Sowjetisch-russische drahtlose Fernzündvorrichtungen im Zweiten Weltkrieg

Vorwort:

Dieser Artikel entstand bei mir und blieb als Manuskript seit nun 10 Jahren aus den verschiedensten Motiven heraus bisher unveröffentlicht.

Die Situation seit dem Frühjahr 2022, aber auch jüngst erschienene weitere Veröffentlichungen Dritter [10] zu diesem Thema bewogen mich nun zur Veröffentlichung.

Gewidmed dem Gedenken an alle zivilen Kriegsopfer in Verbindung mit der Anwendung der Funktechnik in der Gegenwart wie der Vergangenheit.


Einleitung:

Nachstehender Artikel entstand auf Veranlassung durch den Fachartikel "Russische Fernzündvorrichtungen unwirksam gemacht" erschienen in der Zeitschrift >Funkgeschichte< der GFGF, Gesellschaft der Freunde der Geschichte des Funkwesens, Ausgabe vom 12/2012/1/2013 [1]. 

Als Primärquellen dienen die (weitgehend unveröffentlichten) Aufzeichnungen des Oberst a.D. Kunibert Randewig sowie ergänzt um wiedergegebene Sekundärliteratur frei aus dem russischen übersetzt welche sich zum Teil wiederum auf Deutsche Heeresvorschriften und Ausbildungsunterlagen beruft.

Soweit erkennbar, wurden jedweiige heroische und propagandistische Elemente aus den Textwiedergaben entfernt.


Inhalt: 

  1. Vorwort

  2. Einleitung

  3. Allgemein

  4. Kiew, ein gut dokumentierter Einsatzort

  5. Beteiligte Kräfte 

  6. Die Technik im Detail

  7. Tarnung

  8. Der Empfänger

  9. Der Selektiv-Relaiskasten 

  10. Die Stromversorgung

  11. Der Sender

  12. Einbau

  13. Entschärfung

  14. Systemstörung durch gegnerische Aufklärung

  15. Kompetenzzuordnungen auf Deutscher Seite

  16. Offene Fragen

  17. Quellen und Verweise

  18. Danksagung

  19. Weitere Lesetipps

  20.  


Allgemein:

Der Ostfeldzug des Deutschen Heeres war mit dem Prinzip der "verbrannten Erde" begleitet, unter dem beide Seiten dem Gegner jeweils keine brauchbare Ausrüstung und Unterkünfte überlassen wollten und dem Feind diese durch Zerstörung entzogen. Dieses unter nicht Berücksichtigung ziviler Opfer.

Als eine "Weiterentwicklung" dieser Taktik kann man das zeitverzögerte oder auch zielgesteuerte Zerstören eines Zieles das sich bereits in der Hand des Gegners befindet betrachten, da hier der Gegner mitunter bereits Aufwendungen an Material und Logistik getätigt hat sowie personelle Ausstattungen vornahm die so militärisch betrachtet "effizienter" zerstört werden können.

Für eine reine Zeitverzögerung sind uhrengesteuerte Zündeinrichtungen bekannt deren Auslöszeitpunkt jedoch nicht unbedingt mit obig beschriebener Objektneubelegung durch den Feind zusammenfallen müssen.

Anders ist es wenn eine solche Zündung fernausgelöst über Kabel oder über Funk erfolgt wenn über die Neubesetzung eines Objekts durch den Gegner gesichert ist.

Dieser Artikel beschreibt daher die funkgesteuerte Auslösung von Sprengsätzen wie sie 1941 bei der Deutschen Besetzung von Kiew und anderen sowjetischen Städten wie möglicherweise auch später in Stalingrad zur Anwendung kamen.


 

Anwendungsort:

Als Anwendungsorte sind große Gebäude die ideal als Verwaltungs- oder Unterkunftsorte für den Gegner geeignet sind in Frage gekommen. Zudem Lagereinrichtungen für Treibstoff etc. Aber auch strategische Objekte die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch hochrangige gegnerische Militärs oder Politiker besetzt werden würden.

Dazu gehörte auch Stalins Datscha bei Moskau die ebenso unterminiert wurde, nebst dem Moskauer Hotel National [3].

 

An dieser Stelle sind einige Erläuterungen zu den in dem »Tätigkeits- und Lagebericht« erwähnten Sprengungen notwendig:

 

Sprengminen in Kiew 1941 - Auszug einer Dokumentation []

Am Beispiel Kiews lassen sich die beteiligten Kräfte, der Ablauf und die Wirkung dieser Taktik anhand der Dokumentation zum Thema gut nachvollziehbar machen. 

Je nach Quellenwahl wird, unter Bedachtnahme das offizielle Niederschriften vor 1992 beidseitig vom Kalten Krieg fußend auf den Erfahrungen des Zwieten Weltkrieges mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mitunter schöngefärbt wurden und man genötigt ist zwischen den Zeilen zu lesen.

Es folgt die Wiedergabe aus [], einer neuzeitlichen Zusammenstellung kombiniert mit Zeitzeugenkommentaren.

Ort des Geschehens ist die Khreschatyk Prachtstraße mit relevanten Bauwerken und Einrichtungen. In den 1920er Jahren auch "Broadway" genannt.

So gab es in Kiew die erste Straßenbahn Russlands (Anm. eher der Sowjetunion? bzw. der Ukraine), mit drei vierachsigen belgischen Plattform Pullman Wagen die ein stetiges auf- und absteigen auch während der Fahrt ermöglichten..  

 

 

Bild: Khreschatyk Straße (Boulevard) in Kiew; Falls aus den 1920er Jahren dann passend zur Zeit der NEP (bis 1927) - Neuen ökonomischen Politik Lenins mit wirtschaftlichen Freiheiten die im Straßenbild zu sehen wären. Bildübernahme aus [].

 

Mit dem Einmarsch der Deutschen Armee wurde die Bevölkerung aufgerufen bei zeitgleicher Androhung der Exekution binnen 24 Stunden unter anderem Radioapparate im Gebäude der ... abzuliefern. 

Der Legende nach hatte man im damaliegen Russland kaum Radioempfänger.

Dem steht entgegen, daß selbst fünf Tage nach dem Aufruf noch Schlagen mit "Abgabewilligen" vor der Annahmestelle bei der »Kinder Welt« (Детский мир) anstanden.

Die Geräte gingen in dem nachfolgenden Inferno als weiterer Kollateralsachschaden des Krieges unter.


 

Beteiligte Kräfte: 

Es wird auch klar warum sich um dieses Thema sehr leicht Mythen und Verschleierungen entwickeln konnten.

Seitens der Sowjets waren für die Verminung offenbar nicht die regulären Truppen, sondern stets Sonderabteilungen, deren Soldaten wie es heißt gar fünf Mal (!) Geheimhaltung versprechen mussten eingesetzt.

Zudem kommt, dass die Sowjetunion wie auch andere ehemalige Ostblockstaaten selbst nach dem Krieg sich dem Kampf gegen den Faschismus, wie der Deutsche Nationalismus dort genannt wurde, zu verschreiben und so auf ein externes Feindbild angewiesen waren (und sind?). 

Da passt es kaum ins Konzept wenn man die hohe Zahl der zivilen Opfer am Beispiel Kiew´s nicht nur dem Gegner, sondern auch der eigenen Zerstörungspolitik in gegenseitig "erfolgreich" aufschaukelnder Weise zuzuschreiben hat worüber naturgemäß erst jetzt nach dem Niedergang des Sowjetkommunismus Einblicke und Zeitzeugenberichte möglich wurden.

Stichwort: Die Mine in der Kiew'er Prachtstraße Kreschtschatik mit dem Hotel Continental die nach dem deutschen Einmarsch im September 1941 gezündet wurde und als Folge der Zerstörungen 25.000 Kiewer ihre Wohnung (Anmerkung: Sicher viele auch ihr Leben) sowie hunderte deutsche Soldaten ihr Leben verloren. Als "Nebenprodukt" erfolgte ein Massaker an der jüdischen Bevölkerung [3]. 

»Am 24. [September 1941] zerstörte eine gewaltige Explosion das Hotel Continental, in dem sich das Etappenkommando der Sechsten Armee befand. Feuer verbreitete sich schnell, und Blobel, der am 21. angekommen war, mußte sein Büro räumen. 25.000 Menschen verloren ihr Obdach und Hunderte deutsche Soldaten wurden, hauptsächlich bei Versuchen, die Flammen zu löschen, getötet.«[5/27]

»Als in der Woche nach dem Einmarsch [in Kiew] mehrere Sprengstoffexplosionen beträchtliche Personen- und Sachschäden anrichteten, benutzte man dies sofort als willkommenen Vorwand für "entsprechende Vergeltungsmaßregeln" [...]«[5/26]

Oder die vorzeitige Sprengung der als Hauptquartier für das Oberkommando der 6. Armee auserkorene Schule in Walki bei Charkow.

Der einst 17 jährige Alexander Bogomolow schildert seinen Einsatz im Oktober 1941 als es so aussah als ob die deutsche Wehrmacht bald in Moskau einmarschieren würde als Angehöriger der selbständigen motorisierten Schützenbrigade zur besonderen Verwendung (OMSBON) die zur Objektpräparierung abgestellt war. Als oberster Aufseher der OMSBON arbeitete Pawel Sudoplatow [3].

Selbiges ist neben Moskau u.a. auch in Leningrad, Kiew und Stalingrad vorgenommen worden, wobei nicht alle Sprengungen ferngezündet sondern in herkömmlicher Weise durch den Sprengmeister ausgelöst worden sind. 

Die mögliche hinzukommende Aktivitäten von Partisanen wird ebenso erwähnt. 

Doch nicht alle Minen zündeten, sondern blieben mitunter noch lange in den Gebäuden. Der Rest wurde gegen Kriegsende wieder entmint, wie der Regierungssitz in Minsk, ein Theater, eine Hochschule und ein Gefängnis in Charkow, auch den Liwadija- Palast auf der Krim, weil dort die Jalta-Konferenz mit Roosevelt und Churchill stattfinden sollte, und auch - laut Bogomolow - die Datscha Stalins ebendort [3].

Das Ausmaß der Sprengwirkung lässt sich nachvollziehen wenn etwa für das Moskauer Hotel National eine rund 4 x 4 x 3 m große Grube gefüllt mit vier Tonnen TNT Sprengstoff angelegt wurde [3]. 

Die per fernzündung gezündeten Großminen werden jedoch auf 1.000 kg bestätigt und waren aus 25kg schweren Holzkisten (gefüllt mit kleinen Sprengstoffbeuteln) in den Fundamenten übereinander geschichtet und untereinander mehrfach mit Zugzündern gegen den Ausbau gesichert [4].

Zu den Sprengmienen äußerte sich Generaloberst Alfred Jodl in Nürnberg vor dem IMT (4. Juni 1946):[5/28]

»Nun war kurz vorher Kiew von den russischen Armeen aufgegeben worden und wir hatten kaum die Stadt besetzt, da ereignete sich eine große Sprengung nach der anderen. Der größte Teil der Innenstadt ist abgebrannt. 50 000 Menschen wurden obdachlos. Wir hatten erhebliche Verluste dabei, denn bei diesem Brand flogen weitere riesige Sprengkammern in die Luft. Der örtliche Kommandant von Kiew dachte zunächst an Sabotage durch die Bevölkerung, bis wir eine Sprengkarte erbeuteten. Diese Sprengkarte enthielt etwa 50 oder 60 Objekte von Kiew, die zur Sprengung langfristig vorbereitet waren und die, wie die Untersuchungen durch Pioniere sofort ergaben, auch richtig war. Es waren mindestens noch 40 solcher Objekte sprengfertig vorhanden, und größtenteils sollte die Sprengung durch Fernzündung von außen her mittels Funkwellen ausgelöst werden.«


Aufbau: 

 

Die Anlage bestand so aus einem Funkempfänger, der Stromversorgung (Batterie/Akku), der Antenne, der Zündeinrichtungen und einer mehr oder weniger großen Menge an Sprengmittel.

Die Auslösung erfolgte durch (Rund-)Funksender die bei starker Leistung aus großer Entfernung oder mit schwacher Sendeleistung aus kürzerer Distanz abstrahlten.

Die gewählte Funkfrequenz lag im niederen Langwellenbereich (bis 400 kHz) sowie im unteren Mittelwellenbereich (bis 1.000 kHz). Vereinzelt ist auch vom Kurzwellenbereich (~ab 1.800 - 30.000 kHz) die Rede [1]. 

»In letzter Zeit hatten sich wiederholt Sprengungen im besetzten Sowjet-Gebiet ereignet, die von Partisanen durchgeführt oder von abziehenden Sowjettruppen so vorbereitet wurden, dass sie erst nach Tagen oder Wochen zur Auslösung gelangten. Gefangene Partisanen sagten uns, sie seien gründlich auf dem Gebiet der Sprengungen unterrichtet worden, bevor sie eingesetzt wurden. Besonders gefährlich waren die von abziehenden Truppen vorbereiteten Sprengungen mit Zeitzünder, auf chemischen Wege oder durch Fernzündung (mittels Kurzwellensenders), Der Gegner suchte auch auf diesem Wege, den deutschen Vormarsch mit allen erdenklichen Mitteln zu erschweren, was immer wieder Gegenmaßnahmen herausforderte. So war u. a. in Staraja-Russa ein Kasernenteil hochgeflogen, in dem Truppen schon seit drei Wochen einquartiert waren. Es gab dort viele Tote und Verwundete. Große Mengen von Sprengstoff wurden vergraben oder in Öfen, Maschinenräume, Getreidesilos usw. versteckt und durch Zeitzünder zur Explosion gebracht. Derartige Vorkommnisse wurden aus Mogilew, Kiew und anderen Orten berichtet. Vor der Benutzung öffentlicher Gebäude wurde daher gewarnt.«[6].

Die Wahl niederer Frequenzen würde für eine bessere Durchdringung der Wellen im urban verbauten Gelände stehen um damit auch unterirdisch gelegene Empfangseinrichtungen erreichen zu können. (Vergleiche mit der U-Boot Kommunikation [Längstwellen] sowie Funk-Kommunikationseinrichtungen in Bergwerken.

Tarnung: 

Damit die Sprengeinrichtung nicht vorzeitig vom Feind entdeckt und entschärft werden konnte wurde diese versteckt angebracht. Zudem hinsichtlich der größtmöglichen Wirkung z.B. in Tiefkellern angebracht um direkt die Fundamente zerstören zu können.


 

Die Technik im Detail:

Der Empfänger: 

Gemäß den unterschiedlichen Quellenangaben dürften verschiedene Typen zum Einsatz gekommen sein.

Radewig beschreibt einen batteriebetriebenen Vierröhren Langwellen-Mittelwellen Geradeausempfänger wie sie bereits 1932 in Russland verwendet wurden.

Hinzu kam eine zweistufige NF Verstärkung, wobei diese aufgrund der unklaren Schilderung auch bereits Bestandteil des vier Röhren Empfängers gewesen sein könnte.

 

 

Bild: Prinzipschaltungsteilauszug nach Randewig 1955; Nach Auffassung des Autors kann jedoch die Relaisspule der Zündeinrichtung nicht in dieser Form verschaltet gewesen sein da bei Anlegen der Heizspannung sofort eine Zündung ausgelöst worden wäre und damit das Konzept obsolet gemacht hätte.

Wahrscheinlicher ist, dass es dieses Relais in der Sprengladung so gar nicht gab und lediglich ein relaisartiger Kontakt zur Sofortauslösung bei Fremdmanipulation (Entschärfung) vorhanden war der mit einer weiteren integrierten Batterie gespeist wurde.   

 

Der Militärempfänger PD-4 (ПД-4) aus der Zwischenkriegszeit, aus den Leningrader Kozitsky Werken würde mit vier Batterieröhren inklusive dem NF Teil ein UNBESTÄTIGTES Beispiel eines solchen Empfängers abgeben.

Dem gegenüber steht ein eindeutig für militärische Anwendungen konzipiertes Gerät,

der F-10 Empfänger, ein Achtröhren Gerät, die am Foto auch so nachgezählt werden können.

 

 

Bild: Der Achtröhrenempfänger F-10 (мины Ф-10)


 

Der Selektiv-Relaiskasten:

Gemeinsam haben sie gemäß der Beschreibung die benötigte Stromversorgung, sowie einen auswechselbaren Einschub (nach Randewig "Relaiskästchen") mit zehnpoliger Messerkontaktleiste.

Im Bild des F-10 Empfängers wäre es eine achtpolige Kontaktleiste.

Dieser Einschub darf als Herzstück des Systems gesehen werden und stellt eine Art Selektivruf Einrichtung dar.

Zudem ist die angewandte Technik zivil später auch für frühe ferngesteuerte Modellfahrzeuge wie etwa Flugzeuge bekannt geworden. Selektivrufe gab es zudem in BOS- (Behörden-), Betriebs- und CB Funkanlagen.

Der HF Empfänger gibt die auf seiner eingestellten Frequenz empfangenen Signale (Töne/Niederfrequenzen/Impulse) an ein Filter das als Ton-Selektion fungiert weiter. Hier werden fest abgestimmt nur bestimmte Frequenzen wie z.B. 1000 Hz möglichst schmalbandig durchgelassen.

Nach erneuter Verstärkung gelangt die NF an ein als Stimmgabelgenerator gleichendes Relais: Der Relaisanker wird von der an der Ankerspule anliegenden Frequenz in mechanische Schwingungen versetzt sofern die anliegende Tonfrequenz der Eigenfrequenz (Resonanz) der Ankerzunge entsprachen.

Erregte man den Anker mit seiner Eigenfrequenz dann erhöhen sich nach einiger Zeit die Schwingungsausschläge der Relaiszunge so weit das ein elektrischer Kontakt, und damit ein Festhaltestromkreis und in weitere Folge der elektrische Zündkreis geschlossen wurde und damit die Zündauslösung erfolgte [1].

Somit war dieses Einschubkästchen zugleich der individuelle einzeln zu adressierbare Schlüssel zur Minenauslösung (Sprengfallenauslösung).  


 

Die Stromversorgung: 

Als Stromversorgung dient wie bei Batterieröhrengeräten jener Zeit üblich eine Heizbatterie sowie eine Anodenbatterie. Der Zerhackerbetrieb oder ein Maschinenumformer kamen hier nicht zum Einsatz, was neben der Verfügbarkeit vordergründig eine Frage der Geräuschentwicklung war und auf die geforderte Betriebsverlässlichkeit zurückzuführen ist.

Um eine möglichst lang anhaltende Empfangsbereitschaft nach dem Rückzug aufgrund der Geländeüberlassung an den Gegner zu ermöglichen gab es zudem zwei wirkungsvolle Maßnahmen:

Zum Einen war die Kapazität der 4 Volt Heizsammler (Akku) mit genannt 100 Ah deutlich größer als dies etwa übliche Wehrmachtssammler wie der 2B38 des Gegners besaß.

Mit eben nur 38 Ah bei nur 2 V Spannung war damit deren Lebensdauer, respektive ausnützbare Einsatzzeit (für normale Funkanwendungen im Krieg) deulich kürzer.

Die nicht näher beschriebene Anodenbatterie wird mit 120 V angegeben [1]. 

Andere Quellen nennen eine 80 Volt Anodenbatterie [].

Zum Anderen verlängerte man die Einsatzbereitschaft dadurch, das mittels einer Uhrwerksteuerung die Apparatur nur zu bestimmten wiederkehrenden Zeiten, und dies nur für kurze Phasen eingeschaltet wurde.

Als Zeitschaltphasen sind nach [4] überliefert: Für mindestens drei Monate Empfangsbereitschaft, schaltete die elektrische Uhr den Funkempfänger alle drei Minuten für ca. acht Sekunden auf Empfang.

Dem ist zu entgegnen das bei einem Empfangserfordernis mitsamt interner Auswertung von nur 8 Sekunden eine effektive Störung ohnehin kaum möglich gewesen sein kann.  


 

Der Sender:

Nachdem Agenten der roten Armee (NKWD etc.) mit zum Beispiel Geheimsendern im bereits okkupierten Gebiet [] die Belegung des betreffenden Gebäudes durch Stäbe oder Dienststellen des Gegners gemeldet hatten kam es zur Funkzündung.

Dennoch wird berichtet, dass häufig bereits vorzeitig die Funkzündung erfolgte noch bevor Dienststellen den Bezug und damit ein "effizienteres" Ziel im millitärischem Sinne abgegeben hätten.

Ob dies auf die Angst vor vorzeitiger Entdeckung und Entschärfung der Minen oder aber auf Kommunikationsschwierigkeiten in der Agentenmeldung zurückzuführen ist bleibt im Dunkeln.

Zur Auslösung des Funkminen bedurfte es eines ausgestrahlten Signals, das Hochfrequenzmäßig sowohl den exakten Eingangsfrequenzbereich des Empfängers bediente, als auch leistungsmäßig imstande war den Empfänger signalmäßig sicher zu erreichen.

Dieses HF Signal wurde dann mit einer NF (Niederfrequenz) moduliert die wiederum auf die Filterfrequenz und der Resonanzfrequenz des Stimmgabel-Zungenrelais abgestimmt war.

Als Sender selbst kommen sowohl mobile wie auch stationäre Sender in Frage.

Mobile in Form des sowjetischen 50 Watt Funkgerätes A4, eventuell eingebaut in Kofferkraftwagen und möglichst in der Nähe der Mine (Sprengladung) platziert.

Am anderen Ende der Bandbreite haben wir z.B. Langwellenrundfunksender die bis zu 400 km entfernt sein konnten, und mit entsprechend hoher Sendeleistung die nunmehr besetzten Gebiete funktechnisch erreichen konnten.  


Einbau: 

Gemäß den Fotos sind zwei Transporteinheiten direkt dem Funkempfänger samt Relaismoduls sowie der Batterieversorgung zuzuordnen.

Gelagert wurden diese in einem Gummisack der in den Kellerräumen so vor Feuchtigkeit, zumindest jedoch vor unmittelbaren Wassereintritt schützte.

Die Ladungen selbst waren mit unsichtbaren verlegten Drähten mit dem Empfängerzündgerät verbunden.


Antenne: 

Die Antenne bestand aus einer 20-30 m Langdrahtantenne die im Straßenbelag vergraben, bzw. im Gebäude unter Putz und Fließen an den Empfänger herangeführt wurde. Dies erklärt auch die Verwendung von eher langen denn kurzen Wellen. 


Entschärfung:

Auf die sprengtechnisch-militärische Entschärfung durch die Pioniere wird hier nicht näher eingegangen. Das diese Minen vor Zugriffen entsprechend durch Tarnung aber auch verbundener Zwangsauslösung geschützt waren versteht sich der Situation des Krieges resultierend von selbst.

Auf sowjetischer Seite wird zudem von "Schlamperei" bei der Entschärfung gesprochen die selbstredend menschliche Opfer nebst Objektverlustes mit sich brachten.


 

Systemstörung durch gegnerische Aufklärung:

Kompetenzzuordnungen:

Den schriftlich überlieferten Quellen nach waren folgende Stellen zuerst einmal mit der Erfassung des Funksignals betraut die >Randewig< als "Russische Sonderfunkverkehre" bezeichnet [1].

So kam die Information erst einmal vom Nachrichtenführer der Nachrichten- (Fern-) Aufklärungskompanie der Heeresgruppe Süd im Sommer 1941, und damit an den Oberst Kunibert Randewig, dem Nachrichtenaufklärungs-Kommandeur der Heeresgruppe (Süd?).

Wohl noch kurz zuvor muß "das Fußvolk" in der Praxis mit dem Thema in Form von plötzlich explodierenden Objekten konfrontiert worden sein weshalb sich die Pioniertruppe 1941 mit der Suche und Entschärfung dieser sowjetischen Sprengfallen auseinandersetzen musste.

Dazu wurde 1941 eine Pionier-Horchkompanie beim Pionierlehrbataillon in Höxter/Weser aufgestellt. Auftrag waren die Ortung der russischen Ladungen und deren Ausbau. Seitens der deutschen Truppen vermutete man noch das die Gerätschaft aus Amerika käme (Stichwort: Lend and Lease Verträge).

Die Kompanie bestand aus drei Zügen (je 1 Offz., 4 Uffz., 40 Mann), diese jeweils aus vier Horchtrupps. Der 1. Zug unterstand der Heeresgruppe Nord und sollte u.a. Leningrad entminen, der 2. Zug der Heeresgruppe Süd mit Einsätzen in Rostow, Sewastopol und Krasnodar, der 3. Zug war zuletzt in Stalingrad im Einsatz.

Fand sich die Antenne einer Funkmine, dann wurde sie Stück für Stück gekürzt um so den Empfang des Zündsignals zu schwächen. Hinweise auf die Antenne kamen auch von der verängstigten Zivilbevölkerung, der die Bautätigkeit nicht verborgen geblieben war [4]. 

Inwieweit die Bezeichnung >Horchtrupp< hier auf Fernmeldebelange zurückzuführen ist zeigt der praktische Umgang mit der prekären Technik vor Ort: 

Um die leise elektrische Schaltuhr zu orten, verwendeten die deutschen Pioniere auch eine »Horchgranate«, einen ca. 40-50cm langen Metallzylinder mit eingebautem Mikrofon. Das Horchgerät wurde etwa 50cm tief im Erdboden vergraben, dann versuchte man mit Verstärker und Kopfhörer das Uhrengeräusch zu empfangen, was aber nur in allernächster Nähe gelang. Die Arbeiten zur Entschärfung bedeutete Lebensgefahr, solange die Stecker nicht aus der Batterie im Gurnmisack entfernt waren.

Einer der letzten Zeitzeugen, Unteroffizier Friedrich Rudolph (offenbar wesentliche Originalquelle von Horst Riebenstahl und Besitzer der veröffentlichten Fotos), war Truppführer im 2. Zug der Pionierhorchkompanie.

Er wurde beim Rückzug aus dem Kubanbrückenkopf mit einer Ju 52 ausgeflogen, um diese kleine Spezialtruppe zu retten. Er wurde dann nochmals beim XXXVI. GebAK in Lappland eingesetzt [4].

 

Der andere Weg war es, die HF Sendefrequenz wie auch die NF Resonanzfrequnz zu eruieren, und mit ebenso auf gleicher Frequenz ausgestrahlter HF mit Störsendern eine Stör NF, sei es Schallplattenmusik oder gezielte Tonfrequenzgeneratorzuspielungen den Empfänger Eingangsseitig zu blockieren. 

Letztere Möglichkeit ist laut Randewig nicht zum Einsatz an der Front gekommen. 

Die nach dem "Kriegsglück" 1941 bekannte vorzugsweise vollzogene Marschrichtung in die Gefangenschaft oder "Heim ins Reich" taten ein übriges diesem Thema womöglich keine tiefere Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht auch deshalb, da der im Hinterland befindliche Abwehrsoldat von dem Geschehen an der Front bezogen auf diese Sprengvorfälle kaum eine visuelle Rückmeldung bekommen hat wie dies heute "Interaktiv" der Fall ist.    


Offene Fragen:

 


Quellen und Verweise:

  1. GFGF Funkgeschichte Ausgabe vom 12/2012 - 1/2013, S. 192 ff mit der Wiedergabe von Aufzeichnungen des Nachlasses von Oberst a.D. Kunibert Randewig tätig im Krieg als Nachrichtenaufklärungs-Kommandeur der Heeresgruppe (Süd?).

  2. Email Verkehr, veranlasst durch den GFGF Artikel mit dem Autor Herrn Rudolf Grabau .

  3. Der Spiegel vom 20.9.1999, "Bomben unter Stalins Datscha"

  4. Artikelauszug: Einsatz einer Pionier-Horchkompanie im II. Weltkrieg; Aufbereitet für die F-Flagge von Oberst a.D. Rudolf Grabau nach einer von Horst Riebenstahl (†) veröffentlichten Bild-Chronik der Pioniere.

  5. Artikelauszüge aus "Partisanenkrieg und Repressaltötungen"; Versuch einer Einordnung deutscher Repressalien während des Feldzuges gegen die UdSSR. Von Dipl.-Chem. Germar Rudolf und Sibylle Schröder

  6. 5/26. H. Krausnick, H.-H. Wilhelm, aaO. (Anm. 17), S. 189.

  7. 5/27. Gerald Reitlinger, Die Endlösung. Hitlers Versuch der Ausrottung der Juden Europas 1939-1945, Colloquium Verlag, Berlin 41961, S. 262.

  8. 5/28. IMT, XV, S: 362; Bd. XV, S. 363: »Es waren ganze Stäbe in Kiew [...] in die Luft geflogen.«

  9.  http://home.hccnet.nl/e.kooistra/fortzetzung13.html; Auszug aus 13. Fortsetzung der Geschichte des 11. (Sächs.) Infanterie-Regiments

  10. https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article242086193/Sowjetisch-russische-Taktik-Schon-die-Rote-Armee-verminte-Staedte.html

 

Indirekt wiedergegeben aus:

  1. Randewig, K.: Erfahrungen im Funk-Stör- und Entstör-Dienst im Bereich des Heeres, (unveröffentlichter Nachlass Randewig) 

  2. Randewig, K.: Sowjetische Funk-Fernzündungen, (unveröffentlichter Nachlass Randewig)

  3. Randewig, K.: Erfahrungen bei der Beobachtung der feindlichen Funkdienste der Russen, ... : Die deutsche Funkaufklärung gegen Russland von der Heeresgruppe Süd vom Juni 1941 bis November 1942, (Kleinauflage im Fernmeldering Bonn 1999)

  4.  

 


 

Das Grundprinzip besteht aus 

Die Deutsche Abwehr - Störverfahren.

Dokumentierter Ort:

 

Wenn die Technik aus Riga stammte dann käme auch hier das VEF Werk in Frage das bis etwa Juli 1941 dem Einmarsch der Deutschen für die UdSSR fertigte. Ein Biotop für Nachforschungen?

Zum Schema der Anlage: Das Zündrelais der Spren*gladung kann nicht dauerhaft an +B angelegt gewesen sein.

 

Als möglicher 4 Röhren Batterie Radioempfänger stehen diese Typen zur möglichen Disposition:

http://www.radiomuseum.org/r/unknown_prt_4.html

 

http://www.radiomuseum.org/r/lenin_kozi_pd_4_4.html

 

 

 

Webartikel mit diesem Thema:

 

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14799631.html

 

Detailschilderung der Umstände:

 

Thema zivile Opfer, Radio Abgaben?, http://zalizyaka.livejournal.com/56786.html 

 

О том, что дома в оккупированном Киеве взрывали по радио специалисты из инженерного управления РККА, что сигналы на взрыв направлялись из-под Воронежа с Семилукской радиостанции, что взрывались радиоуправляемые объектные мины Ф-10, официальных публикаций нет.

 

Wie ich (aus dem GFGF Text heraus) vermutete waren es eher Rundfunksender bzw. Weitverkehrssender die zur Auslösung beitrugen. Die Rede ist von 400 km.

 

http://spilka.uaweb.org/library/kreschatik.html


Danksagung:

An das GFGF Mitglied Herrn R. Grabau für seine Unterstützung und der Sicherung bisher unveröffentlichter Aufzeichnungen.

 


Lesetipps:

  1. Wie es nach dem Krieg weiterging: Notradios aus Wien

 

  • © 1/2013 Wolfgang Scheida / Wien,  Überarbeitet 11/2022

     

     zu www.scheida.at/scheida/televisionen.htm gehörend

    Letzte Überarbeitung: 13.11.22