War damit ein Erfolg garantiert?
Bild: Schon sehr viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte, fand sich in meiner losen Sammlung an Radiozubehör dieser in braunem Bakelit gehaltene Zwischenstecker ein. Seine Funktion(en) im Detail offenbaren sich mir erst jetzt!
Vielleicht hätte ich ihn ob der unklaren Funktionalität bzw. seines fraglichen Nutzens auch wieder einmal abgestoßen, wäre da nicht das Zauberwort >Radio< draufgestanden, das ihn eindeutig zu unserer Interessensphäre verwies.
Bisher dachte ich stets, dass es eine der damals gebräuchlichen Lichtantennen Zwischenstecker waren, also letztlich nichts anderes, als ein Kondensator, der kapazitiv das empfangene HF Radio Signal von den damals gebräuchlichen frei gespannten Überlandleitungen an der im Wohnhaus angebrachten Stromsteckdose dem Radio zur Verfügung stellte.
Letzteres zumeist über eine Klemme, einer Rändelschraube oder den üblichen 4mm Bananenstecker Buchsen.
Erst jetzt, gegen Ende 2023 lerne ich anhand eines auf einer Angebotsplattform offerierten Konvoluts an alten leeren Kartonschachteln das "wahre Wesen" dieses Zubehör Steckers kennen.
War sein Zweck doch offensichtlich nicht primär eine Funktion als Lichtantenne, sondern als Überspannungsschutz, um die empfindlichen Heizfäden der frühen Radioröhren der ersten Generationen zu schützen.
Gemäß der Textangaben am Gerät, wie auch dem Karton, soll es gar Patentanmeldungen für dieses Produkt geben.
Nach heutigem Sprachgebrauch kann es dabei aber bestenfalls einen Gebrauchsmusterschutz auf das Design gegeben haben. Aber das bleibt vorerst eine reine Mutmaßung.
Leider schweigt sich der Text auf der Schachtel, es ist darauf das Zubehörteil samt drei Stück augenscheinlich “zufriedener” skizzierter zudem im Fachdialog untereinander stehenden Radioröhren abgebildet, über den eigentlichen Hersteller aus.
Lediglich das “Made in Austria” verweist ihn klar auf seine österreichische Herkunft.
Das österreichische Online Nachschlagewerk “Anno” liefert uns zum Stichwort “Radio-Garant” nur zwei Zeitungen mit insgesamt 20 Inserate.
In der >Linzer Tages Post< und dem >Tagblatt< wurde er zwischen dem 27. Juli und 31. August 1935 für den Preis von öS 14,- Schilling beworben.
Bild: Werbeschaltung in der >Linzer Tages-Post< vom Sa, 31. August 1935; Quelle: Anno
Die Inserate sind leider jeweils ohne einer Abbildung des Geräts.
Bild: Konkurrenz belebt das Geschäft - Auf der gleichen Zeitungsseite im Tagblatt (Linz) vom Mi, 28. August 1935 findet sich die Werbung für ebenso einem Radio-Überspannungsschutz für gar nur den halben Preis mit öS 7,- Schilling! Das technische Prinzip muß das gleiche gewesen sein wie die Bezugnahme auf ein Lämpchen belegt.
Es wird aber der Vertrieb in Form der >Oberösterreichischen Elektrobau AG<, einem breit aufgestellten Unternehmen, nicht zwangsläufig der einzige Anbieter gewesen sein müssen.
Das Unternehmen wird vielfach auch in Zusammenhang mit dem damals noch recht jungen Radio genannt und war wohl eine (über-)regionale Größe.
Als Vertriebsregion scheint bisher lediglich der Alleinverkauf für Oberösterreich mittels dieses Inserates auf. Weitere Quellen sind bis dato noch nicht greifbar.
Der 28. November 1920 gilt als die Gründungs-Generalversammlung der Oberösterreichischen Elektrobau-AG.
Gemäß der EBG Website (Stand 2023-11) heißt es: “Die Oberösterreichische Elektro-Baugesellschaft m.b.H übernimmt den gesamten Baubetrieb der beiden Gründungsgesellschaften Tramway-Elektrizitätsgesellschaft Linz-Urfahr und Elektrizitätswerke Steyr. Sie beginnt mit der Fertigung von elektrischen Zentralen, Überlandleitungen, Transformatorenstationen und der Installation von Ortsnetzen und elektrischen Licht- und Kraftanlagen jeglicher Art.
Daraus entstand zwei Jahre später die Elektro Bau Aktiengesellschaft, kurz EBG, und ist somit Ursprung des heutigen Markennamens EBG….”
Bild: Messestand einer lokalen Ausstellung mit dem Hinweis auch auf deren Radio Engagement; Quelle: Firmenarchiv/www.meinbezirk.at
Der Vorteil dieser fachlichen Breitbandigkeit war, dass die seinerzeit häufigen elektrotechnisch bedingten Radio Empfangsstörungen, Stichwort: Funkenflug bei Elektromotoren, so auch gleich “vom Schmied” hinsichtlich ihrer technischen Hintergründe und Ursachen verstanden und umgehend auch selbst behoben werden konnten.
Siehe dazu den Beitrag des Autors “Radiodays - "Wo alle hören, darf keiner stören" - Der gestörte Radioempfang und der Radio-Störschutz - Die Rundfunkentstörung”
Der Autor selbst war, so nebenbei erwähnt, als Elektromonteur ebenso bei deren Wiener Niederlassung, damals unter EBG Linz firmierend, temporär im Kraftwerksbau und Elektro-Installationen bei Groß-Gewerbekunden beschäftigt.
Es befindet sich natürlich keine echte Spannungsregelschaltung in dem eher leichtgewichtigen Zwischenstück.
Wir finden lediglich einen Doppelkondensator vor, der innen mittig abgegriffen an eine wohl Anschlußrändelschraube führt.
Nach meinem Verständnis kann daran der Antenneneingang eines Radios geschalten werden.
Denkbar aber auch, das man hier einen Draht anschloß, der wiederum mit dem nächstgelegenen Wasser- oder Gasrohr eine Erdung dargestellt hat.
Überspannungen, wie sie einst im (zudem ländlichen) Stromnetz häufig vorkamen, werden über ein Lämpchen in E10 Fassung geleitet, das "zur Vernichtung" dieser Spannungsanteile führt.
Es gab seinerzeit in Österreich, aber auch Deutschland unterschiedliche Netzspannungen, diese aufgeteilt in Gleichspannungsnetze und den uns bekannten Wechselspannungsnetzen.
Die tatsächliche Schutzwirkung im Fall des Falles, war durch das hellere Aufleuchten des Schutzlämpchens (Übernahme des Überspannungsanteils) bis hin zu seinem als Sicherungsfunktion gedachten Durchbrennens gegeben.
Bilder: Ein Blick in sein einfach gehaltenes inneres: Ein E10 Lämpchen - den Wert siehe als Orientierung die HELIOGEN Typentabelle unten im Text und ein schwarzer rund 25nF Doppelkondensator bilden die "Technik".
Der Verkauf von Radiozubehör war in den Anfangsjahren sicher ein ertragreiches Geschäft mit dem der eine oder andere Zusatzschilling oder Mark an Umsatz generiert werden konnte.
So finden sich diese Art Teile gleich seitenweise z.B. im Katalog 1937-38 von der Firma Ritscher abrufbar bei der GFGF Website.
Die im Osten Deutschlands gelegene Firma "HELIOGEN" in Bad-Plankenburg war einer dieser Hersteller.
Bild: Briefpapier der Heliogen Werke um 1936
So führt der obige Katalog auch einen Artikel für den Überspannungsschutz aus.
Und hier finden wir letztlich womöglich schon alles, was der HELIOGEN Zwischenstecker schon mindestens ein Jahr früher als "unser" Made in Austria und zum Patent angemeldete "Radio-GARANT" Überspannungsschutz konnte.
Zur Anmeldung vorlegen kann man ein Patent ja leicht. Es dann auch zugeteilt zu bekommen ist eine andere Sache die wir hier aber nicht weiter vertiefen möchten.
Bild: Werbetext zum Heliogen-Überspannungsschutz um 1936
Dem damaligen Sprachgebrauch entsprechend ist gleich etwas deftig von der "Vernichtung der Überspannung" die Rede.
Bild: HELIOGEN Typenauflistung der je nach Netzspannung und Geräteleistungsaufnahme erforderlichen "Sicherungslampe".
Leider werden nur die (Heliogen) Ersatzlampentypen und nicht deren elek. Werte angegeben. So heißt es allgemein nur, die Lampe soll hellgelb "brennen". Es werden 12-15V "vernichtet". So bliebe uns nur der empirische Versuch die richtige Type zu ermitteln, Oder es taucht noch eine Typen/Werte Skala wo auf.
Abgrenzung: Reine Antennenüberspannungsschutzeinrichtungen sind hier NICHT angeführt!
Eigenes Gerät "Radio-Garant"
Diverse Einträge auf ANNO; Linzer Tages-Post 1935, Illustrierte Technik für Jedermann 1932, Heft 33
GFGF, Gescannte Radiokataloge 1930er Jahre
HELIOGEN Werbematerial/Prospekte
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