichte.
ANNO: Österreichischer Radio-Amateur; je in Oktober und November, Dezember 1931, Februar 1932 Werbeschaltung "Rex-Radio"
Prager Tagblatt, 11. April 1925, S.6
Wiener-Zeitung vom 26. Jänner 1926, zu Insolvenz
Anno: Wiener Kurier vom 10. November 1947, zu Arbeitersuche
Anno: Announce in der Arbeiter Zeitung vom 25. Februar 1948, zu Arbeitersuche
Österreichischer Radio-Amateur März 1929, Werbung Minerva Netzanode
Der Abend; 22. April 1932 zu Netzanoden
Tiroler Anzeiger vom 16. Februar 1933; zu Angebote Netzanoden
RADIOBOTE, Jg. 14, Heft 82, Seite 13ff zu Erema - TELUX https://www.radiobote.at/RB/RB_2019_82.pdf
Österreichischer Radio-Amateur, Juli 1933, Werbung zu Kondensatoren
Österreichischer Radio-Amateur, Jänner 1935, Werbung zu Kondensatoren und Widerständen
Österreichischer Radio-Amateur, April 1934, Werbung zu Kondensatoren
Elektrotechnik und Maschinenbau, Heft 10, 1934 zu Czasch Kondensatoren
Österreichischer Radio-Amateur, November 1932 zu OSTAR
Oesterreich-ungarische Maschinenwelt 23. Dezember 1932 zu Rex
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Textzusammenstellung 5/2024; W. Scheida/Wien Medienhistoriker, zu www.scheida.at gehörendLetzte Überarbeitung: 21.05.24